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Der Weg ins Freie
Seite - 157 -
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auch jetzt, während er die Seeluft eintrank, sich von einem fremd-vertrauten Himmel überblauen ließ, das Vergnügen des Entrückt- und Alleinseins genoß, klopfte ihm das Herz, wenn er an die Wälder und Hügel um Wien, an die Ringstraße, den Klub, an sein großes Zimmer mit der Aussicht auf den Stadtpark dachte. Und es wäre ihm ein banges Gefühl gewesen, wenn sein Kind nicht in Wien zur Welt hätte kommen sollen. Plötzlich fiel ihm ein, daß ja heute wieder eine Nachricht von Frau Golowski da sein müsse, so wie manche andre Nachricht aus Wien, und so beschloß er noch vor der Rückkehr ins Hotel den Umweg über die Post zu nehmen. Denn, wie während der ganzen Reise, ließ er sich auch hier die Briefe nicht ins Hotel senden, weil er sich auf diese Weise freier gegenüber allen Zufälligkeiten fühlte, die von außen kommen mochten. Man schrieb ihm nicht eben viel aus Wien. Am meisten, bei aller Kürze, stand noch in den Briefen Heinrichs, was, wie Georg wohl fühlte, weniger einem besonderen Mitteilungsbedürfnis des Dichters zu danken war, als dem Umstand, daß es zu dessen Beruf gehörte, den Sätzen, die er schrieb, Lebenshauch einzuflößen. Die Briefe Felicians waren so kühl, als hätte er ganz jenes letzten innigeren Gespräch in Georgs Zimmer und des Bruderkusses vergessen, mit dem sie geschieden waren… Er mochte wohl vermuten, dachte Georg, daß seine Briefe auch von Anna gelesen wurden, und sich nicht veranlaßt fühlen, diese fremde Dame in seine Privatverhältnisse und Privatgefühle Einblick nehmen zu lassen. Nürnberger hatte Georgs Kartengrüße ein paarmal kurz erwidert, und auf einen Brief aus Rom, in dem Georg herzlich der gemeinsamen Spaziergänge im Vorfrühling gedacht, hatte Nürnberger mit ironisch entschuldigenden Worten sein Bedauern ausgesprochen, daß er auf jenen Wanderungen Georg so viel von seinen eigenen Familienverhältnissen erzählt hatte, die den andern doch absolut nicht interessieren konnten. Vom alten Eißler war ein Brief nach Neapel gelangt, der berichtete, daß eine Vakanz an der Detmolder Hofbühne im nächsten Jahre wohl nicht vorauszusehen, daß Georg aber durch den Grafen Malnitz eingeladen wäre, als erwünschter Gast den Proben und Vorstellungen anzuwohnen, bei welcher Gelegenheit sich vielleicht ein näheres Verhältnis für die Zukunft anbahnen ließe. Georg hatte höflich gedankt, war aber vorläufig wenig geneigt, auf eine so vage Aussicht hin in der fremden Stadt längern Aufenthalt zu nehmen, und entschlossen gleich nach seinem Eintreffen in Wien sich nach einer sichern Stellung umzusehen. Sonst klang persönlich zu ihm aus der Heimat nichts herüber. Die ihm zugedachten Grüße, die Frau Rosner sich verpflichtet fühlte, den Briefen an die Tochter beizufügen, drangen nicht an sein Herz, trotzdem sie in der letzten Zeit nicht mehr an den »Herrn Baron«, sondern an »Georg« gerichtet waren. Er fühlte ja doch, daß die Eltern Annas einfach hinnahmen, was sie nicht ändern konnten, daß sie aber im Innersten gedrückt und ohne die 157
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Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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