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selbst ist es bisher erst gelungen, einen einzigen echten Antisemiten kennen
zu lernen. Ich kann Ihnen leider nicht verhehlen, lieber Herr Ehrenberg, daß
der ein bekannter Zionistenführer war.«
Ehrenberg hatte nur eine vielsagende Handbewegung.
Demeter Stanzides und Willy Eißler traten ein und verbreiteten sofort
lebhaften Glanz um sich. Leicht und prächtig, eher wie ein Kostüm, als wie
ein militärisches Kleid trug Demeter seine Uniform; Willy, in Smoking, stand
lang, blaß und übernächtig da, hatte sofort die Führung des Gesprächs in der
Hand und seine Stimme, angenehm heiser, schwirrte befehlshaberisch und
liebenswürdig zugleich durch die Luft. Er erzählte von den Vorbereitungen zu
einer Aristokratenvorstellung, der er, wie schon im vorigen Jahr, als Berater,
Regisseur und Mitwirkender beigezogen war, schilderte eine Sitzung der
jungen Herren, in der es, wenn man ihm glauben durfte, zugegangen war wie
in einer Versammlung von Schwachsinnigen, und gab ein komisches
Gespräch zwischen zwei Komtessen zum besten, deren Redeweise er köstlich
zu imitieren wußte. Ehrenberg war durch Willy Eißler immer sehr amüsiert.
Die dunkle Empfindung, daß dieser ungarische Jude die ganze, ihm
persönlich so verhaßte, Feudalbande in irgend einer Weise überlistete und
zum Narren hielt, erfüllte ihn mit Hochachtung für den jungen Mann.
Else saß am kleinen Tisch in der Ecke mit Demeter und ließ sich über
die Isle of Wight berichten.
»Sie waren mit Ihrem Freund dort?« fragte sie, »nicht wahr, mit dem
Prinzen Karl Friedrich.«
»Mein Freund der Prinz?… das stimmt nicht ganz, Fräulein Else. Der Prinz
hat keinen Freund, und ich hab keinen. Wir sind beide nicht von der Art.«
»Er muß ein interessanter Mensch sein, nach allem, was man hört.«
»Interessant, weiß ich nicht einmal. Jedenfalls hat er über mancherlei
nachgedacht, worüber seinesgleichen sich sonst nicht viel Gedanken zu
machen pflegen. Vielleicht hätte er auch allerlei leisten können, wenn man ihn
hätte gewähren lassen. Na, wer weiß, es ist vielleicht besser für ihn, daß sie
ihn kurz gehalten haben, – für ihn und am End auch fürs Land. Einer allein
kann ja doch nichts machen. Nirgends und nie. Da ist’s schon am besten, man
laßts gehen und zieht sich zurück, wie er’s getan hat.«
Else sah ihn etwas befremdet an. »Sie sind ja heute so philosophisch, was
ist denn das? Mir scheint, der Willy Eißler hat Sie verdorben.«
»Der Willy mich?«
»Ja wissen Sie, Sie sollten nicht mit so gescheiten Leuten verkehren.«
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Der Weg ins Freie
- Titel
- Der Weg ins Freie
- Autor
- Arthur Schnitzler
- Datum
- 1908
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 306
- Schlagwörter
- Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
- Kategorien
- Weiteres Belletristik