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sich Felician und hörte ruhig zu. Georg nannte ihm den Namen seiner
Geliebten, sprach von ihr in guten und innigen Worten und erbat sich von
Felician, daß er sich der Mutter und des Kindes annähme für den Fall, daß
ihm, Georg, in der nächsten Zeit etwas Menschliches zustieße. Was von
seinem Vermögen noch vorhanden wäre, hinterließe er selbstverständlich dem
Kind, der Mutter fiele die Nutznießung bis zu des Kindes Volljährigkeit zu.
Als Georg zu Ende war, sagte Felician nach kurzem Schweigen lächelnd:
»Na, du hast ja gegründete Hoffnung, von deiner Reise ebenso gesund und
wohl zurückzukommen, als ich aus Afrika, und so hat unsere Besprechung
wohl nur akademische Bedeutung.«
»Das hoff ich natürlich auch. Aber es ist mir jedenfalls eine Beruhigung,
Felician, daß du nun eingeweiht bist und ich nach jeder Richtung hin
unbesorgt sein kann.«
»Ja natürlich, das kannst du.« Er reichte dem Bruder die Hand. Dann stand
er auf, ging im Zimmer auf und ab. Endlich fragte er: »Zu legitimieren denkst
du deine Beziehungen nicht?«
»Vorläufig nein. Was die Zukunft bringt, kann man ja nicht wissen.«
Felician blieb stehen. »Na ja… «
»Du wärst dafür, daß ich heirate?« rief Georg mit einigem Erstaunen aus.
»Durchaus nicht.«
»Felician, ich bitte dich, sei aufrichtig!«
»Weißt du, in solche Geschichten soll man niemandem drein reden, auch
seinem Bruder nicht.«
»Aber wenn ich dich bitte, Felician. Mir komme vor, als gefiele dir irgend
etwas an der Geschichte nicht.«
»Ja, siehst du Georg… du wirst mich ja nicht mißverstehen… ich weiß
natürlich, daß du nicht daran denkst, sie im Stich zu lassen, im Gegenteil, ich
bin sogar überzeugt, daß du dich in jeder Beziehung viel nobler benehmen
wirst, als irgendein Mensch an deiner Stelle. Aber, die Frage ist doch
eigentlich die: hättest du dich in die Sache eingelassen, wenn du dir die
Folgen nach allen Seiten hin überlegt hättest?«
»Ja das ist freilich schwer zu beantworten«, sagte Georg.
»Ich meine ganz einfach: Hast du die Absicht gehabt… nicht sie zu deiner
Lebensgefährtin zu machen, aber ein Kind mit ihr zu haben?«
»Gott, wer denkt daran? Wenn man es so absolut hätte vermeiden
wollen –.«
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Der Weg ins Freie
- Titel
- Der Weg ins Freie
- Autor
- Arthur Schnitzler
- Datum
- 1908
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 306
- Schlagwörter
- Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
- Kategorien
- Weiteres Belletristik