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Der Weg ins Freie
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»Aber wenn Ihnen… wenn Ihnen sehr viel daran gelegen wäre… wenn Sie es direkt verlangten… gäbe die junge Dame nicht vielleicht die Karriere auf?« »Möglich. Aber ich verlange es nicht. Ich will es nicht verlangen. Nein. Lieber Schmerzen als Verantwortungen.« »Wäre es denn eine so große Verantwortung?« fragte Georg. »Ich meine nämlich… ist das Talent der jungen Dame so hervorragend, hängt sie überhaupt so sehr an ihrer Kunst, daß es ihr ein Opfer wäre, wenn sie die Sache aufgäbe?« »Ob sie Talent hat?« sagte Heinrich, »ja das weiß ich selbst nicht. Ich glaube sogar, sie ist das einzige Geschöpf auf der ganzen Welt, über dessen Talent ich mir ein Urteil nicht zutraue. So oft ich sie auf der Bühne gesehen habe, hat mir ihre Stimme geklungen wie die einer Unbekannten und gleichsam ferner als alle andern Stimmen. Es ist wirklich ganz merkwürdig… Aber Sie haben sie ja auch spielen gesehen, Georg. Was hatten Sie für einen Eindruck? Sagen Sie es mir ganz aufrichtig.« »Ja, offen gestanden… ich erinnere mich nicht recht an sie. Sie entschuldigen, ich wußte ja damals noch nicht… Wenn Sie von ihr reden, da seh ich immer so einen rotblonden Schopf vor mir, der ein bißchen in die Stirne fällt, – und in einem kleinen, blassen Gesicht sehr große, schwarze, herumirrende Augen.« »Ja, irrende Augen«, wiederholte Heinrich, biß sich auf die Lippen und schwieg eine Weile. »Leben Sie wohl«, sagte er dann plötzlich. »Sie schreiben mir doch?« fragte Georg. »Ja natürlich. Und übrigens komm ich wohl einmal wieder«, setzte er hinzu und lächelte starr. »Glückliche Reise«, sagte Georg, reichte ihm die Hand und drückte sie mit besonderer Herzlichkeit. Das tat Heinrich wohl. Dieser warme Händedruck gab ihm plötzlich nicht nur die Sicherheit, daß Georg ihn nicht lächerlich fand, sondern merkwürdigerweise auch die, daß die ferne Geliebte ihm treu und daß er selbst ein Mensch sei, dem mehr erlaubt war als manchem andern. Georg sah ihm nach, wie er auf seinem Rad eiligst davonfuhr. Wieder, wie vor wenigen Stunden bei Leos Abschied, hatte er die Empfindung, als entschwände ihm einer in ein unbekanntes Land; und in diesem Augenblick wußte er, daß er mit keinem von den beiden bei aller Sympathie jemals zu einer unbefangenen Vertrautheit gelangen werde, wie sie ihn noch im vorigen Jahre mit Guido Schönstein und vorher mit dem armen Labinski verbunden hatte. Er dachte darüber nach, ob das vielleicht in dem Rassenunterschied zwischen ihm und jenen begründet sein mochte und fragte sich, ob er, ohne 91
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Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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