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Tagebuch 1923
Wer bringt ihm zu essen
–
Und geleitet ihn dann,
Daß er seine Notdurft verrichten kann ? !
Wer führt ihn Abends nachhaus ?
Und wohin ?
Wohin nachhaus ? !
Du
–
Bist das linke Bein
Du
–
Bist das rechte Bein
–
Kannst du noch stehen ?
Eins und zwei, eins und zwei
–
Kannst du noch gehen ?
Oder schläft er hier auf dem Stein
–
Im Bogenlampenschein
–
Und der Schatten der Litfaßsäule
Deckt ihn zu ?
Erlaubt das die Polizei ?
Und streckt die Finger zur Ruh
Wenn das blaue, das letzte Licht
Der Straßenbahn vorbei
…? 46
1. August 1923
Letzter Tag in Wien. Brief von Kurt Wolff wegen der französischen Graphik, auch
Holzschnitte dazunehmen. 15–17. Kann ich das ? Habe bis auf die gewisse Neuer-
werbung von der Albertina nie einen französ[isch] primitiven Holzschnitt gesehen.
Und ist das nicht eine unnötige u. altmodische Verbindung – Holzschnitt u. Stich
derivieren doch verschieden u. gehen doch auf ganz verschiedene Dinge aus. Alles
wird schon für die morgige Abreise gerichtet, d. h. für die Kinder gebacken. Ehrlich
mit Schwester sollen mit mir reisen, er hat aber die Eisenbahnbillets verloren oder
sind sie ihm gestohlen worden ! Mein Rucksack ist gepackt, ich muß ja um ½ 6 früh
aus d. Haus. Heute abgekühlt und Regen nach einem mehrstündigen Gewitter heut
Nacht.47
6. August
Viele Tage Pause. Am 2. bin ich mit Ehrlich nach Salzburg gereist ; Hans hat mich
zur Bahn gebracht u. den Platz für mich gesucht. Im Wartesaal große Tafel : „Nicht
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien