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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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404 Tagebuch 1926 steigen und wenn der Zug auch eine halbe Stunde gestanden ist, doch erst ein, wenn er […] schon in Bewegung gesetzt wird. Die letzten Minuten hört man es vor allen Fenstern schnalzen  – das Abschiednehmen. Bei einer Station fuhr eine Frau mit ei- nem einjährigen Bébé fort ; es stieg neben uns ein, es war prächtig hergerichtet mit einer Riesenmasche im schütteren Haar ; die ganze weibliche Bevölkerung des Ortes war zum Abschied mitgekommen ; sie standen so dicht vor dem Coupé, daß wir aus unserm nicht hinaus konnten  … Draußen war wieder trostlose Wüste, tiefgefurchte Falten der übersandeten Felsen mit fruchtbarster Hu- erta abwechselnd. Aber die Bahn steigt und vor Gu- adix kommt sie 1300 m hoch ; die weißen Schnee- berge steigen aus der Hochebene auf, trotzdem keine Wolke hier oben zu sehen ist, ist es grimmig kalt. Eingebettet in eine Talmulde, in der es wieder grün aufschießt, liegen die schneeweißen Häuser von Guadix, dahinter die gezackte Sierra Nevada. Diese Schneeberge schauen ganz anders aus als bei uns : es sind lange Ketten, auf dem grauen, baumlosen, gras- losen Unterbau  … die Fahrt hinunter (Granada liegt nur 600 m)  – unleidliches Geschiebe. Ich bin gele- gen, aber die Bank war sehr hart u. ich konnte nicht schlafen. In Granada, in der Fonda Granadina (ausgezeich- net) hatte man auf uns gewartet, die Leute saßen bei- sammen und wärmten sich an Gluthäferln. Wir hat- ten uns Spanien anders vorgestellt  … Das sagten wir noch nachdrücklicher, als wir heute den ersten Rundgang durch die Stadt machten. Gra- nada sieht aus wie ein Stück Heimatboden, Traunfluß und Rosenburg, Ulmen und frischgrüner Grasboden, Bergabhänge und Flußprome- naden  – in die tiefsten Tropen hineingesetzt : Es läßt sich nicht ausdenken, wie über- raschend dieser Bergabhang mit der Alhambra am Ufer des Darro ist, ganz übergrünt von den hohen Ulmen  … Und in den Gärten diese Phantasmen von südlichen Bäu- men von denen wir die Namen nicht kennen  … Wir haben die Kathedrale gesehen, die Särge der Eltern und Großeltern Karl V., der dekadenten jüngeren und der tatkräftigen älteren Generation. In einer Seitenka- pelle war ein großer Dirk Bouts Flügelaltar  – d. h. das Mittelbild (Kreuzabnahme) u. die beiden schmalen Seitenflügel in einen prachtvollen goldenen Altaraufbau aus der Mitte des 18. Jhs eingelassen  – eine Art des Denkmalschutzes oder auch Kunstkul- tes, der wunderbar lebendig wirkt. Am Nachmittag nahmen wir als Ziel die aufge- Abb. 76 : „Granada sieht aus wie ein Stück Heimatboden – in die tiefsten Tropen hineingesetzt.“
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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