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Billroth, Theodor#

* 26. 4. 1829, Bergen (auf Rügen, Deutschland)
† 6. 2. 1894, Abbazia (Opatija, Kroatien)


Chirurg der Wiener Medizinischen Schule

Rudolf Brestel
Theodor Billroth. Aus: Julius Pagel, Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts

Christian Albert Theodor Billroth wurde als Sohn des Pastors Karl Theodor Billroth und dessen Frau Christina Nagel geboren. Die nicht sehr verbreitete Familie Billroth stammt aus Schweden. Seine Schulzeit verbrachte er großteils in Greifswald, wo er auch sein Studium begann: zuerst im Fach Musik, später wechselte er zur Medizin und besuchte die Universitäten von Göttingen und Berlin.


Nach seiner Promotion 1852 ging Billroth für ein Jahr nach Wien, wo er Vorlesungen bei Ferdinand von Hebra, Richard Heschl und Johann von Oppolzer besuchte. Zurück in Berlin arbeitete er als Assistent von Bernhard von Langenbeck an der Charité. Dort erlernte er die Grundlagen plastischer Chirurgie bzw. die Konstruktion chirurgischer Instrumente. 1856 habilitierte sich Billroth in den Fächern Chirurgie und pathologische Anatomie.


1858 heiratete Billroth in Berlin Christel Michaelis, Tochter des Hofmedikus Edgar Michaelis. Mit ihr hatte er drei Töchter und einen Sohn. Das Anbot im gleichen Jahr, als Ordinarius für Pathologie nach Greifswald zu gehen lehnte er ab; stattdessen übernahm er 1860 einen Chirurgischen Lehrstuhl in Zürich.


In Zürich schrieb Billroth auch seine bekannten pathologisch-anatomischen Arbeiten und erarbeitete die Grundlagen für seine "wissenschaftliche Chirurgie". Dazu befasste er sich mit der postoperativen Wundbehandlung und erkannte die Bedeutung der strikten medizinischen Hygiene zur Vermeidung einer Infektion mit Mikroorganismen.

Theodor Billroth im Hörsaal
Theodor Billroth im Hörsaal. Gemälde von A. F. Seligmann, um 1880
© Öst. Galerie Belvedere, Wien, für AEIOU

1862 und 1864 lehnte Billroth Angebote ab, an die Universität Rostock bzw nach Heidelberg zu gehen. Auch Angebote von der Berliner Charité lehnte er ab. 1867 folgte er dem Ruf als Nachfolger von Franz Schuh an die II. Lehrkanzel für Chirurgie an der Wiener Universität, der er bis an sein Lebensende vorstand.


Aufgrund seiner breiten Ausbildung konnte Billroth die Fachbereiche Klinik und pathologische Anatomie verbinden und für die moderne Chirurgie nutzbar machen, was ihm den Ruf eines „Naturforschers im Kittel des Chirurgen“ einbrachte. Sein Hauptinteresse galt dabei der Pathologie und Chirurgie der Geschwülste.


Billroth sind eine Reihe von Meilensteinen der Chirurgie zu verdanken. Er verbesserte bereits bestehende Operationsmethoden und entwickelte völlig neue. 1871 gelang ihm die erste Ösophagektomie (Entfernung der Speiseröhre), 1873 die erste Laryngektomie (Entfernung des Kehlkopfs). Billroth führte Operationen an der Speiseröhre bei Krebs, bei Zungenkrebs und Schilddrüsenerkrankungen aus; weiters nahm er Operationen an Leber, Milz und Harnblase sowie die vaginale Entfernung des Uterus vor.


Am bekanntesten wurde seine (1881 erstmals ausgeführte) erfolgreiche Magenresektion an einem Tumorpatienten, der dank dieser Operation jahrelang überlebte. Die Technik der End-zu-End-Vereinigung von Magenstumpf und Zwölffingerdarm ("Billroth-Operation I") verbesserte Billroth 1885 mit dem Blindverschluss des letzgenannten und einer Seit-zu-End-Vereinigung von Dünndarm und Magenstumpf ("Billroth-Operation" II). Seither werden beide Formen der Magenresektion nach ihrem Entwickler benannt. Auch ein wasserdichter Verbandsstoff wurde nach ihm Billroth-Batist benannt.

Theodor Billroth im Salzkammergut
Theodor Billroth im Salzkammergut
Aus: Wikicommons

Neben seinen Innovationen als Chirurg forschte Billroth auch auf dem Gebiet der Mikrobiologie. 1874 gelang ihm im Zug von Untersuchungen zur Ursache von Wundinfektionen die Entdeckung der Streptokokken.


Dazu bemühte er sich eifrig um die Reform des Medizinstudiums und förderte das Krankenhaus- und Krankenpflegewesen. Auf sein energisches Betreiben wurden das "Rudolfinerhaus", eine Lehranstalt für Krankenpflegerinnen in Wien, sowie das Haus der "K. k. Gesellschaft der Ärzte" ins Leben gerufen. 1872 war Billroth Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).


Privat war Billroth ein leidenschaftlicher Musiker, Violinist, und enger Freund von Johannes Brahms und Eduard Hanslick.


Nach einer schweren Lungenentzündung und einer dadurch hervorgerufenen chronischen Herzschwäche während seiner letzten Lebensjahre verstarb Billroth am 6. Februar 1894 im Alter von beinahe 65 Jahren in Abbazia (heute: Opatija, Kroatien). Er wurde in einem Ehrengrab (Gr.14A/07) auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Sein Denkmal steht im alten AKH (heute Uni Campus), 1. Hof, Büsten (von Caspar Zumbusch) stehen im Arkadenhof der Universität Wien, vor dem Rudolfinerhaus, Wien 19, Billrothstr. 78, und im Billrothhaus, Wien 9, Frankgasse 8, ein Porträtmedaillon befindet sich im Krankenhaus Lainz, eine Gedenktafel gibt es am Haus Wien 8, Alserstr. 20 und eine weitere im Rudolfinerhaus. Außerdem erinnern Wandmalereien an den Häusern Wien 19, Billrothstr. 57 und 77 an ihn.

Billroth-Denkmal im Universitätscampus. Foto: Peter Diem, 2012
Theodor Billroth. Denkmal von Michael Drobil

Ehrungen#

  • Die Österreichische Gesellschaft für Chirurgie vergibt jedes Jahr für die beste wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der klinischen u. experimentellen Chirurgie den "Theodor-Billroth-Preis".
  • Im "Billroth-Haus" in Wien Alsergrund hat die Gesellschaft der Ärzte ihren Sitz.

Werke (Auswahl)#

  • De natura et causa pulmonum affectionis quae nervo utroque vago dissecto exoritur. Dissertation, Universität Berlin 1852
  • Untersuchungen über die Entwicklung der Blutgefässe, nebst Beobachtungen aus der königlichen chirurgischen Universitäts-Klinik zu Berlin. Habilitation, Universität Berlin 1856
  • Allgemeine chirurgische Pathologie und Therapie, 1863
  • Historische und kritische Studien über den Transport der im Felde Verwundeten und Kranken auf Eisenbahnen. Wien, 1874
  • Über das Lehren und Lernen der medizinischen Wissenschaften an den Universitäten der deutschen Nation, nebst allgemeinen Bemerkungen über Universitäten. Wien 1876
  • Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie. 4 Bände, 1880
  • Die Krankenpflege im Hause und im Hospitale. Ein Handbuch für Familien und Krankenpflegerinnen. Wien 1881
  • Wer ist musikalisch? Hamburg 1985 (Repr. d. Ausg. Berlin 1896)

Literatur#

  • Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 174-177
  • I. Fischer, T. Billroth und seine Zeitgenossen, 1929
  • Wolfgang Genschorek: Wegbereiter der Chirurgie. Johann Friedrich Dieffenbach, Theodor Billroth. Hirzel, Leipzig 1982
  • Helmut Wyklicky: Unbekanntes von Theodor Billroth. Eine Dokumentation in Fragmenten. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1993
  • Ernst Kern (Hrsg.): Theodor Billroth. 1829-1894; Biographie anhand von Selbstzeugnissen. Urban & Schwarzenberg, München 1994
  • M. Nagel u. and., T. Billroth. Chirurg und Musiker, 1994
  • Eckart, W.U.: Ärzte Lexikon. Springer, Heidelberg 2006

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner


Sehr gut gelungen, die Leistungen B.s vor allem bei der Entwicklung neuer Operationstechniken werden auch für Laien verständlich dargestellt, sicher einer der bedeutendsten Vertreter der Wiener Med. Schule von internationaler Relevanz, was auch im Artikel klar zum Ausdruck kommt.

--Glaubauf karl, Freitag, 22. Januar 2010, 10:32


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