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Tagebuch 1923
Als volksbildnerische Einrichtung hatte die Urania ein vorwiegend nichtakademisches
Publikum, weshalb bei der Gestaltung der Vorträge auf „Allgemeinverständlichkeit“ zu
achten war.
150 Roman „Saul“ – unveröffentlichtes Werk ETCs, im Nachlass nicht enthalten.
Tatsächlich war der expressionistische Dichter Hugo „Sonka“ Sonnenschein zu diesem
Zeitpunkt bereits 34 Jahre alt, die Bezeichnung „Knabe“ scheint daher unpassend. Über
Sonnenscheins familiäre Verhältnisse ist wenig bekannt. Gauß erwähnt einen Sohn, Wei-
bel drei (Ivan, Ilja und Tomas) – von denen einer ohne Weiteres erwähnter „Knabe“ ge-
wesen sein könnte. Die Dichter Lampl, „Sonka“ Sonnenschein, Ehrenstein und Werfel
hatten 1919 gemeinsam mit dem Psychiater und Individualpsychologen Alfred Adler (TB
1923, 26.9., 20.12.) und dem Mediziner und Theatermann Jacob Moreno Levy (1889–
1974) den Genossenschaftsverlag gegründet, der laut Hall wohl „ungewöhnlichste[n]
Neugründung der jungen Republik“. Beim Genossenschaftsverlag „konvergieren mehrere
Strömungen der Zeit, wie Aktivismus und Expressionismus. Der Genossenschaftsverlag
steht, bildlich gesprochen, inmitten eines reich verästelten Netzwerks“ (Hall 1985, 144 ;
TB 1923, 7.7.). Der „kommunistische Anarchist“ Sonka, der die Gefängnisse aller Regime
sowie das KZ Auschwitz über sich ergehen lassen musste, verstarb in einem kommunis-
tischen Gefängnis. Seine Frau wurde in Auschwitz ermordet (Gauß 1984, 253 ; Weibel
1976c, 153).
Beide Brüder Hilda Lampls waren Architekten. Josef „Pepi“ Berger hatte mit Martin
Ziegler (1896– ?) und Otto Bauer (TB 1938/1, 27.1.) den „Bund österreichischer Archi-
tekten“ gegründet, in dem auch Arthur Berger, der sich später als Filmarchitekt einen
Namen machen sollte, zeitweilig mitarbeitet. Die Architekten Berger unterstützen ihren
Schwager Fritz Lampl mit Entwürfen für die Glaswerkstätte Bimini (zu den genannten
Architekten siehe Az W, Architektenlexikon).
151 ETCs Vater, aber auch Teile der mütterlichen Familie stammten aus Breslau.
Die Modistin Kamilla Swoboda war Ehefrau des Kunsthistorikers Karl Maria Swoboda.
152 Bald nach Gründung der „Neuen Galerie“ durch Otto Nirenstein (Kallir) im Jahr 1923
fand die erste posthume Schiele-Ausstellung statt.
Hinweise zu erwähnter französisch-österreichischer Ausstellung in der Galerie Würthle
(Flechtheim-Bondi) konnten nicht gefunden werden. Vermutlich kamen vor allem Künst-
ler zur Ausstellung, die von Flechtheim vertreten und gehandelt wurden.
Tanagra-Theater – eine um 1873 entwickelte Miniaturbühne, auf der über mehrfache
Spiegelprojektion Schauspieler wirklich, aber um das 8- bis 10-Fache verkleinert (auf ca.
18–24 cm) agieren.
Friedrich Kiesler sprach im Rahmen der Vortragsreihe der GFMK zum Thema „Individu-
alistischer Holzschnitt, Klischee und Wucher“.
153 „Nikolo“ – hl. Nikolaus : nach Volksbrauch am 6. Dezember erscheinende, als Nikolaus
verkleidete Person, die den Kindern kleine Geschenke bringt.
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien