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Tagebuch 1924
letzteres scheint ein Kapitalverbrechen zu sein, für das er ‚gehängt gehörte‘ (manche sollen
auch für ein Herabstürzen von der Reichsbrücke sein).“ (Buschbeck 1924, 3.)
Ein Feuilletonbeitrag über den „Kunststreit“, der wenige Tage darauf in der Münchner
„Allgemeinen Zeitung“ erschien, war überraschend mit „A. E. Wien“ gezeichnet. Obzwar
ungewöhnlich direkt, lässt die inhaltliche Ausrichtung des Artikels kaum Zweifel daran,
dass es sich um den von ETC erwähnten Beitrag (TB 1924, 19.5., 21.5.) handelt : „Die
Angreifer sind Künstler, ihre Wortführer auch Maler und Journalisten zugleich ; ihnen al-
len gemeinsam ist ein künstlerisches Niveau, das wir mit ‚zurückgeblieben‘ charakterisieren
wollen (wie gerne würde ich ein stärkeres Adjektivum verwenden !). […] Die Angriffe auf
die Museumsverwaltung, die letzten Endes Angriffe auf den Kunstreferenten, Hans Tietze,
sind, stellen sich für Eingeweihte und Nichteingeweihte als Angriffe auf die moderne Kunst
heraus.“ (N.
N. 25.5.1924 [Hervorhebungen im Original].) Der von HT organisierte Protest
(TB 1924, 21.5.) erschien u. a. am 20. Mai in der „Neuen Freien Presse“ (Tietze 1924h) :
„Die Unterzeichneten verkennen nicht den Wert einer fachlichen und aufbauenden Kritik,
wenden sich aber mit Entschiedenheit gegen die in letzter Zeit systematisch betriebene,
unsachliche und in gewissen Fällen bis ins Gehäßige gesteigerte Hetze gegen die Kul-
turarbeit auf dem Gebiete der bildenden Kunst. […] Die Unterzeichneten weisen jeden
Versuch, der geeignet ist, Wien aus diesem großen Zusammenhange zu reißen und es einer
geistigen Verdorfung auszuliefern, als die größte Gefahr für die kulturelle Stellung Wiens
auf das Schärfste zurück.“ Unterzeichner der Protestnote waren 25 Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens – unter ihnen : Julius von Schlosser, Richard Strauß, Louis Rothschild
(1882–1955), Adolf Loos und Josef Hoffmann, Eugenie Schwarzwald, die bereits erwähn-
ten Herren Richard Specht und Julius Bittner (TB 1924, 14.5.) sowie als einziger Maler
Max „Mopp“ Oppenheimer.
Auch Schnitzler war um seine Unterschrift – und zwar von HT persönlich – gebeten wor-
den. Dazu heißt es in Schnitzlers Tagebuch am 16. Mai : „Im Unterrichtsmin. bei Dr. Tietze.
Er wollte meine Unterschrift auf eine Erklärung gegen gewisse conservative Angriffe gegen
Kunst Ankäufe etc. Museum, – mit Beziehung auf Artikel von Jehudo Epstein und A. F.
Seligmann, – die aber nicht genannt werden. Ich lehne, als incompetent, ab. –“ (Schnitzler
1995, 150.)
95 Eine Frau Meringer ist nicht bekannt.
„Kobenzl, Jägerwiesen, Sievering, Himmel, Grinzing“ – Wanderwege am westlichen Stadt-
rand von Wien.
August L. Mayer/Erich von der Bercken, Jacopo Tintoretto, München 1923.
96 Zum Protest HTs und seiner Mitstreiter sowie den Vorgängen den „Kunststreit“ betreffend
siehe TB 1924, 17.5.
Franz Werfel, Verdi, Roman der Oper, Berlin 1924.
Die persönlichen Briefe aus der Frühzeit von ETCs Bekanntschaft mit HT sind bedauer-
licherweise nicht erhalten geblieben.
97 Reise mit Georg Ehrlich Mai/Juni 1924 :
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien