Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Der Weg ins Freie
Seite - 114 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 114 - in Der Weg ins Freie

Bild der Seite - 114 -

Bild der Seite - 114 - in Der Weg ins Freie

Text der Seite - 114 -

der Detmolder Geschichte was werden wird? dachte er. Nun, ist es nicht Detmold, so ist es irgendeine andre Stadt. Jedenfalls wird es nun ernst. Und vieles, vieles wird bis dahin hinter mir liegen. Er versuchte in Ruhe zu überlegen. Wie wird das alles nur werden? Nun haben wir Ende Dezember. Im März müßten wir fort – spätestens… Man wird uns für ein Ehepaar halten. Ich werde Arm in Arm mit ihr spazieren gehen, in Rom, am Posilipp, in Venedig… Es gibt Frauen, die sehr häßlich werden in diesem Zustand… Sie nicht, nein, sie nicht… Immer hatte sie so was Mütterliches in ihrem Aussehen… Im Sommer wird sie in irgendeiner stillen Gegend wohnen, wo niemand sie kennt… Im Thüringer Wald vielleicht, oder am Rhein… Wie sonderbar sie das heute sagte: das Haus, in dem das Kind zur Welt kommen wird, das existiert schon. Ja!… Irgendwo in der Ferne, oder vielleicht auch ganz nah steht dieses Haus – und Leute wohnen drin, die wir nie gesehen haben. Wie seltsam… Wann wird es zur Welt kommen? Im Spätsommer… Anfangs September ungefähr. In dieser Zeit werde ich am Ende schon fort sein müssen. Wie werd ich das nur machen?… Und heut ein Jahr ist das kleine Wesen schon vier Monate alt. Es wird aufwachsen… groß werden. Eines schönen Tags ist ein junger Mann da, mein Sohn. Oder ein junges Mädchen. Ein schönes Mädchen von siebzehn Jahren, meine Tochter… Dann bin ich vierundvierzig… Mit sechsundvierzig kann ich Großvater sein… Vielleicht auch Direktor einer Opernbühne und ein berühmter Komponist, trotz Elses Prophezeiungen. Aber dazu muß man arbeiten, das ist schon wahr. Mehr als ich es bisher getan habe. Else hat recht, ich laß mich zu sehr gehen. Das muß anders werden… Es wird auch. Ich fühle ja, wie es in mir sich regt. Ja – auch in mir regt es sich. Von der Heugasse her kam ein Wagen, jemand beugte sich aus dem Fenster. Unter dem weißen Shawl erkannte Georg Annas Antlitz. Er war sehr froh, stieg zu ihr ein und küßte ihr die Hand. Sie plauderten vergnügt, spotteten ein wenig über die Gesellschaft, aus der sie eben kamen, und fanden es im Grunde lächerlich, einen Abend in so leerer Weise hinzubringen. Er hielt ihre Hände in den seinen und war ergriffen von ihrer Gegenwart. Vor ihrem Hause stieg er aus und klingelte, dann trat er zu dem offenen Wagenschlag, und sie verabredeten ein Wiedersehen für den nächsten Tag. »Ich glaube, wir haben manches zu besprechen«, sagte Anna. Er nickte nur. Das Haustor wurde geöffnet, sie stieg aus dem Wagen, ließ einen innigen Blick auf Georg ruhen und verschwand im Flur. Geliebte, dachte Georg mit einem Gefühl von Glück und Stolz. Das Leben lag vor ihm, als etwas ernst-geheimnisvolles, voll Aufgaben und Wundern. Als er ins Kaffeehaus trat, saß Heinrich in einer Fensternische, neben ihm ein sehr junger, bartloser, grünlich blasser Mensch, den Georg schon einige 114
zurück zum  Buch Der Weg ins Freie"
Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Weg ins Freie