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Tagebuch 1924
feldt hat sich’s Leben genommen u. die Paula Wahrmann ist vom Loser abgestürzt
ohne sonderlichen Schaden zu erleiden
…124
Sehr gut gefällt mir noch immer die Landschaft von OK, das eine Bild von Rou-
ault, Pascin.125
15.IX.
Am 12. hab’ ich tagsüber in d. Albertina gearbeitet. Am 13. nur in d. früh, den Katalog
im Großen fertig gemacht, dann die Ausstellung vom Gregor über Theaterinszenie-
rungen u. Schauspielerportraits angeschaut, die Mopp-Graphikausstellung bei Heller,
die Schatzausstellung bei Nierenstein, die große Moppausstellung im Hagenbund.
Er ist leer, aber ein Virtuose. Nachtisch das Feuilleton über d. Internationale erledigt,
dann mit Gaby zum Vortrag von Knuttel in der Sezession, der „[…]“ war. Café Mu-
seum in größerer Gesellschaft, Jungnickel, Frankel, Grimschitz, Dolbins
…126
Beim Liebenbergdenkmal Georg mit Groag getroffen (unsympathisch). Sonntag
Arbeitstag. Mopp-Besprechung, Französ[ische] Graphik-Reinschrift begonnen. Sehr
heiterer Tag. Abends mit Floch, der seine Mappe brachte, spazieren. Heute Regen,
Arbeitstag zuhaus. Vom Holländer vielfach in Anspruch genommen ; er war gestern
bei Jungnickel, der ihm Graphik teurer anhängte, als sie d. Würthle verkauft. Am
späten Nachmittag bei Georg im Atelier, Graphik einräumen geholfen. Desolate
Wirtschaft. Er hat mir sein in Venedig gekauftes, in Gardone vollgezeichnetes Skiz-
zenbuch geschenkt (das Große). Ich bin sehr sehr froh damit. Abends ist Dr. Knut-
tel abgereist. Hans ist Lili, Maja u. Majas Bräutigam abholen gefahren, dieser wird
bei uns wohnen. Wir haben unsern Graphikkasten bekommen. Er war zu groß, geht
nicht über die Stiege, muß zerlegt werden. Hoffentlich morgen, denn so versperrt er
uns das ganze Vorzimmer ; der Gang aufs WC ist wie eine Kaminwanderung.127
20.IX.
Ich hab lang nicht geschrieben, Familie ach ja, heute früh ist noch dazu Ilse mit
Kind angekommen. Mir ist Familie furchtbar lästig. Mit meinem Abschreiben
(französ[ische] Graphik) bin ich fast fertig, sodaß ich heute einen Spaziergang am
Vormittag mit d. Gaby mir leisten will. Am Dienstag war ich (mit Lili) in Hans’
französ[ischem] Vortrag, „Moderne Wiener Kunst“, (Universität, Internat[ionale]
Hochschulkurse) ; er hat auch d. Bilder von Merkel, Floch u. meine Loferer Zeich-
nung vom Georg im Diapositiv gezeigt, es war sehr eindrucksvoll u. hat mir viel Spaß
gemacht. „Man kann nicht nur mit dem Haß (haine) erobern, sondern auch mit der
Liebe“ – hat er G. E. charakterisierend gesagt. Am Mittwoch war ich G. E. im Ate-
lier abholen, er wollte eine Zeichnung korrigieren, hat aber dann die Bleistifte nicht
gefunden. Wir gingen zu fuß zu Hans’ Vortrag in der Sezession und ich erzählte ihm
am Weg von dem Künstlerhaus, wo ich am Morgen gewesen war. Die Ausstellung ist
trostlos repräsentativ, der Hagenbund im großen ganzen nicht besser, als d. andern
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien