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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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23 „Der Wiener Vasari“ Tatsächlich wird Erica Tietze-Conrat nur selten durch jene grundlegenden Tätig- keiten gestört, die in den Bereich der Hausarbeit fallen. Die großbürgerliche Welt, in der Frauen repräsentative Aufgaben erfüllen, ist ebenso wenig die ihre. Selbstbewusst definiert sie sich als Mittelstandsfrau. In einer Zeit mit unqualifizierter billiger Ar- beitskraft im Überfluss bleibt aber auch einer Mittelstandsfrau Hausarbeit weitge- hend erspart. Dafür ist die Haushälterin Therese Kurzweil zuständig. Sie ist die tra- gende Säule dieses sich in alle Richtungen bewegenden und erweiternden Haushalts. Ohne Theresens Verlässlichkeit wäre die Dynamik der Tietze’schen Unternehmun- gen nicht denkbar. Quälend sind die Tage, an denen Therese ihren wohlverdienten Urlaub in Anspruch nimmt. Dann bleibt bestenfalls beim Sockenstopfen der Kopf frei für geistige Tätigkeit. Dabei hängt Erica Tietze-Conrat zärtlich an ihren Kindern, allen voran an der kränklichen Jüngsten, dem „Vronili“. Am Wohlergehen ihrer Kinder und an deren kreativer Entfaltung nimmt sie großen Anteil. Auftritte in den für die Kinder verfass- ten Einaktern erfreuen die Erwachsenen und stärken das kindliche Selbstvertrauen. Um nicht schulmeisterlich zu sein, werden zur Förderung von Anderls Interesse am Malen und Zeichnen Abbildungen ausgewählter Kunstwerke beiläufig strategisch platziert. Doch dem „Verkindeln“  – also jener intensiven Hinwendung zu Kindern, die Frauen für alles Übrige (d. s. auch die geistigen Ansprüche des Ehepartners) „lahmlegt“  –, gilt es, durch berufliches Tun entgegenzuwirken. Während wir über Ehrlich, das klar abgegrenzte Gegenüber, Entscheidendes er- fahren, führt Hans Tietze in den Aufzeichnungen ein Schattendasein. Die Bear- beitung tappt möglicherweise genau hier in eine Falle. Als Staatsbeamter, als in der Öffentlichkeit agierende Persönlichkeit, als Kulturjournalist hat Hans Tietze in zahl- reichen Quellen eine Vielzahl an Spuren hinterlassen. In den Anmerkungen wächst Hans Tietze zu einer Größe, über deren tatsächliche Repräsentation im Text man geteilter Meinung sein kann. Der Beginn der Tagebuchaufzeichnungen fällt mögli- cherweise nicht zufällig mit der Gründung von Tietzes „Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst in Wien“ (GFMK) im Februar 1923 zusammen. So wie das Dichten für Erica Tietze-Conrat in jenen Jahren die persönlichste Betätigung gewesen ist, galt die GFMK als Hans Tietzes „liebstes Kind“.5 Die GFMK soll die Einstellung der Wiener zur modernen Kunst im Besonderen, vor allem aber eine moderne, d. h. weltoffene und rationale Einstellung im Allgemeinen fördern. Erica Tietze-Conrat erwähnt häufig Veranstaltungen der GFMK, ist aber nur gelegentlich in deren Ak- tivitäten eingebunden. Berührungen ergeben sich vor allem über den Künstlerfonds, der von der GFMK propagiert und in der beschriebenen Form möglicherweise von Erica Tietze-Conrat erdacht worden ist. Die „Produktivgenossenschaft für Ehrlich“ ist ihr ganz persönliches Projekt. Erica Tietze-Conrat leistet ihren Beitrag zum nicht übertrieben üppigen Fami- lieneinkommen. Zwar verfügt Hans Tietze über ein festes Gehalt als Staatsbeam-
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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