Seite - 44 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
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die Gletschergruppen der Zillerthaler und jene der Ortler Alpen; unter den kleineren
verdienen genannt zu werden: die Gletscher der Adamello-Gruppe, jene am Piz Fermnnt in
den uordrhätischeu Alpen, der Gletscher im Antholzer Gebirge, am Dachstein, an der
Vedretta marmolata und andere mehr. Die genannte Eisfläche vertheilt sich auf circa
40 große Gletscher oder Gletscher der ersten Ordnung und auf circa 800 Hängegletscher
oder Gletscher der zweiten Ordnung. Die größten unter den großen Gletschern in Österreich
sind: der Gepaatsch-Gletscher im Kannserthale, Tirol (113); die Pasterze im
Möllthale, Kärnten (10), der Gurgler - Gletscher im Ötzthale, Tirol (8'5), der
Hintereis-Gletscher im Ötzthale, Tirol (8 3 Kilometer lang) und andere mehr.
Der größte Gletscher in Europa ist der Großaletsch-Gletscher in der Schweiz (23 4)
und der längste Gletscher der Erde ist, so viel bis jetzt bekannt, der Biafo-Gaiche im
Karakornmgebirge in Asien (über 64 Kilometer lang).
Eislawinen kommen in den österreichischen Alpen häufig vor. Im Fuscherthale
(Salzburg) kann man an Tagen mit Föhnwind das Herabdonnern derselben in rascher
Folge hören. Sie entstehen dadurch, daß von Hängegletschern, welche vor schroff abstürzenden
Felswänden endigen, Theile der Eiszunge infolge ihrer Schwere sich ablösen und krachend
und stäubend in die Tiefe fallen. Schneelawinen, und zwar Staub- oder Windlawinen
so gut wie Grund- oder Schlaglawinen, sind, bei der Steilheit der Thalhänge, in vielen
Theilen der Alpen noch viel häufiger vorkommende und sehr gefürchtete Erscheinungen.
Besonders verrufen sind in dieser Hinsicht der Arlberg, das Paznannthal, die oberen Theile
und Arme des Ötzthales, das Pitzthal, das Zemm- und das Stillupthal (obere Arme des
Zillerthales), einige der rechtsseitigen Zweige des oberen Salzathales, das Thal von
Bleiberg in Kärnten, das obere Jsonzothal und viele andere.
Alpenpässe und -Übergänge. Beinahe in jedem Jahre erwahrt sich mehr und
mehr der Ausspruch Karl Ritters, daß in Europa der Alpengürtel das Maximum der
Erhebungen mit dem Maximum der Passagen vereinige. Denn immerfort wird an neuen
Eisenbahnen, an neuen Straßen und Telegraphenlinien gebaut, um die Eommunication über
das Alpengebirge und innerhalb desselben zu vermehren und zu verbessern. Schon sehen
wir theils den centralen Hauptkamm der Alpen, theils seine Nebenkämme von 17 Schienen-
wegen überbrückt, und noch um Vieles größer ist die Zahl künstlich hergerichteter Straßen,
die auf ähnliche Weise dem Verkehr der Menschen und Güter zu dienen bestimmt sind.
Die Ursachen des Reichthums der Alpen an Eommnnicationen liegen:
1. in der verhältnißmäßig zur Breite bedeutenden Anzahl großer Längenthäler und
2. in der relativ dichten Bevölkerung des Gebirges.
So zählen wir nach dem Meridian von München drei, nach jenem von Linz
vier Längenthäler. Es fehlt dem Alpengürtel durchaus an jenen breiten und hohen