Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Der Weg ins Freie
Seite - 142 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 142 - in Der Weg ins Freie

Bild der Seite - 142 -

Bild der Seite - 142 - in Der Weg ins Freie

Text der Seite - 142 -

»Wofür dankst du mir, du bist komisch Georg.« Sie reichten sich die Hände, und dann küßten sie einander, was schon seit langer Zeit nicht geschehen war. Und Georg beschloß, sein Kind, wenn es ein Knabe sein sollte, Felician zu nennen, und er freute sich der guten Vorbedeutung im Glücksklang dieses Namens. Nach des Bruders Abreise fühlte sich Georg so verlassen, als hätte er nie einen andern Freund gehabt. Der Aufenthalt in der großen, einsamen Wohnung, wo ihm eine ähnliche Stimmung zu lasten schien, wie in der ersten Zeit nach dem Tode des Vaters, machte ihn beinahe traurig. Die Tage, die noch bis zur Abreise verstreichen mußten, empfand er als Übergangszeit, mit der nichts rechtes mehr anzufangen war. Die Stunden mit der Geliebten im Zimmer der Kirche gegenüber wurden farblos und öde. Mit Anna selbst schien nun auch seelisch eine Veränderung vorzugehen. Sie war manchmal reizbar, dann wieder schweigsam, fast melancholisch, und oft überkam Georg im Zusammensein mit ihr eine solche Langeweile, daß ihm vor den nächsten Monaten, in denen sie ganz aufeinander angewiesen sein sollten, geradezu bange wurde. Wohl versprach die Reise an sich Abwechslung genug. Aber wie sollte es in den spätern Monaten werden, die man ruhig irgendwo in der Nähe Wiens zu verbringen genötigt war? Er mußte auf eine Gesellschaft für Anna bedacht sein. Noch zögerte er mit ihr davon zu sprechen, als Anna selbst ihm mit einer Neuigkeit entgegenkam, die jene Schwierigkeit und zugleich eine andre auf die einfachste Weise zu beheben geeignet war. In der letzten Zeit, insbesondere seit Anna ihre Lektionen allmählich aufgegeben, hatte sie sich Theresen wieder näher angeschlossen, ihr alles anvertraut; und so war bald auch Theresens Mutter mit im Geheimnis. Diese nun kam Anna gütiger entgegen als die eigene Mutter, die nach einem kurzen Aufflackern des Verständnisses sich von der schuldigen Tochter gekränkt und schwermütig abgeschlossen hatte. Frau Golowski erklärte sich nicht nur bereit bei Anna auf dem Lande zu wohnen, sondern versprach auch, das kleine Haus, das Georg nicht hatte entdecken können, während das junge Paar fern war, ausfindig zu machen. So sehr diese Bereitwilligkeit Georgs Bequemlichkeit entgegenkam, es war ihm doch ein wenig peinlich, dieser fremden, alten Frau verpflichtet zu sein; und daß gerade sie, die Mutter Leos, und der Vater Bertholds dazu bestimmt waren, an einem so wichtigen Erlebnis Annas so bedeutenden Anteil zu nehmen, wollte ihm in verstimmten Augenblicken beinahe lächerlich erscheinen. Drei Tage vor der Abreise, an einem schönen März-Nachmittag, machte Georg seinen Abschiedsbesuch bei Ehrenbergs. Seit jenem Weihnachtsfeiertage hatte er sich nur selten oben blicken lassen, und seine Gespräche mit Else waren seither durchaus harmlos geblieben. Wie einem 142
zurück zum  Buch Der Weg ins Freie"
Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Weg ins Freie