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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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418 Tagebuch 1926 sie gebreitet, ein flacher Haufen liegen sie dort. Und der Stier, ein friedliches Tier, das mühsam zur Wut oder eigentlich nur zur Abwehr gereizt wird, der schließlich zu Tode getroffen sich auf die eingekrümmten Beine wie zum Wiederkäuen  – zum Sterben niederlegt. Der letzte heulte und in dem Riesenraum klang es entfernt u. leise wie von der Weide. Dann brachen ihm Ströme von Blut aus dem Maul. Und alle Menschen schauen zu, schauen zu  – man weiß doch wie jedes Tier allein sein will, wenn es stirbt  – wie es sich verkriecht  … Nach dem ersten „Gang“ wollten wir weggehen  – aber es ist unmöglich, man kann nicht aus dieser Menschenmenge heraus  – So mußten wir alle sechs Stiere sterben sehen. Nie, nie mehr  … Heute war ein tiefblauer Morgen, wir fuhren nach Segovia, das 1000 m hoch liegt. Auf der letzten Strecke hat es etwa eine Stunde lang tüchtig geschneit. Es ist furcht- bar kalt und der Ort ist zumeist auf Landschaftseindrücke hin zu besichtigen. Die römische Brücke die ein oder mehrgeschossig mit riesigem Schritt über die Stadt hinübergeht (12 klm lang !) braucht auch den blauen Himmel in dem Bogen und was sonst geboten wird, hat sich nicht der Mühe verlohnt. Ich war vom Frieren so übel gelaunt, daß ich dem Hans lauter böse Dinge gesagt habe, die jetzt wie große Steine zwischen uns liegen  – und ich möchte sie so gerne vom Weg weggeräumt haben. Wir sitzen im Café gegenüber der Bahn u. warten auf unseren Zug, der 2 Stunden später, als wir geglaubt hatten, wegfährt  … 18.V. Als wir spät abends nachhaus kamen, war ein lieber Brief vom Stoffel da. Heut ha- ben wir wieder einen Pradovormittag gemacht. Die Lieblinge haben sich schon he- rauskristallisiert, man besucht nur mehr das, was man will. Den Kardinal und die Perle von Raffael, den 2. Tiziansaal mit den Königsportraits u. den […] von Ferrara, der Glorie ; und immer wieder Velazquez. Wenn man von d. Jugendbildern (Mars u. Bacchus bei d. Hirten) absieht, so steht er ganz jenseits d. Kunstgeschichte u. kann doch alles. Von Ribera ist auch ein wundervolles Bild da : Schlafender Jakob, der im Traum die Engelsleiter sieht. Ein Riesenbild ganz einfach u. doch nicht leer. Die En- gelsleiter so diskret, fast nur ein Sonnenstreif  – aber das Schlafen schwer und doch visionär. Ein Gottvater der den Leichnam in d. Arm hält (auch ein frühes, im Aus- druck so starkes, darum nordisch wirkendes Bild) hat mir über dieses einzigartige Mysterium zu denken gegeben. Nachmittags zuerst bei den „30.000 Zeichnungen“ in der Nat[ional]bibliothek, die „Zimelien“ sind ausgestellt, zumeist zweit- und drit- trangig. Schön nur ein Reiter eigentlich nur ein Vorderteil eines Pferdes von Murillo. Die Proben, die wir nach dem Katalog von den unausgestellten machen unter den […]50 Das Wetter ist milder  – wir sind wieder guter Laune.
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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