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Der Weg ins Freie
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Tod wäre! Er erschrak aufs tiefste, als hätte er mit diesem Gedanken eine Schuld auf sich geladen. Und im Geist sah er Anna daliegen, das Bahrtuch bis übers Kinn gezogen, und sah das Licht des Tags und der Kerzen über ihr wachsbleiches Antlitz rinnen. Angstvoll beinahe wandte er sich um, wie um sich zu vergewissern, daß sie da war und lebte. Im Dunkel verschwammen ihm die Züge ihres Gesichts, was ihn erschauern machte. Er blieb mit dem Doktor stehen, bis Anna mit Heinrich herangekommen war. Er war glücklich, sie so nah zu haben. »Jetzt wirst du aber doch schon müd sein«, sagte er zu ihr in zärtlichstem Tone. »Mein Pensum hab ich allerdings für heute redlich absolviert«, erwiderte sie. »Im übrigen«, und sie wies zur Veranda hin, wo auf dem gedeckten Tisch die Lampe mit dem grünen Papierschirm stand, »wird auch das Nachtmahl gleich da sein. Es wär hübsch, Herr Doktor, wenn Sie bei uns blieben, ja?« »Leider, liebes Kind, ist es mir nicht möglich. Ich sollte schon längst wieder in der Stadt sein. Grüßen Sie die Frau Golowski von mir. Auf Wiedersehen. Adieu Herr Bermann. Na«, fügte er hinzu, »wird man bald wieder etwas Schönes von Ihnen zu hören oder zu lesen bekommen?« Heinrich zuckte die Achseln, lächelte gesellschaftlich und schwieg. Warum, dachte er, werden sogar die besterzogenen Menschen meistens taktlos, wenn sie mit unsereinem zusammenkommen? Frag ich ihn nach seinen Angelegenheiten? Der Arzt sprach noch mit einigen Worten Heinrich seine Teilnahme an des alten Bermann Tod aus. Er erinnerte sich an dessen berühmt gewordene Rede gegen die Einführung der tschechischen Gerichtssprache in gewissen böhmischen Bezirken. Damals war es an einem Haar gehangen, daß der jüdische Provinzadvokat Justizminister geworden wäre. Ja, die Zeiten hatten sich geändert. Heinrich horchte auf. Das ließ sich am Ende für die politische Komödie verwenden. Doktor Stauber verabschiedete sich, Georg begleitete ihn zum Wagen, der draußen wartete, und benutzte die Gelegenheit, einige Fragen medizinischer Natur an den Arzt zu richten. Dieser konnte ihn in jeder Hinsicht beruhigen. »Nur schade«, schloß er, »daß die Umstände es Anna nicht gestatten, das Kind selbst zu stillen.« Georg stand gedankenvoll. Ihr konnte es doch nicht schaden?… Höchstens dem Kind. Oder auch ihr?… Er fragte den Arzt. »Was sollen wir davon reden, wenn es ja doch nicht geht, lieber Baron. Na, machen Sie sich keine Sorgen«, setzte er hinzu und hatte den einen Fuß schon 202
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Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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