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der Detmolder Geschichte was werden wird? dachte er. Nun, ist es nicht
Detmold, so ist es irgendeine andre Stadt. Jedenfalls wird es nun ernst. Und
vieles, vieles wird bis dahin hinter mir liegen. Er versuchte in Ruhe zu
überlegen. Wie wird das alles nur werden? Nun haben wir Ende Dezember.
Im März müßten wir fort – spätestens… Man wird uns für ein Ehepaar halten.
Ich werde Arm in Arm mit ihr spazieren gehen, in Rom, am Posilipp, in
Venedig… Es gibt Frauen, die sehr häßlich werden in diesem Zustand… Sie
nicht, nein, sie nicht… Immer hatte sie so was Mütterliches in ihrem
Aussehen… Im Sommer wird sie in irgendeiner stillen Gegend wohnen, wo
niemand sie kennt… Im Thüringer Wald vielleicht, oder am Rhein… Wie
sonderbar sie das heute sagte: das Haus, in dem das Kind zur Welt kommen
wird, das existiert schon. Ja!… Irgendwo in der Ferne, oder vielleicht auch
ganz nah steht dieses Haus – und Leute wohnen drin, die wir nie gesehen
haben. Wie seltsam… Wann wird es zur Welt kommen? Im Spätsommer…
Anfangs September ungefähr. In dieser Zeit werde ich am Ende schon fort
sein müssen. Wie werd ich das nur machen?… Und heut ein Jahr ist das
kleine Wesen schon vier Monate alt. Es wird aufwachsen… groß werden.
Eines schönen Tags ist ein junger Mann da, mein Sohn. Oder ein junges
Mädchen. Ein schönes Mädchen von siebzehn Jahren, meine Tochter… Dann
bin ich vierundvierzig… Mit sechsundvierzig kann ich Großvater sein…
Vielleicht auch Direktor einer Opernbühne und ein berühmter Komponist,
trotz Elses Prophezeiungen. Aber dazu muß man arbeiten, das ist schon wahr.
Mehr als ich es bisher getan habe. Else hat recht, ich laß mich zu sehr gehen.
Das muß anders werden… Es wird auch. Ich fühle ja, wie es in mir sich regt.
Ja – auch in mir regt es sich.
Von der Heugasse her kam ein Wagen, jemand beugte sich aus dem Fenster.
Unter dem weißen Shawl erkannte Georg Annas Antlitz. Er war sehr froh,
stieg zu ihr ein und küßte ihr die Hand. Sie plauderten vergnügt, spotteten ein
wenig über die Gesellschaft, aus der sie eben kamen, und fanden es im
Grunde lächerlich, einen Abend in so leerer Weise hinzubringen. Er hielt ihre
Hände in den seinen und war ergriffen von ihrer Gegenwart. Vor ihrem Hause
stieg er aus und klingelte, dann trat er zu dem offenen Wagenschlag, und sie
verabredeten ein Wiedersehen für den nächsten Tag. »Ich glaube, wir haben
manches zu besprechen«, sagte Anna. Er nickte nur. Das Haustor wurde
geöffnet, sie stieg aus dem Wagen, ließ einen innigen Blick auf Georg ruhen
und verschwand im Flur.
Geliebte, dachte Georg mit einem Gefühl von Glück und Stolz. Das Leben
lag vor ihm, als etwas ernst-geheimnisvolles, voll Aufgaben und Wundern.
Als er ins Kaffeehaus trat, saß Heinrich in einer Fensternische, neben ihm
ein sehr junger, bartloser, grünlich blasser Mensch, den Georg schon einige
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Der Weg ins Freie
- Titel
- Der Weg ins Freie
- Autor
- Arthur Schnitzler
- Datum
- 1908
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 306
- Schlagwörter
- Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
- Kategorien
- Weiteres Belletristik