Seite - 148 - in Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Bild der Seite - 148 -
Text der Seite - 148 -
148
Tagebuch 1923
meinschaft“, Freimauer, Juden und den Bolschewismus. Am 11. März 1938 gehörte er dem
sogenannten „Anschlusskabinett“ als Unterrichtsminister an. Zu diesem Zeitpunkt war der
christlichsoziale Emil Schneider Unterrichtsminister (Geehr 1986).
Mit Frau Marie, der langjährigen Köchin im elterlichen Haushalt, verband ETC viele
Kind heitserinnerungen. Seither ist „Frau Marie“ eine Metonymie für Köchin.
Leodegar Petrin, ab 1923 Vorstand der neuen Kunstabteilung im Unterrichtsministerium,
„war maßgeblich an den 14 Jahre dauernden Verhandlungen mit Ungarn beteiligt, die 1932
einen Abwehrerfolg gegen die ungarischen Ansprüche auf österr. Kunstbesitz brachten“
(Brückler/Nimeth 2001, 201 ; TB 1923, 20.7.).
3 Zum ersten Mal hatte HT im Jahr 1918 in einem Memorandum festgehalten, wie er sich
eine zeitgemäße Umgestaltung der ehemals kaiserlichen Sammlungen mit ihrem charakte-
ristischen Aufbau vorstellte. Dabei galt es, eng miteinander verwobene Fragen der Verwal-
tung, der räumlichen Unterbringung und Sammlungserweiterung zu lösen. Nur großzügige
Entschlossenheit sei imstande, den Museen die einzigartige Gelegenheit, die der Augenblick
des Zusammenbruchs mit der dadurch notwendig gewordenen Neuordnung bot, zu nutzen.
Aufgrund jenes Memorandums war HT vom damaligen Unterstaatssekretär Otto Glöckel
1919 schließlich ins Staatsamt für Inneres und Unterricht berufen und mit den Agenden der
Kunstmuseen betraut worden. Aber bereits 1923 wurde er im Zuge einer innerministeriellen
Umstrukturierung in seinen Kompetenzen wieder stark eingeschränkt. Zur Umgestaltung
der Wiener Museen nach dem Ersten Weltkrieg, zu HTs Reformprogramm und den inter-
nationalen Verhandlungen siehe Posch 1992 ; Posch 1997 ; Krapf-Weiler 2004.
4 Georg Ehrlich hatte nach dem Krieg einige Jahre in München und Berlin verbracht (siehe
die Kurzbiografie in Bd. III). Ab 1923 hielt er sich wieder vorwiegend in Wien auf, dessen
Wahrzeichen (Stephansplatz mit Stephanskirche und Wiener Hausberg Kahlenberg) er
romantisch verklärte, während die bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse der Weimarer Repu-
blik ihn auf eine Ebene mit Michelangelo hoben, der gezwungen gewesen war, angesichts
der Unruhen um die Medici aus Florenz zu fliehen. „Der Mensch wirkt zart, heiter, voll
ängstlichem Aberglauben ; aber der Wille ist zäh, die Zähne sind zusammengebissen“, be-
schreibt ETC den jungen Künstler (E. Tietze 1926, 23 ; Kurz 1956, 22).
Ehrlich hatte Alfred Kubin eine Radierung, „Der Narr“, gewidmet (Hoerschelmann 1997,
o. S.).
Bad Gastein (Bundesland Salzburg) – Kurort in alpiner Hanglage.
5 „Todessprung“ – unveröffentlichtes Theaterstück ETCs, im Nachlass enthalten (Tietze-
Conrat unveröff./b).
6 Die Aufzeichnungen zeigen, dass sich u. a. auch der Unternehmer Georg Halle von ETC
beim Aufbau seiner modernen Sammlung beraten ließ. Halle sowie seine Frau Marianne
verüb ten
– vermutlich nach dem totalen finanziellen Zusammenbruch
– im Dezember 1935
ge
mein sam Selbstmord (WStLA, Todesfallaufnahme, GZ 2A 3/36, Georg Halle). Der
Kunsthändler Roland Widder (Wien) erzählte im Gespräch mit der Herausgeberin, dass
um das Jahr 2000 eine Vielzahl von Grafiken Georg Ehrlichs aus dem ehemaligen Eigen-
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien