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Tagebuch 1923
Wie reich
Wir sind
…
Zu meinem
Hab ich aufgesehen
Alle Zeit
–
Jetzt ist er mir
Ein Kind
Am Nachmittag erste Sitzung für mein Bild bei Ehrlich, Hans hat mich abgeholt –
abends sehr müd. Eigentlich sitz ich nicht, sondern lieg ich auf d. Sofa. Wir sprechen
nicht miteinander. Ich hab sogar schlafen können.
13.IX.
Hans erzählt mir, daß er bei dem Akt den Tausch des Defregger (Zitterspieler) ge-
gen Füger etc. die Photogr[aphie] jenes nicht beilegte, sondern dazuschrieb : Phot[o-
graphie] kommt nach, damit der Minister, der doch sicher auf d. Defregger fliegt,
nicht nachträglich Bedenken bekäme. Des Spasses wegen erzählte Hans dieses Detail
dem Petrin. Als dieser aber d. Defregger sah, begann er Bedenken zu bekommen :
Was wird d. Presse darüber wieder schreien etc. – Hans wurde wieder einmal an d.
Niveau erinnert, mit d. er zu rechnen hat – denn offenbar hat auch in Petrin d. De-
fregger warme Saiten angeschlagen.
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Nachmittag die zweite Sitzung für mein Bild, dann Abend bei Steiners, sehr ge-
mütlich, heiter
– das Seebild aus d. Engadin nicht gelöst
– ganz schwache Zeichnun-
gen
…
14.IX.
Früh bei Felix, mit ihm Brom u. Adalin gekauft für Paris. Dann Albertina, dort
mit Stix gesprochen, der sehr angeregt war durch Anfrage Morgans (Artaria) we-
gen Rembrandtdoubletten. Dann 3. Sitzung bei Ehrlich, ganz kurz, Bild angeschaut.
Stimmung : sonniger Herbst. Braun, rot, Ruhe, Verinnerlichung. Sehr ähnlich :
Schön – auch schon koloristisch. Einige Kleinigkeiten noch nicht gelöst – müssen
erst gemacht werden. Hoffentlich kann er es
– sehr schwer für einen Graphiker dieses
„Vollenden“. Mittag bei Mama, die mir meine Filigrankette in eine lange Goldkette
von d. Urgroßmutter umtauscht. Dazu noch das Schlangenketterl mit dem blauen
Email gab, das zu Großmamas Ring gehört. Viel Freude, liebe alten Schmuck
…90
Abends Pogany (der bei einer neuen Kunstzeitschrift als Redakteur untergekom-
men ist, sehr arm, herzergreifend durchbeutelt
– ich hab ihm einen Aufsatz über OK
versprochen). Dann Van Bercken, der mir unerhört den Hof machte (nicht auf Leben
u. Tod
– sondern um sich einen Weg zu einer Ausstellung in Wien zu ebnen), indem
er in d. Stadt u. die Menschen hier sich verliebt zeigte. Man kann in keiner anderen
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien