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hindern, in loyaler Weise anzuerkennen, daß er immer ein versoffenes
Schwein gewesen ist. Ich hab’ nämlich eine unüberwindliche, auch durch Blut
nicht abzuwaschende Abneigung gegen die Leute, die sich bei den Juden
anfressen und schon auf der Treppe über sie zu schimpfen anfangen. Bis ins
Kaffeehaus kann man doch warten. Aber strengen Sie sich nicht weiter mit
dem Raten an, Heinrich Bermann soll der Glückliche sein.«
»Nicht möglich«, rief Georg.
»Warum?« fragte Eißler. »Einer wird’s ja doch schließlich werden.
Bermann ist zwar kein Adonis, aber er ist auf dem Wege zum Ruhm; und das
Gemisch von Herrenreiter und Athleten in höchster Vollendung, das sich Else
offenbar erträumt hat, wird sie ja doch kaum finden. Vierundzwanzig Jahre ist
sie indessen alt geworden, vor Salomons Taktlosigkeiten und Witzen dürfte
ihr auch schon genügend grausen… also… «
»Salomon?… ach ja… Ehrenberg«.
»Sie kennen ihn auch nur unter dem Namen ›S‹?… S. heißt natürlich
Salomon, und daß nur S. auf der Tafel an der Tür steht, ist eine Konzession,
die er den Seinen gemacht hat. Wenn es nach ihm ginge, möchte er am
liebsten zu den Gesellschaften, die Madame Ehrenberg gibt, im Kaftan und
mit den gewissen Löckchen erscheinen.«
»Sie glauben… ? Er ist doch nicht so fromm?«
»Fromm… o fröhlich! Mit der Frömmigkeit hat das allerdings nichts zu
tun. Es ist nur Bosheit, hauptsächlich gegen seinen Sohn Oskar mit den
feudalen Bestrebungen.«
»Ach so«, sagte Georg lächelnd. »Ist denn Oskar nicht schon längst
getauft? Er ist ja Reserveoffizier bei den Dragonern.«
»Ach darum… Nun, ich bin auch nicht getauft und trotzdem… Ja, es gibt
immer ein paar Ausnahmen… Mit einigem guten Willen… « Er lachte und
fuhr fort: »Was übrigens Oskar anbelangt, so möchte er gewiß lieber
katholisch sein. Aber das Vergnügen beichten gehen zu dürfen, käme ihm
vorläufig doch noch zu teuer zu stehen. Es wird wohl auch im Testament
vorgesehen sein, daß Oskar nicht überhüpft.«
Sie waren vor dem Café Imperial angelangt. Willy blieb stehen. »Ich habe
da ein Rendezvous mit Demeter Stanzides.«
»Grüßen Sie ihn, bitte.«
»Danke bestens. Kommen Sie nicht mit hinein, auf ein Eis?«
»Danke, ich bummle noch ein bißchen.«
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Der Weg ins Freie
- Titel
- Der Weg ins Freie
- Autor
- Arthur Schnitzler
- Datum
- 1908
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 306
- Schlagwörter
- Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
- Kategorien
- Weiteres Belletristik