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Tagebuch 1925
29.XII.
Das Jahr geht zu Ende. Hans hat gestern seine „Versetzung in den Ruhestand“ be-
kommen. Am Vormittag war ich mit den Piaristen im Hagenbund. Anderl, Stoffel u.
Heinz waren dabei. Heinz ging sehr ungern, weil er „bis dahin“ ein erklärter Feind
moderner Kunst gewesen war. Stoffel der eigentlich mit ihm ins Dianabad sollte,
überredete ihn mitzugehen („zu meiner programmatischen Erziehung zum Führer-
menschen gehört auch das Interesse für Kunst“)
– meine Rednergabe hat den Heinz
dann für die moderne Kunst gewonnen ! Am Nachmittag hab ich aus der Zeile, zu
der Zeile, die jetzt schon so viele Wochen mit mir lebt, ein Gedicht gemacht – das
aber die Zeile noch nicht erschöpft.73
Ich will es nächstens wieder versuchen.
(Magdalena)
Die langen Haare wind’ ich
Um deine Füße, die
Sich müdgegangen ;
Sie liegen
Erdenschwer
Auf meinen Knien
Und ruhen aus
…
Doch über mich
Doch über mich hinaus
Bis an das Ende
Wo die Wolken bleuen
Die grauen Vögel
Deiner Augen ziehen
Und wiegen
Ihre Spiegel in dem Meer
–
–
Wohin
Soll ich die Demut meiner Hände
Schmiegen
– ?
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien