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Jedermann ist der Unterschied im Körperbaue des ungarischen Steppenrindes und
der alpinen Rinderracen geläufig, die verschiedene Gestalt der Füße, die Form und Härte
der Hufe, die Beschaffenheit der Hörner und Anderes mehr. Wie äugt uud wittert, wie
klettert das Gebirgsrind, wie überlegen ist diesem das Steppenrind im ausdauernden Laufe,
im Übersetzen morastiger Gründe, vor Allem im Schwimmen; mit welcher Leichtigkeit
übersetzt eine Herde jungen Steppenrindes den mehrere hundert Klafter breiten Strom!
Ähnliche Unterschiede uach Bau, Naturell und Anpassung an das Terrain ließen sich
bei den meisten übrigen Hausthieren unschwer hervorheben: vom Saumpferde und seiner
Sicherheit auf schmalem felsigen Fußsteige, vom ponuyartigeu Tfchokazzenpferde, das bis
zum Bauche im Sumpfe versinkend den elenden, schwer belasteten Karren einherzieht, vom
Schweine in den Niederungen des Donau-Stromes, das in seichten Teichen den Fang
von Fischen betreibt und wehrhaft so manchem Wolfe begegnet, von den Ziegen und
Schafen u. f. w.
Nicht minder auffallend sind die Differenzen in der Körpergestalt, in den biologischen
Eigenheiten bei den frei lebenden Thieren, beim Hochwilde der Tieflandsauen und des
Gebirges, beim Rehwilde, bei der Wildkatze und zahlreichen anderen Formen. Noch
sinnenfälliger sind die Verfärbungen, dem Wechsel der Jahreszeit entsprechend: das
zweifache Kleid des Alpenhasen, das dreifache des Schneehuhns; während sich diese
Erscheinungen unschwer als Schutzeinrichtungen erkennen lassen, ist die Neigung der
alpinen Thiere, ein dunkleres Colorit anzunehmen, als ihren Vertretern in der Ebene
eigen ist, noch keineswegs erklärt. Bald glaubt man in den eigenthümliche» Temperatur-
verhältnissen die vornehmlichste Ursache erblicken zu sollen, bald in der ungenügenden
Insolation. Bekannt ist diese Dunkelfärbung von der Hochgebirgsvarietät unserer Kreuz-
otter, vom Alpensalamander (Lalamanära nlra), von der typischen Form der Gebirgs-
eidechse (1-acerta vivipara), von einigen Fischen (Salbling respective „Schwarzrenterl")
und ganz besonders verfolgt ist sie bei verschiedenen Jnsectenarteu.
Ziemlich allgemein unterscheidet mau drei „Kreise" oder „Regionen" der „Gebirgs-
fanna", die im Wesentlichen auch für die Verhältnisse der österreichisch-ungarischen
Monarchie Giltigkeit haben; als „Bergregion" bezeichnet man einen Höhengürtel von
812 bis 1.300 Meter über dem Meere, als „Alpenregion" einen Höhengürtel von
1.300 bis 2.275 Meter über dem Meere, als „Schneeregion" endlich einen solchen von
2.275 bis 4.550 Meter über dem Meere.
Die Übersichtlichkeit wird durch die Annahme einer größeren Zahl von Regionen
nur wenig gefördert, wiewohl zugegeben werden muß, daß die Grenzen der drei Regionen
sehr bedeutenden Schwankungen unterliegen und in der That Übergänge verschiedenster
Art bestehen.
Übersichtsband. 17
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch