Pia Schölnberger: Das Anhaltelager Wöllersdorf 1933-1938#
Strukturen - Brüche - Erinnerungen#
LIT Verlag, Wien 2015Auf 427 Seiten gibt die Autorin einen umfassenden Überblick über alle Aspekte des ein halbes Jahr nach dem deutschen Konzentrationslager Dachau (März 1933) initiierten Lagers für Kommunisten, Sozialisten und Nationalsozialisten im niederösterreichischen Wöllersdorf. Mit Text, Lageplänen und Fotografien erhält der Leser Einblick nicht nur in das tägliche Lagerleben sondern auch in die politischen Hintergründe und die gesetzlichen Grundlagen der Anhaltepraxis. Der Höchststand an Insassen wurde Ende September 1934 erreicht. Damals wurden 5.230 Internierte gezählt - 4.669 Kanzleramtsputschisten bzw. Nationalsozialisten und 561 Sozialdemokraten und Kommunisten. Bis zum 1. Mai 1935 reduzierte sich diese Zahl auf 283 nationalsozialistische und 112 marxistische Insassen.
Das Buch gibt genaue Auskunft über die Haftbedingungen - in der Tat konnte man Wöllersdorf nicht mit einem deutschen Konzentrationslager vergleichen, gab es doch weder Zwangsarbeit noch Gewalt oder andere schwere Schikanen gegen die Insassen. Besuche von Angehörigen sowie Brief- und Paketempfang waren möglich. Das Hauptproblem der Internierten war der Freiheitsentzug und das Fehlen jeder sinnvollen Beschäftigung. Neben der Lektüre der regierungstreuen Zeitungen und dem Lesen von Büchern konnten politisch/weltanschauliche Schulungen in Anspruch genommen werden, die jedoch keineswegs der Indoktrination durch das Regime dienten, sondern von den "Fraktionen" im eigenen Sinn selbst organisiert wurden - im Grunde eine typisch österreichische Skurrilität. Trotz allem bedeutete Wöllersdorf ein Leben hinter Stacheldraht und ohne Gewissheit über die Aufenthaltsdauer. Im Folgenden das Inhaltsverzeichnis dieser wichtigen zeitgeschichtlichen Dokumentation.