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Der Weg ins Freie
Seite - 174 -
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Georg erinnerte sich plötzlich wie einer vollkommen vergessenen und höchst merkwürdigen Sache, daß Therese Leos Schwester war. Ob der wußte, daß sie hier, und mit wem sie hier war? Demeter nagte etwas nervös an seinen Lippen. »Da ist nämlich ein antisemitischer Oberleutnant«, sagte Therese, »der ihn auf eine besonders niederträchtige Art seckiert, weil er spürt, wie Leo ihn verachtet.« Georg nickte. Er wußte ja davon. »Liebes Kind«, sagte Demeter, »wie ich schon mehrere Male erwähnte, mir stimmt in der Sache etwas nicht. Ich kenne zufällig den Oberleutnant Sefranek und versichre dich, es ist mit ihm auszukommen. Er ist nicht besonders gescheit, und daß er für die Israeliten keine Vorliebe hat, mag auch richtig sein, aber schließlich muß man doch sagen, es gibt sogenannte antisemitische Schimpfwörter, die gar keine Bedeutung haben, die von Juden meiner Erfahrung nach ebensoviel angewendet werden wie von Christen. Und dein Herr Bruder leidet da entschieden an einer krankhaften Empfindlichkeit.« »Empfindlichkeit ist nie krankhaft«, entgegnete Therese. »Nur Unempfindlichkeit ist eine Krankheit und zwar die widerwärtigste, die ich kenne. Ich stimme bekanntlich mit meinem Bruder, das wissen Sie am besten, Georg, in meinen politischen Anschauungen so wenig überein als möglich, mir sind jüdische Bankiers geradeso zuwider wie feudale Großgrundbesitzer, und orthodoxe Rabbiner geradeso zuwider wie katholische Pfaffen. Aber wenn sich jemand über mich erhaben fühlte, weil er einer andern Konfession oder Rasse angehört als ich, und gar im Bewußtsein seiner Übermacht mich diese Erhabenheit fühlen ließe, ich würde so einen Menschen… also ich weiß nicht, was ich ihm täte. Aber jedenfalls würd ich den Leo begreifen, wenn er bei der nächsten Gelegenheit diesem Herrn Sefranek ins Gesicht springt.« »Mein liebes Kind«, sagte Demeter, »wenn du nur den geringsten Einfluß auf deinen Bruder hast, so solltest du diesen Gesichtssprung um jeden Preis zu verhindern suchen. Meiner Ansicht nach bleibt es doch bei einem solchen Fall das beste, den anständigen, das heißt den vorschriftsmäßigen Weg einzuschlagen. Es ist nämlich gar nicht wahr, daß damit nichts erreicht wird, die obern Chargen sind meistens ruhige, jedenfalls korrekte Persönlichkeiten und… « »Aber das hat ja der Leo längst getan… schon im Februar. Er ist beim Obersten gewesen, der Oberst war sogar sehr nett zu ihm und hat, wie aus verschiedenen Anzeichen hervorgeht, dem Oberleutnant sehr ins Gewissen geredet; nur daß es leider nicht das geringste genützt hat, im Gegenteil. Bei 174
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Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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