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Der Weg ins Freie
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9Kapitel Der alte Doktor Stauber und sein Sohn saßen beim schwarzen Kaffee. Der Alte hielt ein Zeitungsblatt in der Hand und schien darin etwas zu suchen. »Der Termin für den Prozeß«, sagte er, »ist noch nicht festgesetzt.« »So«, erwiderte Berthold, »Leo Golowski glaubt, daß er Mitte November, also in etwa drei Wochen stattfinden wird. Therese hat ihren Bruder nämlich vor ein paar Tagen in der Haft besucht. Er soll vollkommen ruhig sein, geradezu gut aufgelegt.« »Nun wer weiß, vielleicht wird er freigesprochen«, sagte der Alte. »Das ist recht unwahrscheinlich, Vater. Er muß eher froh sein, daß er nicht wegen gemeinen Mords unter Anklage gestellt worden ist. Der Versuch dazu ist ja für alle Fälle gemacht worden.« »Das kann man doch keinen ernsthaften Versuch nennen, Berthold. Du siehst, daß sich die Staatsanwaltschaft um die alberne Verleumdung, auf die du anspielst, gar nicht gekümmert hat.« »Wenn sie es aber als Verleumdung erkannt hat«, entgegnete Berthold scharf, »so wäre sie verpflichtet gewesen, die Verleumder vor Gericht zu stellen. Im übrigen leben wir bekanntlich in einem Staat, wo ein Jude nicht davor sicher ist, wegen Ritualmords zum Tode verurteilt zu werden; warum sollten also die Behörden vor der offiziösen Annahme zurückscheuen, daß Juden sich bei Pistolenduellen gegen Christen – vielleicht aus religiösen Gründen – einen verbrecherischen Vorteil zu sichern wissen? Daß es der Behörde an dem guten Willen nicht gefehlt hat, auch diesmal der herrschenden Partei einen Dienst zu erweisen, das ist am besten daraus zu ersehen, daß die Untersuchungshaft nicht aufgehoben wurde, trotz der angebotenen hohen Kaution.« »Die Geschichte mit der Kaution glaub ich nicht«, sagte der alte Doktor. »Woher sollte Leo Golowski fünfzigtausend Gulden nehmen?« »Es waren nicht fünfzig- sondern hunderttausend, und Leo Golowski weiß bis heute überhaupt nichts davon. Im Vertrauen kann ich dir sagen, Vater, daß Salomon Ehrenberg das Geld zur Verfügung gestellt hat.« »So? Also da werd ich dir auch was im Vertrauen sagen, Berthold.« »Nun?« 255
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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