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Tagebuch 1923
Zeichnung f. d. Alf machte. Um 7 im österr[eichischen] Mus[eum], Vortrag v. Hans über
die Strömungen d. modernen Kunst, meisterhaft aufgebaut u. gesprochen. Saal ganz
voll. Unerhört viel Bekannte. Ich nachher zu Hans : „Es waren so viel Künstler da wie
bei einer Protestversammlung gegen dich.“ Nachher mit Steiners, Feigls, Jungnickel,
Ehrlich, Fixlein, Salvendy, Zirner im Caféhaus. Hans einstimmig gefeiert worden.135
14.XI.1923
Heut hab ich, angeregt durch Ehrlichs Zeichnung gestern, ein Gedicht gemacht, das
mir schon tagelang einfach vom Wetter aus in den Gliedern liegt. Ich will es, wie
Ehrlich seine Zeichnung, auch November nennen.
November
Die feinen
Nebeltropfen stehen
An meinem Tuch.
Ich glaub
Es ist zu feucht,
Ich sollt schon längst
Nachhause gehen
–
Naß ist mein Haar
–
Die Äste weinen
Schwer
Und in der Erde ruht
Das tote Laub
Der Baum löscht aus.
Ich weiß nicht mehr,
Wie alles war
–
Könnt ich nur schon
Die kleinen
Lichter unten sehen
–
Dann wär alles gut.
Mich friert so sehr
Und hab doch
Immer noch
Etwas gewußt,
–
An das ich gern zurückgedacht
Das mir warm gemacht
–
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien