Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast

Oppolzer, Johann von#

* 4. 8. 1808, Gratzen, nahe Budweis (Nové Hrady, Tschechische Republik)

† 16. 4. 1871, Wien


Internist


Johann von Oppolzer
Johann von Oppolzer, Lithographie
© Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU
Zu Studienzeiten musste sich Oppolzer, bedingt durch den frühen Tod der Eltern, die ihn nahezu mittellos zurückließen, zu Gymnasial- und zu Studienzeiten an der Prager Karls-Universität Geld als Privatlehrer verdienen.

Noch vor Abschluss seines Medizinstudiums (Promotion 1835) war Oppolzer auch als Assistent an der medizinischen Universitätsklinik am Allgemeinen Krankenhaus Prag angestellt. Sein Lehrer J. V. Edler von Krombholz war von Oppolzers Fleiß sehr beeindruckt.

Diese Assistentenstellung hatte er noch einige Jahre inne, bis er sich 1839 habilitierte. Kurz war er auch als praktischer Arzt in Prag tätig, bevor er als ordentlicher Professor und Primararzt 1841 Nachfolger von von Krombholz wurde.

Rasch machte sich Oppolzer einen Namen und zählte innerhalb der Prager Ärzteschaft zu einem der Besten. Er trat schließlich die Nachfolge seines ehemaligen Lehrers von Krombholz als Ordinarius (ordentlicher Professor) an, wurde mit der klinischen Professur sowie der Stelle eines Primararztes betraut.

1848 ging er als klinischer Lehrer nach Leipzig an das Jakobs-Hospital, 1850 erfolgte die Berufung an das Allgemeine Krankenhaus in Wien. In dieser Einrichtung blieb er insgesamt 21 Jahre lang tätig.

Dieser durch zu hohe Studierendenzahlen notwenig gewordene Aufbau einer zweiten medizinischen Klinik und die Besetzung Oppolzers, eines "Eindringlings", stieß in der anderen Schule – unter Skoda, Rokitansky und Hebra – zunächst auf wenig Gegenliebe. Dennoch, die Konkurrenz zwischen beiden Kliniken brachte der Wiener medizinischen Schule enormen Vorteil.

Trotzdem war Oppolzer besonders unter den Patienten und Schülern äußerst beliebt und geachtet. Er wurde zu einem sehr gefragten Arzt. Kurzzeitig 1861/62 wurde Oppolzer auch Rektor der Universität Wien.

Oppolzer Sohn Theodor Egon Ritter von Oppolzer wurde ein angesehener Astronom und Mathematiker.

Nach einem Zusammenbruch während einer seiner Vorlesungen diagnostizierte Oppolzer selbst Typhus. Er hatte sich 1871, als gerade eine Epidemie in Wien kursierte, im Krankenhaus bei einem seiner Patienten angesteckt.

Oppolzer Johann Uni Arkaden
Büste von Viktor Tilgner
Universität Wien, Arkadenhof
© Rainer Lenius
Er ist auf dem Wiener Zentralfriedhof (Alte Arkaden li/34) bestattet. Seine Porträtbüste von Viktor Tilgner ist im Arkadenhof der Universität Wien zu sehen, an der ehemaligen Allgemeinen Polyklinik in Wien 9, Mariannengasse 10, und im Krankenhaus Lainz sind Proträtmedaillons angebracht, und im 1. Bezirk ist ihm gemeinsam mit seinem Sohn Theodor eine Gasse gewidmet.


Für Oppolzer gab es zwei wichtige Grundsätze: heilen und lehren zu heilen. Wichtig schien ihm auch Krankheitsverhütung, Behandlung früher Krankheitsstadien, Besserung des Allgemeinzustandes und Milderung der Symptome.

Er vertrat die Diagnostik betreffend die klassische Schule Skodas („die Diagnose muss zuvörderst eine anatomische sein“), doch er wollte weniger theoretische Probleme wälzen und sich in die Forschung vertiefen, als vielmehr schonende, auf die Physiologie beruhende Behandlungen durchführen und sich auf den Patienten selbst – ungeachtet deren sozialer Herkunft oder Stellung – konzentrieren. Er lehnte es ab, wissenschaftliche Forschung nur zum Zweck der Diagnose zu betreiben und diese anschließend durch eine Autopsie bestätigt zu finden.

Auch wenn er selbst kaum Forschung betrieb, setzte er oftmals anders als Skoda auch kaum erprobte Medikamente ein, um jede Möglichkeit auszuschöpfen. Manchmal halfen auch schon die einfachsten Mittel, wie klug gewählte dietäre Maßnahmen. Zur damaligen Zeit war auch die Hydrotherapie äußerst beliebt, wodurch die Badeorte der Monarchie einen Enormen Aufschwung erlebten.

Oppolzer unterrichtete an den Universitäten Prag, Leipzig und Wien, wo er 1861/62 auch Rektor war. Er erfreute sich enormer Beliebtheit, die Wiener Kliniken erlebten einen enormen Zustrom an Studenten aus ganz Europa, sogar an den Wochenenden forderte und förderte Oppolzer seine Schüler. Zu seinen Schülern zählten u.a. der Begründer der Otologie, A. Politzer, der Hydrotherapeut W. Winternitz, der Laryngologe J. Schnitzler, der Gynäkologe R. Chrobak und der Elektrotherapeut M. Benedikt.

Bekannt waren v.a. seine holistische Diagnostik – im Gegensatz zur nihilistischen Haltung der alten Wiener Schule – und neuartigen Therapieansätze, da er physiologische Therapien als Gegenteil der damals üblichen symptomatischen Pathologie befürwortete. Für Oppolzer war die Heilung das ultimative Ziel der Medizin.


Auszeichnungen

Ritterkreuz des Leopold-Ordens und damit verbundene Erhebung in den Adelsstand (1869)


Zitate:

„Gewaltig irren diejenigen, die da meinen, ein Arzt des neuesten Standpunkts sei derjenige, welcher seine Kranken mit der größten Genauigkeit untersucht, selbe beklopft und behorcht, und sich damit zufrieden stellt, dass er seine Diagnose in der Leiche bestätigt findet. [...]
Ein solcher Arzt hat nicht begriffen, dass das höchste aller medizinischen Forschungen das Heilen sei“ (Oppolzers bei seiner Antrittsvorlesung in Leipzig).
An anderer Stelle heißt es, „Der erste Grundsatz der physiologischen Medizin: der Arzt hat es nicht mit Krankheiten, sondern mit kranken Personen zu tun, ist ebenso schlicht als wichtig [...] Heilen ist das letzte Ziel aller ärztlichen Forschungen“.

Viele Kollegen und Schüler Oppolzers sprachen von dessen gewinnendem Wesen. „Man bewunderte Skoda in seiner einsamen Größe, Oppolzer musste man lieb gewinnen“, schrieb T. Billroth über Oppolzer einmal.

Von seinen Schülern verlangte Oppolzer „stets bestrebt zu sein, mit einfachsten Mitteln zu helfen“ und „vor allem nicht zu schaden“. Oppolzers Worte „denn nie darf der Arzt vergessen, dass er es nicht mit Krankheiten, sondern mit kranken Menschen zu tun hat“ besitzt auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit.

Kußmaul, dem er bereits während seiner Prager Zeit begegnet war, beschriebt dessen Therapie als "Mit ruhiger Weisheit verzichtete er auf mathematische Gewissheit und erreichte das Mögliche und Beste durch einfache Mittel, ein Kennzeichen tüchtiger Ärzte" (Kußmaul, 1899).

Auch in der Leipziger Klinik soll Oppolzer auf viele bewährte Hausmittel zurückgegriffen und damit beachtliche Erfolge erzielt haben. (Schütte, 1937). Oppolzers gesamte Persönlichkeit soll „durch seinen Eindruck auf die Kranken und seine Art des Zuspruchs ein unerreichtes Sedativum“ gewesen sein, hatte „die Verzweiflung sozusagen weggeschmeichelt“ (Benedikt, 1908).

Publikationen (Auswahl)#

Oppolzer nahm sich selten die Zeit seine Beobachtungen und Behandlungserfolge niederzuschreiben. Sein Schüler M. Benedikt meinte „Hätte er eine Kasuistik seiner genialen Diagnosen geschrieben, er gehörte sicher zu den bedeutendsten Schriftstellern in der Literatur der Pathologie“ (Benedikt, 1908).

  • Observationes de febri nervosa intestinali anno 1834 Pragae epidemica (1835), Dissertation Universität Prag
  • Bemerkungen über die granulierte Leber (1844), In: Prager Vierteljahresschrift
  • Erfahrungen über die Kehlkopfverengun (1844), In: Prager Vierteljahresschrift
  • Bemerkungen zur Pathologie der Leberentzündung’ (1847)
  • Beiträge zur Pathologie der angeborenen Verengung der Aorta (1848)
  • Über den gegenwärtigen Standpunkt der Pathologie und Therapie (1849), Antrittsrede Oppolzers gehalten in Leipzig am 30. Oktober 1848, In: Jahrbücher der in- und ausländischen gesammten Medicin 61, S. 103ff
  • Die Krankheiten der Speiseröhre (1851), In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1
  • Pathologie und Therapie der epidermalen Cholera (1855), In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 5
  • Zur Diagnose und Therapie der Magenkrankheite (1857), In: Zeitschrift der Wiener Ärzte
  • Oppolzer’s Vorlesungen über specielle Pathologie und Therapie. Band 1 (1866-70): Herz- und Gefäßerkrankungen, Krankheiten der Atemorgane; Band 2 (1872): Krankheiten der Mundhöhle (1866-72), (Hrsg.) E. Ritter von Stoffela d’Alta Rupe, Enke-Verlag, Erlangen
  • Vorlesungen über die Krankheiten des Herzens und der Gefäße (1867), (Sonderdruck), Erlangen
  • Über die Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen, des Rachens und der Speiseröhre (1872), (Sonderdruck), Erlangen

Literatur#

  • Anatomisches Taschenbuch, enthaltend die Anatomie des Mensche (1839), C. E. Bock, Friedrich Volckmar Verlag, Leipzig
  • Die Medizinische Gesellschaft zu Leipzig. Eine kurze geschichtliche Darlegung ihrer Entstehung und Fortbildung in den abgelaufenen ersten 25 Jahren (1845), J. Radius, Reclam, Leipzig
  • Festschrift zur Feier des 100jährigen Bestehens der Medicinischen Klinik zu Leipzig Anonymus (1899), Vogel, Leipzig
  • Johann Oppolzer. Ein Gedenkblatt zum hundertsten Geburtstage (4.August) (1908), M. Benedikt, Wiener klinische Wochenschrift 21, S. 1109-15
  • Handbuch der Anatomie des Menschen, Band I (1842), C. E. Bock, Friedrich Volckmar Verlag, Leipzig
  • Handbuch der Anatomie des Menschen, Band II (1845), C. E. Bock, Friedrich Volckmar, Verlag, Leipzig.
  • Die Lehrmethode in der medicinischen Klinik am Jakobshospitale zu Leipzig Clarus (1846), J. C. A. Voß, Leipzig
  • Handbuch der Heilmittellehre. Nach dem Standpunkte der deutschen Medicin (1846), J. Pereira & R. Buchheim, (Band 1), Voß, Leipzig
  • Ein Plan zur festeren Begründung der therapeutischen Erfahrungen (1851), C. A. Wunderlich, Antrittsvorlesung gehalten in Leipzig am 12. März 1851, In: Schmidts Jahrbücher der in- und ausländischen gesammten Medicin 70, S. 106-111
  • Lehrbuch der pathologischen Anatomie (1852), C. E. Bock, Verlag Georg Wigand, Leipzig
  • Altes und Neues über die drei großen Hospitäler Leipzigs (1876), K. Thiersch, Edelmann, Leipzig
  • C. A. Wunderlich. Nekrolog (1878), O. Heubner, Georg Wigand, Leipzig 1878
  • Geschichte der medicinischen Klinik zu Leipzig. Zur Feier des 100jährigen Bestehens der Klinik (1899), W. His, F. C.W. Vogel, Leipzig
  • Jugenderinnerungen eines alten Arztes (1899), A. Kußmaul, Bonz, Stuttgart
  • Johann Ritter von Oppolzer. Leben und Werk (1937), W. Schütte, Medizinische Dissertation, Universität Bochum
  • Das heilkundige Dresden. Dresdner Chirurgenschulen und medizinische Lehrstätten in drei Jahrhunderten’ (1964), H.-E. Kleine-Natrop, Verlag T. Steinkopff, Dresden
  • Die Wiener Medizinsche Schule im 19. Jhdt. (1965), E. Lesky, Böhlau, Graz & Köln
  • C.A.R. Wunderlich und die Physiologische Heilkunde (1989), W. H. T. Schürmann, Medizinische Dissertation, Universität Hannover
  • Augenheilkunde in Leipzig (1996), S. Fahrenbach & P. Wiedemann, In: Von der „Heilanstalt für arme Augenkranke“ zur modernen Universitätsklinik, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig
  • Die Physiologische Chemie in Leipzig. Geschichte und Gegenwart (1996), C. Becker & E. Hofmann, Sax-Verlag, Beucha
  • Frühe Erlanger Beiträge zur Theorie und Praxis der Äther- und Chloroformnarkose (1996), U. von Hintzenstern & W. Schwarz, Anästhesist 45, S. 131-139
  • Die „klinische Chemie“ im Jahre 1850. Johann Florian Hellers Bericht über seine Studienreise in die deutschen Länder, in die Schweiz, nach Frankreich und Belgien im Jahre 1850 (2002), (Hrsg.) A. Kernbauer, Steiner, Stuttgart
  • Vorgeschichte und Gründung der Medizinischen Gesellschaft zu Leipzig. (2002), I. Kästner & S. Hahn, In: Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum (1650-1820), Teil II, (Hrsg.) D. Döring & K. Nowak, Verlag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig, S. 175-191
  • Johann von Oppolzer als Direktor der medizinischen Klinik der Universität Leipzig (2007), I. Kästner, Birkhäuser Verlag, Basel, S. 50-61

Quellen#


  • AEIOU
  • Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild (1987)
  • Personenlexikon Österreich (2002), (Hrsg.) E. Bruckmüller



Redaktion: N. Miljković