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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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350 Tagebuch 1925 Der Fluß, der in tief eingeschnittenem Bett, wie ein Gebirgsbach so wild die Stadt teilt  …46 Im Dom wurde gerade bei der Fonte de Callisto getauft. Das Kind war schon über das bei uns übliche Alter weit hinaus und hatte dementsprechend einen stärker reagie- renden Teufel gegen d. hl. Handlung. Es brüllte wie ein Schwein, das gestochen wird. Eine große dicke Dame in Schwarz  – wohl d. Großmutter oder die Levatrice klatschte immerfort in d. Hände, um es zu erheitern, der Geistliche u. die andern 5–6 Perso- nen trachteten durch lautes Beten den Widersacher zu überschreien. Die Gruppe war ganz eng um die lärmende Hauptperson geschlossen ; den Eindruck einer Anbetung bei Nacht im Stile Correggios, besser noch Bassanos oder Sandrart brachte vollends ein langer Lackel mit einem grinsenden Faungesicht hervor, der mit beiden Händen eine dicke hohe brennende Kerze hielt. Die Kerze war schließlich die Rettung. Als der Höhepunkt der Verzweiflung bei d. kalten Bad aus d. Taufbrunnen erreicht war, wurde das Kind bei einer Kopfwendung oder Drehung d. Paten plötzlich der Kerze gewahr und im Augenblick riß das Geschrei ab  – und d. Kind machte AAH.  – Es staunte in d. Licht der Kirche, das ihm aufgezwungen war. Der entzückend schöne Brunnen war die kunsthistorische Entschuldigung, daß ich so lange bei diesem Taufakt zuschaute.  –47 Im Tempietto ist seit dem Weggang des Kaschnitz nichts geändert ; die scavi mit all der zugehörigen Schlamperei sind unbegreiflicher Weise nicht zugemacht wor- den. Die Custodin, die uns den Tempietto aufsperrte, sagte daß die Tedeschi hier nach Schätzen gegraben haben. Am Nachmittag gingen wir zu den Grafen Claricini nach Bottenicco ; es war nur der weibliche Teil der Familie da, wir tranken Tee und schwatzten von alten und neuen Zeiten. Jene bestritt die Mutter, die den Elisabeth- orden I. Cl. besitzt und sich ein nichtkaiserliches Wien gar nicht ausdenken mag. Diese aber die viel aktiveren Töchter  … Unter anderm erzählten sie, daß sie vor etwa 14 Tagen aus Rom von Amelung eine Karte bekommen hätten, daß es ihm gelungen sei, Kaschnitz als 1. Assistenten anzustellen und daß dieser sich also jetzt dauernd in Rom ansiedeln u. im Winter heiraten werde  …48 Der Wagen brachte uns am Abend zur Station, wir haben uns diese Nachricht nach allen möglichen Seiten hin u. her überlegt  … In d. Nacht gab’s Gelsen. Am Morgen entschlossen wir uns ganz plötzlich abzu- reisen. Wir überschlugen in Conegliano einen Zug und sahen uns den graziösen Ort mit seinem nachgedunkelten Cima an. Das schönste aber bleibt doch die Silhouette der Stadt, die man allerdings, indem man sie durchschreitet fahren lassen muß. In Montebelluna hatten wir wieder langen Aufenthalt ; der Hans blieb bei d. Koffern u. las ein Buch seiner gut assortierten Reisebibliothek, ich ging in den Ort (aber nicht weit) u. versuchte einen Esel, ein Pferd etc. zu zeichnen. Da ich aber dabei stehen mußte, u. die Ludern nicht stehen wollten, war d. Resultat unerfreulich.49 Am Nachmittag kamen wir hier in Feltre an, das in einem breiten Tal ähnlich wie Lofer liegt. Wir durchwanderten die Stadt, die sich wie Gemona, Conegliano etc.
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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