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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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395 Tagebuch 1926 milder, obwohl die Sonne hinter den ziehenden Wolken noch keine Kraft hat. Ich glaube, wir sind schon „seefest“. Sogar das Frühstück in der Kajüte machte keinen Eindruck mehr auf uns. Gegen 11h vormittags sollen wir ankommen (statt um 5h früh, wenn kein Wind gewesen wäre  …) Wir haben das Schiffsreisen lieb gewonnen  …7 22.IV. Barcelona. Es war das komplizierteste Ankommen der Welt. Wir waren da u. waren nicht da. D.  h. der Lotse war auf Deck geklettert u. hatte das Kommando übernom- men u. hatte uns ganz draußen anlegen lassen, weil drinnen im Hafen kein Platz war und der Kapitän war beleidigt Mittagessen gegangen u. hatte sich um nichts geküm- mert. Und wir fielen in die Hände von einem spanischen Reisenden, von einem Ten- ente, einem Untertenente, einem Barkenführer, einem der den Barkenführer geholt hat, einem Gepäckträger, einem Kutscher, einem Zollbeamten und einem Herrn der keine andere Funktion hatte, als auf dem Bock unseres Wagens zu sitzen u. was weiß ich noch alles und hatten schließlich uns und unser Gepäck drinnen im Hôtel, das zwar 15 Peseten pro Kopf kostete, aber durch fließendes warmes u. kaltes Wasser im Zimmer versöhnte. Diese Ankunft hat viel Geld gekostet, aber nachher die Entde- ckung, daß alle Schnellzüge auch 3. Kl[asse] haben, hat uns wieder ins Gleichgewicht gebracht. Es ist hier in Barcelona noch immer sehr sehr kalt ; es scheint, daß wir den Mistral hergebracht haben, dabei [ist] alles auf Sonne eingerichtet. Palmen in den Höfen und Gärten, Plachen über den fröstelnden Caféhaustischen, im Museum die Vorhänge heruntergelassen. Wir waren gleich gestern noch im Museum u[nd] z[war] im städtischen, wo die alte katalanische Kunst untergebracht ist. Die schöns- ten stärksten Dinge sind dort die Fresken aus [ein] paar pyrenäischen Kirchen, die ohne Imitación aber doch mit der Solemnidad eines kirchlichen Denkmals aufgestellt sind. Abends hatte ich vom Frieren, Schauen und vor allem vom erbärmlichen Pflas- ter  – von dem Lärm nach der Seereise einen kleinen Kollaps, so daß ich gleich nach dem Nachtmahl schlafen gehen mußte.8 Heute waren wir früh in den Kirchen „ohne Details“, dann im modernen Museum, um den Direttore zu finden, der französisch kann u. sehr liebenswürdig Auskunft u. Empfehlungen gab. Er ist blatternarbig, aber das sieht gut aus ; die Oberfläche ist „optisch belebt“. Die katalanische Kunst des 19. Jhs ist ebenso langweilig wie jede andere Provinzkunst. Die modernen Ankäufe sind an die fünfjährigen Ausstellungen gebunden, nur in diesen  – heimatliche aber auch internationale Kunst  – darf gekauft werden u. was gekauft wird, wird gehängt. Von Picasso, der von seinem 6. bis zu sei- nem 25. Jahr in Barcelona lebte, wo sein Vater Professore an der Academia war, ist ein „Don de 1921“, ein Pierrot aber schon ein nachkriegszeitlicher mit großen Pratzen  …9 Ein zweiter Besuch im alten Museum hat uns die eindrucksvollen Fresken bei besserem Licht sehen lassen. Gegen eins gingen wir dann zum Bahnhof, unser 10.000 Klm Heft bestellen. Es ist furchtbar viel, was wir da reisen müssen und Hans meint,
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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