Was können Roboter, was können sie nicht?#
Wolfgang Pensold
Seit Jahrhunderten existiert die Vision des Menschen, eine Kopie seiner selbst zu erschaffen. Die Automatenbauer des 18. Jahrhunderts haben versucht, mechanische Wesen zu konstruieren, die lebendige Organismen nachahmen. Seit dem 20. Jahrhundert wird dieses Ziel auch mit elektronischen Mitteln verfolgt; das Grundbestreben, Tiere und Menschen zu kopieren, bleibt aber dasselbe. Elektronikkonzerne forschen nach Lösungen, wie sich Maschinen auf zwei Beinen fortbewegen, mit Händen greifen oder mit technischen Sinnesorganen Umweltreize wahrnehmen und im Computerhirn verarbeiten können. In der Herstellung seiner perfekten Kopie, dem Androiden, versucht der Mensch – gottgleich – ein Geschöpf nach seinem Ebenbild zu erschaffen. Das Ebenbild soll freilich nicht völlig gleichgestellt sein, sondern als Arbeiter – „Roboter“ – gute Dienste leisten – ob als umsichtige Haushaltshilfe, als immer verfügbarer Spielkamerad oder als furchtlose Kampfmaschine.
In Umgebungen, die dem Menschen unzugänglich sind – etwa am Meeresgrund oder im Weltall –, kann ohnehin nur der Roboter arbeiten. Dabei soll er die ihm zugewiesenen Aufgaben möglichst eigenständig verrichten, wofür er mit einer Art von Intelligenz ausgestattet werden muss. Dies führt zur zentralen Frage, ob ein Roboter irgendwann eigenes Denken entwickeln und sich über seine menschlichen Schöpfer erheben kann? Die vom Science-Fiction-Autor Isaac Asimov beschriebenen Wesen sind jedenfalls vorsorglich speziellen Robotergesetzen unterworfen, wonach sie nie etwas zum Schaden der Menschen tun dürfen.
Die Realität jenseits der Science-Fiction ist nüchterner, die Gefahr selbständig denkender Maschinen vergleichsweise gering. Neben den spektakulären mechanischen Figuren in Menschengestalt, die sich auf verkabelten Beingliedmaßen bewegen und mit diversen Sensorhänden fühlen, mitHilfe leuchtender Elektronenaugen sehen und durch komplexe Programme auf bestimmte Situationen reagieren können, kennt die Wirklichkeit vor allem Industrieroboter, wie sie seit den 1960er Jahren eingesetzt werden. Sie bestehen meist nur aus nachgebauten Körperteilen, wie Armen, die monotone Arbeitsschritte in der Fließbandfertigung erledigen. Oft ist es sogar schwer, in ihnen einen Roboter zu erkennen, zumal die Frage, was einen Roboter – im Unterschied zum bloßen Automaten – eigentlich ausmacht, kaum eindeutig zu beantworten ist. Im Mindesten ist ein Roboter eine Maschine, die Tätigkeiten automatisch verrichtet; Tätigkeiten jedoch, im Zuge derer eigenständige Entscheidungen zu treffen sind.
Diese Eigenständigkeit ist in letzter Konsequenz freilich auch nur eine Frage der Programmierung, hinter der wieder ein Mensch steckt, der sich das jeweilige Programm ausgedacht hat. Echtes eigenständiges Denken ist selbst modernsten Robotern nicht möglich, weshalb sie genau genommen auch nicht mehr als komplexe Automaten darstellen. So gesehen bleibt die alte Vision vom Ebenbild des Menschen weiterhin eine solche.
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:
- Siehe auch den Beitrag über Industrieroboter und Thema/Roboter
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