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vom 21.12.2019, aktuelle Version,

Karl Lueger

Karl Lueger (1897)

Karl Lueger [luˈeːɡɐ] (* 24. Oktober 1844 in Wieden (heute Wien); † 10. März 1910 in Wien) war ein österreichischer Politiker und von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister.

Leben

Ehemalige Gedenktafel an der Geburtsstätte von Karl Lueger. Ansicht aus dem Jahr 2014. Bei Renovierungsarbeiten im Herbst 2015 versehentlich übermalt [1]
Ansicht dieser Gedenktafel im Jahr 2017 nach Anbringung einer Informationstafel

Karl Lueger wurde in Wieden als Sohn des aus Neustadtl an der Donau stammenden Leopold Lueger und dessen Frau Juliane geboren. Sein Geburtshaus befindet sich am heute westlichen Teil des Hauptgebäudes der Technischen Universität am Karlsplatz, wo Luegers Vater als Saaldiener am Wiener Polytechnikum arbeitete. Lueger stammte aus ärmlichen Verhältnissen und besuchte die Theresianische Ritterakademie (das heutige Theresianum) in Wien als Externer. Er studierte danach Rechtswissenschaft und wurde 1870 zum Dr. jur. utr. promoviert. Er war Mitglied der katholischen Studentenverbindung KaV Norica Wien im CV.

Ab 1874 war Lueger als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei tätig und galt als Anwalt der „kleinen Leute“. Dem Vorbild des jüdischen Arztes und Bezirkspolitikers Ignaz Mandl folgend, der in Luegers Wohnbezirk Landstraße als Abgott der „kleinen Leute“ galt, ging Lueger in die Politik.

Karl Lueger in historischem Kostüm mit Gnadenmedaille (Gemälde von Hermann Nigg, 1876)
Ball im Wiener Rathaus mit Bürgermeister Karl Lueger (Gemälde von Wilhelm Gause, 1904)

Frühe politische Laufbahn

Von 1875 bis 1876 und von 1878 bis 1910 war er Wiener Gemeinderat. 1885 und 1891 wurde er für den fünften Bezirk Wiens in den Reichsrat gewählt. Seit 1890 saß er im Landtag von Niederösterreich.

Er bereitete mit Karl von Vogelsang, Aloys von Liechtenstein und dem Theologen Franz Martin Schindler den 2. Österreichischen Katholikentag (1889) vor. Daraus entwickelten sich die „Enten-Abende“, benannt nach den regelmäßigen Diskussionsrunden im Hotel „Zur Goldenen Ente“, Riemergasse 4 im 1. Bezirk.

1888 schlossen sich Deutschnationale und Christlichsoziale bei den Wiener Gemeinderatswahlen zu einer Wahlgemeinschaft zusammen, die später als „Vereinigte Christen“ bekannt wurde. Auffallend an dieser Bewegung war das starke Hervortreten des niederen Klerus. Die soziale Frage, die Existenzmöglichkeit der Kleingewerbetreibenden beschäftigte das Denken dieser jungen Kapläne. Sie glaubten, die soziale Frage durch eine Lösung der „Judenfrage“ klären zu können. Eine Verbesserung der Lebenslage der Handwerker war für sie nur durch eine antijüdische Gesetzgebung gegenüber den Wiener Juden zu bewerkstelligen.

Der Führer dieser neuen antisemitischen Partei wurde Karl Lueger, der sich ab 1887 endgültig zum Antisemitismus bekannte. 1893 gründete er die österreichische Christlichsoziale Partei (CS). Die CS verknüpfte, gestützt auf das kleine und mittlere Bürgertum, reformerische Ziele mit antisemitischen und antiliberalen Parolen. Lueger, der ursprünglich vom Liberalismus her kam, gründete die Christlichsoziale Partei als moderne Massenpartei des durch Industrialisierung und Wanderungsbewegungen verunsicherten Wiener Kleinbürgertums und erlangte mit seiner antikapitalistischen und antisemitischen Rhetorik bei diesem breite Popularität.

Bürgermeister von Wien

Lueger war von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister. Seine Amtszeit ist gekennzeichnet durch zahlreiche (im Wesentlichen kreditfinanzierte) kommunale Großprojekte, etwa die II. Wiener Hochquellenwasserleitung, Kommunalisierung der Gas- und Elektrizitätsversorgung sowie der Straßenbahnen, Bau von großen Sozialeinrichtungen wie dem Versorgungsheim Lainz oder dem Psychiatrischen Krankenhaus am Steinhof. Lueger bediente sich allerdings massiver antisemitischer Propaganda, um mittels seiner Fünf-Gulden-Männer unter Bedingungen eines Zensuswahlrechts Wahlen zu gewinnen.

1895 wurde Lueger zunächst Vizebürgermeister der Stadt Wien unter Bürgermeister Raimund Grübl und später, als Grübl sein Amt niederlegte, dessen Nachfolger. Lueger hatte hierzu schon am 29. Mai die nötige Mehrheit (70 Stimmen), lehnte die Wahl aber ab. Der Gemeinderat wurde aufgelöst, womit auch Luegers Ratsmandat erlosch. Nach einer agitativen Kampagne wurde Lueger aber wieder in den Rat und am 29. Oktober mit nunmehr 93 Stimmen auch zum Bürgermeister Wiens gewählt.[2] Nachdem Kaiser Franz Joseph I., der die Gleichberechtigung aller Bürger unter einem Bürgermeister Lueger nicht gewährleistet sah, die erforderliche Bestätigung verweigert hatte, stimmte der Rat am 13. November erneut mit deutlicher Mehrheit für Lueger. Der Kaiser blieb auf Anraten von Ministerpräsident Kasimir Felix Badeni, hohen Aristokraten und seiner Freundin Katharina Schratt jedoch bei seiner Ablehnung, und zwar auch, als nach erneuter Auflösung des Rates Lueger am 18. April 1896 ein weiteres Mal zum Bürgermeister gewählt wurde. Nach einer Audienz beim Kaiser am 27. April verzichtete er jedoch auf das Amt. Der am 6. Mai gewählte Josef Strobach wurde vom Kaiser bestätigt, Lueger fand als Vizebürgermeister Zustimmung. Am 8. April 1897 wurde Lueger erneut zum Bürgermeister gewählt. Erst nach der Bitte Papst Leos XIII., Lueger ins Amt zu berufen, gab der Monarch schließlich am 16. April 1897 sein Einverständnis. Anlässlich dieses Einverständnisses wurden kleine Medaillen geprägt.

Medaille auf die Bestätigung Luegers durch Franz Joseph
Rückseite der Medaille

In der Folge etablierten Lueger und seine Gefolgsleute ein effizientes kommunales Machtsystem, das auch stark auf Ämterpatronage beruhte.

Wien, Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus (früher: Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche)

In Luegers Zeit als Bürgermeister fallen wesentliche Reformen und Bauvorhaben der Stadtverwaltung, mit denen Wien auf seine geplante Funktion als europäische Metropole von etwa vier Millionen Einwohnern vorbereitet werden sollte. Durch den Zerfall der Habsburgermonarchie und die darauf folgende Schrumpfung der Wiener Bevölkerung wirkten die entsprechenden Vorhaben noch Jahrzehnte nach und trugen zu einem „Lueger-Kult“ bei, der in den Kreisen seiner Anhänger gepflegt wurde. Nach Luegers frühzeitigem Tod als Folge der Zuckerkrankheit reduzierte sich allerdings die Popularität seiner Bewegung erheblich. Lueger hatte seine Wahlerfolge in Wien auch einem ungleichen Kurien- und Zensuswahlrecht zu verdanken. Noch vor dem Ersten Weltkrieg errang die von Lueger stets erbittert bekämpfte Sozialdemokratie die absolute Mehrheit der Stimmen in Wien, blieb aber aus Gründen des Wahlrechts bis 1919 von der kommunalen Regierungsverantwortung ausgeschlossen.

Nach Karl Luegers Tod nahmen hunderttausende Österreicher, darunter auch Adolf Hitler, an seiner Beisetzung teil. Lueger liegt in der Kirchengruft 6 der so genannten „Bürgermeistergruft“ der Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus (früher: Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche) auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben.

Antisemitismus als Programm

Lueger wird neben Karl Hermann Wolf und Georg von Schönerer als einer der Politiker gesehen, von denen sich der junge Hitler das politische Handwerk abgeschaut hat.[3] Obwohl Lueger sich als Christsozialer kaisertreu gab, verhinderte Kaiser Franz Joseph viermal Luegers Ernennung im Amt als Bürgermeister wegen dessen Radau-Antisemitismus.[3]

Antisemitisches Wahlplakat der Christlichsozialen Partei bei der Nationalratswahl 1920.
Karl Lueger mit Bürgermeisterkette ( Alois Delug um 1900)

Lueger spielte geschickt einzelne Zuwanderergruppen gegeneinander aus – so konzentrierte er seine feindselige Rhetorik auf die Juden, die damals im Wiener Handel und den freien Berufen einen starken sozialen Aufstieg erlebten, während er die mehrheitlich proletarischen und katholischen „Böhmen“ explizit in Schutz nahm. In einer Rede am 20. Juli 1899 vor dem christlich-sozialen Arbeiterverein in Wien sprach Lueger:

„Hier in unserem Vaterlande Österreich liegen die Verhältnisse so, daß sich die Juden einen Einfluß erobert haben, der mit über ihre Zahl und Bedeutung hinausgeht. (Zwischenruf: Sehr wahr!) In Wien muß der arme Handwerker am Samstag nachmittag betteln gehen, um die Arbeit seiner Hände zu verwerten, betteln muß er beim jüdischen Möbelhändler. (Sehr richtig!) Der Einfluß auf die Massen ist bei uns in den Händen der Juden, der größte Teil der Presse ist in ihren Händen, der weitaus größte Teil des Kapitals und speziell des Großkapitals ist in Judenhänden und die Juden üben hier einen Terrorismus aus, wie er ärger nicht gedacht werden kann. Es handelt sich uns darum, in Österreich vor allem um die Befreiung des christlichen Volkes aus der Vorherrschaft des Judentums. (Lebhaftes Bravo! Redner mit erhobener Stimme:) Wir wollen auf dem Boden unserer Väter freie Männer sein und das christliche Volk soll dort herrschen, wo seine Väter geblutet haben. (Tosender Beifall.) Aller Zwist, auch der bei uns in Österreich herrscht, ist darum durch die Juden entfacht, alle Anfeindungen unserer Partei rühren daher, weil wir der Herrschaft der Juden endlich einmal zu Leibe gerückt sind. Darum sind Juden, Sozi und Deutschnationale jetzt so an der Arbeit, um den verhaßten Mann zu stürzen (Hoch Lueger!) und ihre Fahnen wieder auf dem Rathausturm aufzupflanzen. (Bravo!)“[4]

Gegen Ende seiner letzten Amtszeit als Bürgermeister stellte er seinen Antisemitismus als politische Strategie dar, wie Alexander Spitzmüller berichtet:[5]

„Ja, wissen S’, der Antisemitismus is’ a sehr gutes Agitationsmittel, um in der Politik hinaufzukommen; wenn man aber amal oben ist, kann man ihn nimmer brauchen; denn dös i[s’] a Pöbelsport!“

Luegers Politik war unter anderem von Karl von Vogelsang und Aloys von Liechtenstein beeinflusst. Der eher propagandistische und religiös motivierte Antisemitismus Luegers unterschied sich von dem völkisch-rassistisch ausgerichteten seines Intimfeindes Georg von Schönerer, den er zu seinen Vorbildern zählte, obwohl er dessen „alldeutsche“ Politik mit ihren großdeutschen Bestrebungen ansonsten bekämpfte. Spätere antisemitische Schriften von Édouard Drumont und Adolf Hitler führten sowohl Schönerer als auch Lueger als Impulsgeber an. Lueger wird deshalb neben Karl Hermann Wolf und Georg von Schönerer als einer der Politiker gesehen, von denen sich der junge Hitler das politische Handwerk abgeschaut hat. Hitler selbst schrieb über Lueger:

„Jedenfalls lernte ich langsam den Mann und die Bewegung kennen, die damals Wiens Schicksal bestimmten: Dr. Karl Lueger und die christlich-soziale Partei. Als ich nach Wien kam, stand ich beiden feindselig gegenüber. Der Mann und die Bewegung galten in meinen Augen als ‚reaktionär‘. Das gewöhnliche Gerechtigkeitsgefühl aber mußte dieses Urteil in eben dem Maße abändern, in dem ich Gelegenheit erhielt, Mann und Werk kennenzulernen; und langsam wuchs die gerechte Beurteilung zur unverhohlenen Bewunderung. Heute sehe ich in dem Manne mehr noch als früher den gewaltigsten deutschen Bürgermeister aller Zeiten.“

Adolf Hitler : Mein Kampf. S. 54–65.

Der Historiker John W. Boyer fasst Luegers Antisemitismus folgendermaßen zusammen:

„Die antisemitische Rhetorik, deren Lueger sich in der Öffentlichkeit bediente, war krud, beleidigend und nicht selten herzlos. […] Dass das öffentliche Herumhacken auf den Juden eine abscheuliche Praxis war, dass sie unschuldigen Menschen eine psychologische Bürde auferlegte […] und dass sie ein Vorbild für künftige Politiker abgab, die eine viel stärkere Neigung hatten, die Dinge wörtlich zu nehmen, ist eine Last, die der österreichische ‚Christliche Sozialismus‘ auf ewige Zeiten mit sich herumschleppen muss.“

John W. Boyer : Karl Lueger – Christlich-Soziale Politik als Beruf, Wien 2010 [6]
Denkmal von 1926 am Dr.-Karl-Lueger-Platz an der Wiener Ringstraße

Die Historikerin Brigitte Hamann urteilte über Luegers Antisemitismus:

„Politisch ist es bedeutungslos, ob und wie viele jüdische Freunde Lueger privat gehabt haben mag. Von Bedeutung allein ist die Wirkung seiner aufhetzenden Reden – und diese war verheerend. […] Auch wenn kein Jude ermordet wurde, verrohten die Menschen, die von ihrem verehrten Idol in alten Vorurteilen bestätigt wurden.“[7]

Rezeption

Lueger selbst betrieb schon zu Lebzeiten als eine der signifikantesten politischen Figuren in der Zeit der Entstehung der Massenparteien Legendenbildung und einen Kult um seine Person, der damals innovativ war. Bereits die Illusion der „Verfügbarkeit“, die er seinen weiblichen Anhängern durch seine Ehelosigkeit und die Geheimhaltung seiner Beziehungen gab – Karl Lueger blieb unverheiratet, galt aber nicht zuletzt deswegen als Schwarm vieler Frauen –, war ein Grundpfeiler für seine „Anbetung“. Symptomatisch war Luegers charakteristischer Bart, der ihn auf Darstellungen leicht erkennbar machte. Von ihm gibt es zahlreiche Porträts, etwa von Wilhelm Gause, es gab auch Ansichtskarten, Karikaturen, Reliefs und vieles mehr. Lueger wurde sogar auf Altarbildern verewigt, meist vom Maler Hans Zatzka, dessen Bruder Ludwig Zatzka Stadtbaumeister im Kabinett Luegers war, etwa in den Kirchen in Lainz und in Hietzing. Die Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche (Karl-Borromäus-Kirche) am Wiener Zentralfriedhof wurde 1908–1911 von Max Hegele erbaut. Auf der Wandmalerei Das jüngste Gericht (auch von Hans Zatzka) ist Lueger im Totenhemd dargestellt. Lueger war auch schon zu Lebzeiten das Sujet literarischer Werke, etwa von Andreas Eckhart und Karl Conte Scapinelli.[8]

Für Karl Lueger, der auch „Herrgott von Wien“ genannt wurde, verbreiteten Flugblätter 1896 ein Glaubensbekenntnis, das mit den Worten „Ich glaube an Dr. Lueger, Schöpfer des christlichen Wiens“ beginnt, und ein Lueger-Vaterunser: Vater Lueger, der du wohnst in Wien, gelobet sei dein Name, beschütze unser christliches Volk (...) sondern erlöse uns von dem Juden-Übel. Amen.[9] Eduard Nerradt komponierte 1893 den „Lueger-Marsch“, der bei verschiedenen Anlässen gespielt wurde.[10]

Es gab sogenannte „Lueger-Teller“, die bei Wahlkampfveranstaltungen als Unterlage für Würstel mit Senf ausgeteilt wurden, und die dem Esser durch das Porträt Luegers nach dem Verzehr am Teller anzeigten, wem sie das Essen verdankten.

Der Nimbus und die Popularität des „schönen Karl“, auch nach seinem Tod, spiegeln sich beispielhaft im so genannten „Lueger-Lied“ wider („Der Doktor Lueger hat mir einmal die Hand gereicht“), einem Chanson aus der Operette „Essig und Öl“ von Robert Katscher (1932), das in der Interpretation von Hans Moser berühmt wurde. Bezeichnenderweise wird der Sänger, ein alter Lebensmittelhändler (Greißler) dabei vom Bürgermeister als „Steuerträger“ angesprochen, zählt also zu den vom Zensuswahlrecht Privilegierten.

Das Mammutdrama „Lueger, der große Österreicher“ von Hans Naderer wurde 1934 als Ausdruck des austrofaschistischen Regimes am Wiener Volkstheater aufgeführt und auf Wunsch von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg und Kardinal Innitzer in einer groß angelegten Werbekampagne propagiert.

2- Schilling-Münze von 1935

Luegers Name prägte und prägt auch den öffentlichen Raum in Wien, etwa durch die 1907 erfolgte Umbenennung des Rathausplatzes in Karl-Lueger-Platz (bis 1926), den 1926 so benannten Dr.-Karl-Lueger-Platz mit Lueger-Denkmal von Josef Müllner, weitere Denkmäler und Büsten sowie zahlreiche Tafeln an Gebäuden mit der Inschrift „Errichtet unter Bürgermeister Karl Lueger“. Der von 1934 bis 2012 so benannte Dr.-Karl-Lueger-Ring der Wiener Ringstraße mit Burgtheater, Rathaus und Universität Wien wurde nach jahrelangen Auseinandersetzungen 2012 in Universitätsring umbenannt.[11] Für das Lueger-Denkmal auf dem Dr.-Karl-Lueger-Platz schrieb die Universität für Angewandte Kunst Wien 2009 einen Wettbewerb zur Umgestaltung zu einem Mahnmal gegen Rassismus und Antisemitismus aus.[12] Im April 2010 waren bereits über 150 Vorschläge eingelangt.[13] Beim Karl-Lueger-Denkmal wurde am 17. Juni 2016 durch den Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und den Bezirksvorsteher der Inneren Stadt Markus Figl eine Zusatztafel enthüllt, die darauf hinweist, dass sich der ehemalige Wiener Bürgermeister des Antisemitismus bediente. Der Text stammt vom Historiker Oliver Rathkolb.[14]

1943 entstand in den Wiener Rosenhügelstudios der NS-Propagandafilm „Wien 1910[15] (Karl Lueger, Bürgermeister von Wien) unter der Regie von E. W. Emo mit Rudolf Forster (Lueger), Heinrich George (Georg Ritter von Schönerer), Rosa Albach-Retty, Lil Dagover und O. W. Fischer, eine Verklärung Karl Luegers als Hitler-Vorläufer. Eine Wiederaufführung des Films in den 1970er Jahren im Wiener Bellaria-Kino führte zu heftigen Protesten.

Gedenken

Denkmäler

Gedenkkirche

Gedenktafeln

  • Karlsplatz, an westlichen Teil des Haupthauses der technischen Universität

Straßen

  • Klagenfurt: Luegerstraße (von der Villacher Straße zur Obirstraße)
  • Wien: Dr.-Karl-Lueger-Ring (1934–2012)
  • Graz: Doktor-Karl-Lueger-Straße

Münzen

  • Zwei-Schilling-Münze (1935)

Anekdoten

  • Der Regisseur Billy Wilder, der in Wien aufwuchs und 1933 vor den Nazis flüchtete, wurde im Alter von 81 Jahren mit der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold ausgezeichnet, nachdem ihm der Oscar für sein Lebenswerk verliehen worden war. Als ihm der österreichische Generalkonsul die Medaille in Los Angeles übergab, erkundigte sich Wilder, wer der aktuelle Wiener Bürgermeister sei. Beim Namen Helmut Zilk meinte er erleichtert: „Na, Hauptsach', der Lueger ist es nicht mehr.“[16]
  • Friedrich Torberg erwähnt Lueger in einer Anekdote, die von der Verwechslung jüdischer Familiennamen mit den Namen Adeliger handelt:

„Nun muß man wissen, daß es in Österreich (wie auch in Ungarn und in Deutschland) jüdische Familiennamen gibt, die mit den Namen fürstlicher Häuser identisch sind. [...] Man erzählt sich, daß der Bürgermeister Lueger, dem einmal mitten in einem wichtigen Aktenstudium der Besuch des Fürsten Löwenstein-Wertheim-Freudenberg gemeldet wurde, seinen Sekretär ein wenig zerstreut mit den Worten hinausgeschickt hätte: ‚Sagen S' den drei Juden, sie sollen warten.‘“

Friedrich Torberg, Die Erben der Tante Jolesch [17]

Literatur

  • Helmut Andics: Luegerzeit. Das schwarze Wien bis 1918. Jugend und Volk, Wien 1984, ISBN 3-7141-6542-8.
  • John W. Boyer: Karl Lueger (1844–1910). Christlichsoziale Politik als Beruf. Böhlau, Wien 2010, ISBN 978-3-205-78366-4.
  • John W. Boyer: Political Radicalism in the Late Imperial Vienna. Origins of the Christian-Social Movement 1848–1897, Chicago 1981; ND Chicago 1995.
  • Felix Czeike: Liberale, christlichsoziale und sozialdemokratische Kommunalpolitik (1861–1934). 1962
  • Anna Ehrlich: Karl Lueger – Die zwei Gesichter der Macht. Amalthea, Wien 2010, ISBN 978-3-85002-700-7.
  • Walter Goldinger: Lueger, Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 464 f. (Digitalisat).
  • Brigitte Hamann: Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators. Piper, München 1996 ISBN 3-492-03598-1
  • Johannes Hawlik: Der Bürgerkaiser. Karl Lueger und seine Zeit. Herold, Wien 1985 ISBN 3-7008-0286-2
  • Richard Kralik: Karl Lueger und der christliche Sozialismus. Vogelsang, Wien 1923
  • Rudolf Kuppe: Karl Lueger. Persönlichkeit und Wirken. Hollinek, Wien 1947
  • Rudolf Kuppe: Karl Lueger und seine Zeit. Österreichische Volksschriften, Wien 1933
  • Anton Pelinka: Karl Lueger – Mythos und Gegenmythos. In: Demokratie und Geschichte: Jahrbuch des Karl-von-Vogelsang-Instituts zur Erforschung der Geschichte der christlichen Demokratie in Österreich. 13/14 (2010) 1, S. 45–48.
  • Felix Salten: Lueger, in: Das österreichische Antlitz. Essays. S. Fischer Verlag Berlin, 2. Auflage 1910. S. 127–142 archive.org
  • Heinrich Schnee: Karl Lueger. Leben und Wirken eines großen Sozial- und Kommunalpolitikers. Umrisse einer politischen Biographie. Duncker & Humblot, Berlin 1960 (zuerst als: Karl Lueger. Leben und Wirken eines großen Deutschen. Paderborn 1936.)
  • Karl Schwarz: Karl Lueger. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 394–396.
  • Kurt Skalnik: Dr. Karl Lueger. Der Mann zwischen den Zeiten. 1954
  • Richard Soukup: Lueger und sein Wien. ÖVP, Wien 1953
  • Rudolf Spitzer: Des Bürgermeisters Lueger Lumpen und Steuerträger. Wien 1988
  • Leopold Tomola: Unser Bürgermeister Dr. Karl Lueger. Festschrift. Gerlach & Wiedling, Wien 1904
  • Robert S. Wistrich: Karl Lueger and the Ambiguities of Viennese Antisemitism. In: Jewish Social Studies. 45. 1983, S. 251–262
Commons: Karl Lueger  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Karl Lueger  – Zitate

Einzelnachweise

  1. Lueger-Tafel versehentlich übermalt. ORF, 15. Januar 2016, abgerufen am 11. August 2018.
  2. Karl Lueger: Dr. Luegers Bürgermeisterrede. In: Grazer Volksblatt, Nr. 250/1895 (XXVIII. Jahrgang), 31. Oktober 1895, S. 9 (unpaginiert). (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/gre.
  3. 1 2 Brigitte Hamann: Hitlers Wien. München 1998, S. 496 f.
  4. Weiningers Nacht, Europa-Verlag, Wien 1989
  5. Alexander Spitzmüller: Und hat auch Ursach, es zu leben. Frick, 1955, S. 74 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  6. John W. Boyer: Karl Lueger (1844–1910). Böhlau Verlag Wien, 2010, ISBN 978-3-205-78366-4, S. 208. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  7. Brigitte Hamann: Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators. Piper Taschenbuch Verlag, München 1996, ISBN 3-492-22653-1, S. 418.
  8. Harald D. Gröller: Die vielen Facetten des Personenkults um Karl Lueger.
  9. Eva Philippoff: Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Ein politisches Lesebuch. Presses Universitaires du Septentrion, 2002, ISBN 2-85939-739-6. Seite 123 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  10. Burgenländisches Volksliedwerk: Die Sammlung. Böhlau Verlag Wien, 2005, ISBN 978-3-205-77265-1, S. 170. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  11. Florian Bayer, Sarah Dyduch: Universitätsring in Wien: Erste Straßentafel enthüllt. In: derstandard.at. 9. Juli 2012, abgerufen am 29. Dezember 2014.
  12. Ausschreibung zur Umgestaltung des Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus in Österreich.
  13. Lueger-Denkmal: Über 150 Ideen eingereicht (ORF Wien, 6. April 2010)
  14. Zusatztafel für Karl-Lueger-Denkmal, wien.orf.at vom 17. Juni 2016, abgerufen am 18. Juni 2016.
  15. Online im Internet Archive in eher schlechter Qualität.
  16. Billy Wilder. In: Der Spiegel. Nr. 19, 1988 (online).
  17. Friedrich Torberg: Die Erben der Tante Jolesch. (Ungekürzte Ausgabe). Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1981, ISBN 3-423-01644-2, S. 52 f.