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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band III
Seite - 336 -
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Tagebücher336 [Wien] 16. december Wir haben bisher einen ganz ausnahmsweise langen und schönen herbst gehabt, kein schnee, keine kälte, nur ein paarmahle fiel das thermometer momentan auf 4–5° unter null, meistentheils schöne, immer aber trockene tage. mein leben war diese Zeit über und ist noch gegenwärtig ein langweiliges einförmiges, interesseloses, meine stimmung trüb, meine elasticität gering wie vielleicht noch nie zuvor, ohne daß ich mir eigentlich den grund dieser low spirits anzugeben vermöchte, vielleicht steckt mich die stimmung rund um mich her an, obwohl ich sonst um so hoffnungsvoller war, je trostloser die leute um mich her, und trostlos sind sie wie noch nie zuvor, der materi- elle ruin hat sie aus dem taumel aufgerüttelt, welcher seit ein paar Jahren alle anderen gedanken in den hintergrund gedrängt hatte, und die Poli- tik fängt wieder an, ihr recht zu behaupten, da man einsieht, daß ohne sie selbst die blühendsten materiellen Zustände (und sie sind doch himmelweit davon entfernt, blühend zu seyn) keinen halt haben. Bruck schwindelt fort, setzt auch mitunter einzelne reductionen im Ausgabebudget durch, welche ohne eine durchgreifende systemsänderung weder Bestand noch Bedeutung haben, und dringt auf steuererhöhung, welche unter den jetzigen verhält- nissen, bey der gedrückten lage sämmtlicher erwerbszweige, bey den niede- ren fruchtpreisen, welche den grundbesitz ruiniren, das land vollends zu grunde richten würde, sein einfluß scheint für den Augenblick beym kaiser zu überwiegen und der Bachs abzunehmen, welcher letztere sich energisch gegen jede grundsteuererhöhung wehrt. Andererseits greift der kirchliche Zelotengeist immer mehr um sich, d.h. im hohen clerus, bey hofe und bey der regierung, alle klassen des Publikums hingegen, das militär, die Poli- zey etc. sind antiklerikaler als je, die Beamten und die niedere geistlichkeit schweigen, gehorchen, weil sie müssen, sind aber tief erbittert. Bach hält mit aller kraft an der kirchlichen Partey als einem nothanker fest. durch den Zeitungsstempel und die inseratensteuer will diese nun die Presse zu grunde richten1 und dann das unterrichtswesen wieder auf den vormärz- lichen Zustand zurückführen, damit noch das bischen licht verschwinde. in diesen beyden dingen: dem umsichgreifen der katholischen finsterlinge und der verfolgung der Presse liegt meiner Ansicht nach der keim der näch- 1 mit kaiserlicher verordnung v. 23.10.1857 und durchführungsverordnung des finanzmi- nisteriums v. 14.11.1857 wurde per 1.1.1858 der seit 1850 abgeschaffte Zeitungsstempel wieder eingeführt. Die Gebühr für jedes Exemplar von kautionspflichtigen periodischen druckschriften, also alle Zeitungen und politischen Journale, betrug einen kreuzer pro gedrucktem exemplar. die unbedruckten Bögen mussten vorab am finanzamt gestempelt werden und dieser stempel auf der titelseite jedes exemplars sichtbar sein. gleichzeitig wurde die inseratengebühr von 10 auf 15 kreuzer pro einschaltung erhöht.
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band III
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
III
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
476
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Tagebücher 1854–1858 7
  2. Literatur 359
  3. Kommentiertes Personenregister 373
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