Hebra, Ferdinand von#
geb. als Ferdinand Karl Franz Schwarzmann
* 7. 9. 1816, Brünn
† 5. 8. 1880, Wien
Dermatologe
Von Hebra kam am 7. September 1816 unehelich als Ferdinand Karl Franz Schwarzmann zur Welt.
Sein Vater war ein hoher Militärbeamter, der sich öffentlich nicht zu seinem unehelich geborenen Sohn bekennen durfte, seine Mutter lebte getrennt von ihrem Gatten. Als sie 1830 Witwe wurde, konnten sie heiraten, allerdings starb sie bereits 1833. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Brünn (heute Tschechische Republik), wo er auch zur Schule ging.
Sein Studium begann er in Graz, wechselte aber kurz darauf nach Wien, wo er im Jahre 1841 im Alter von 24 Jahren sein Studium mit der Promotion zum Dr. med. abschloss.
Zu seinem 24. Geburtstag konnte ihn sein leiblicher Vater adoptieren, was zu der Namensänderung "von Hebra" führte. Im Anschluss an seine Promotion begann von Hebra in der Abteilung für Brusterkrankungen bei Josef Škoda im Wiener Allgemeinen Krankenhaus zu arbeiten, zunächst als Assistent, dann als Oberarzt. Bereits im Jahr 1845 wurde ihm die Leitung einer eigenen klinischen Abteilung für Hautkrankheiten im selben Haus übertragen.
Im Laufe seiner Tätigkeit führte von Hebra unter anderem die Wasserbettbehandlung ein und entdeckte - teilweise durch Selbstversuche - den Erreger der Krätze, eine spezielle Milbe (Sarcoptes scabiei). Er wies erstmals nach, dass es sich um eine Erkrankung durch Parasiten handelt.
Im Jahr 1849 wurde von Hebra der erste außerordentliche Professor für Hautkrankheiten und 1869 schließlich ordentlicher Professor (Ordinarius) für dieses Fach an der Wiener Universität.
Kurz vor seinem Tode wurde er im Jahr 1878 als erster Dermatologe zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften gewählt, eine damals sehr hohe Auszeichnung. Im Jahr 1879 folgte die sehr begehrte Ernennung zum geheimen Medizinalrat.
Ferdinand von Hebra ist am 5. August 1880 gestorben. Bei seiner Totenfeier und bei vielen Gedenkanlässen seither ist auch dazu aufgerufen worden, seinem Motto und Wappenspruch nachzueifern: »Labore et virtute!«
Er wurde in einem Ehrengrab am Hernalser Friedhof (Arkaden re. Nr.34) beigesetzt.
Im 9. Wiener Bezirk ist eine Gasse nach ihm benannt.
Text aus dem Buch "Große Österreicher":#
Noch lange Jahre nach dem Tod des Dermatologen Ferdinand Ritter von Hebra kursierte an der Klinik ein geflügeltes Wort von ihm: »A Schuster is er und Krätz hat er.« Er sagte es von einem Patienten, auf den er nur einen einzigen kurzen Blick geworfen hatte, und es galt als Beweis seines sicheren diagnostischen Blicks und seiner Fähigkeit, an Hand von Schwielen, Haltungen und kleinen Symptomen auf die Berufe seiner Mitmenschen zu schließen. Allerdings hat sich Hebra nie mit solchen Schnelldiagnosen zufriedengegeben, er war in Untersuchung und Therapie nicht minder gründlich als in der wissenschaftlichen Arbeit.
Hebra ist nicht nur der Gründer der Wiener Schule der Dermatologie und erste Professor für Hautkrankheiten im ganzen deutschen Sprachraum, er war auch der erste, der eine exakte Wertung und Einteilung der Hautkrankheiten vornahm, er beschrieb erstmals die Symptome zahlreicher Hautveränderungen und führte neue Behandlungsmittel ein.
Berühmt ist auch sein Mut zum Selbstversuch: Während seiner Studien über die im vorigen Jahrhundert weitverbreitete Krätze (Scabies) war er sicher, daß die Krankheit durch Milben ausgelöst wurde, konnte es aber noch nicht beweisen. »So setzte ich mir eine, früher unter dem Mikroskop betrachtete lebende Milbe an die Innenfläche des Mittelfingers der linken Hand.« Nach acht Tagen spürte er ein Jucken am ganzen Körper, an beiden Händen brachen sogenannte Krätzblüten auf; zwei Monate lang verzichtete er auf die Anwendung irgendwelcher Heilmittel, »um mich genau vom Gange der Krankheit zu überzeugen«.
Ferdinand Hebra wurde im Herbst 1840 kurz nach seinem 24. Geburtstag in Wien zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert. Das Hauptrigorosum hat er noch unter dem Namen Ferdinand Schwarzmann absolviert, das Protokoll trägt den nachträglich eingefügten Zusatz: adoptatus nomine Hebra, s. H.
Der knappe Hinweis lässt eine Kindheit unter dem Makel der nichtlegitimen Geburt ahnen. Ferdinand wurde am 7. September 1816 in Brünn als Sohn der Aloysia Friederike Slawik geboren, die von ihrem Ehemann getrennt lebte; das außereheliche Kind erhielt daher den Mädchennamen der Mutter, Schwarzmann. Der Vater war Feldkriegskommissär Johann Hebra, Zivilbeamter im Offiziersrang und unverheiratet; als Aloysia Friederike im Jahr 1830 Witwe wurde, machte er die Mutter seines Sohnes umgehend zu seiner Frau, doch das Kind als seines anerkennen konnte er nicht, ohne seinen Beruf aufgeben zu müssen.
So wartete er mit der Adoption, bis der junge Mann volljährig geworden war, was damals mit Vollendung des 24. Lebensjahres der Fall war. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn (die Mutter war 1833, drei Jahre nach der Eheschließung mit Hebra gestorben) war offensichtlich ein gutes; seit 1838 lebten die beiden zusammen, und der Pensionist blieb auch nach der Heirat des Sohnes mit der Tochter des k. k. Hofsekretärs Hermann von Hunze im Familienverband. Auch als Ferdinand Hebra 1877 in den Adelsstand erhoben wurde, erwies sich die außereheliche Geburt nicht als Hindernis.
Kaum promoviert, trat Hebra als Aspirant bei dem Internisten Skoda ins Allgemeine Krankenhaus ein, und bald wurde ihm das »Ausschlagzimmer« anvertraut, der Professor ließ ihm nach kurzer Zeit beim Studium und bald auch bei der Behandlung von Hautkrankheiten freie Hand. 1848 wurde er Primarius, 1849 erster Professor seines Faches. Er galt als hervorragender Lehrer. Er vervollständigte seine Studien auf mehreren Auslandsreisen, bis in den hohen Norden, wo er sich als erster mit der Scabies norvegica damals meist als »Lepra« bezeichnet befasste.Zwölf Kategorien von Hautkrankheiten hat er unterschieden und diese Klassifikation zur Grundlage von Behandlung und Forschung gemacht. Aber auch Heilmittel und Methoden gehen auf ihn zurück: so das Unguentum diachylon, das seinen Namen trägt, sowie neue Quecksilber-, Zink-, Blei-, Kupfer-, Schwefel- und Teerpräparate; er erfand auch das, in der Fachwelt freilich nicht unumstrittene Wasserbett.
In der Wiener Medizin zählte Hebra, gemeinsam mit Skoda und Rokitansky, zu den »progressiven« und war eng befreundet mit Semmelweis, dem Entdecker des Kindbettflebers, den er zur Publikation veranlasste. Er war offen für alle Neuerungen in der Heilkunde, sofern sie ihm seriös erschienen. Er selbst glaubte nicht so sehr an die Genialität als an zähe, zielbewusste Forschungsarbeit: »Es ist viel einfacher, sich etwas auszudenken, als es durch Arbeit und Ausdauer zu beweisen«, sagte er einmal. Aber er konstatierte auch: »Zweimal einen Esslöffel irgend etwas zu verschreiben ist leicht – ein Hautarzt muss mehr können.«
Zur Ausbildung der Studenten, aber auch zur Information und Weiterbildung der Ärzte gab er ab 1856 seinen berühmt gewordenen »Atlas der Hautkrankheiten« heraus, dessen Farbtafeln von der Fachwelt als ungewöhnliche und bemerkenswerte Verbindung ärztlicher und darstellender Kunst bezeichnet werden.
Neben seinem fast übermenschlichen Arbeitspensum fand Hebra immer wieder Zeit für seine große Familie. Frau Johanna schenkte ihm sieben Kinder. Ein Sohn ist bei Königgrätz gefallen, eine Tochter wurde später die Frau von Hebras jüngerem Freund, Mitarbeiter und dann Nachfolger Professor Moriz Kaposi (der ursprünglich Kohn hieß und den Namenswechsel auch als Huldigung für seine ungarische Vaterstadt Kaposvar vornahm).
Ferdinand Hebra war, obwohl er viel verlangte, bei seinen Studenten und Untergebenen nicht minder beliebt als bei den Patienten. Dazu mag sein fast sprichwörtlicher Humor viel beigetragen haben. So trat er als Jungarzt sofort dem »Verein der Sekundarärzte« bei, der als Vereinszweck angab, »für gute Laune seiner Mitglieder zu sorgen«, und arbeitete auch an dessen Zeitschrift »Der Spitalshumorist« mit. Seine »Antrittsaufgabe« als Vereinsmitglied hatte darin bestanden, den Kollegen vorzuführen, wie ein Hausierer Hosenträger verkauft.
Humor klang aber auch, sofern es die Materie gestattete, in seinen Vorlesungen durch. So sprach er einmal über den Aderlass, erwähnte, daß dieser 1848 bei der österreichischen Garnison in Italien für alle an Krätze Erkrankten vorgeschrieben war, und endete mit der Feststellung: »Und es floss damals mehr Blut durch die Hand der Ärzte als durch die feindlichen Waffen.«
Wenn es aber um die Kranken ging, gab es nichts, was Hebra nicht ernst genommen hätte. So war er Vorbild der Ärzte, die ihn – der auch zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften und zum Hofrat avanciert war – als Präsidenten ihrer Gesellschaft schätzten. Erst 1869 ist er übrigens Ordinarius und Vorstand der Ersten Dermatologischen Universitätsklinik in Wien geworden, die es ohne ihn nicht gegeben hätte.
Werke (Auswahl)#
- Atlas der Hautkrankheiten, 10 Lieferungen, 1856-76
- Almanach der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1881 (Werkverzeichnis)
Literatur#
- Österreichisches Biographisches Lexikon (ÖBL), Bd. 2 (Lfg. 8), S. 232
- Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 8, S. 172 f
- Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 698-700
- 625 Jahre Universität Wien
- F. Czeike: Historisches Lexikon Wien
Weiterführendes#
- Biwald, B.: "A Schuster ist er - und Krätz hat er" (Essay)
- Sonderpostmarke 1974, 30. Tagung der Vereinigung deutschsprachiger Dermatologen (Briefmarken)
- Ferdinand von Hebra, Ehrengrab (Grabdenkmäler)
- Zur Geschichte der Dermatologie in Wien
Quellen#
- AEIOU
- Große Österreicher, ed. Th. Chorherr, Verlag Ueberreuter, 256 S.
- Hebra Atlas
- Onmeda Gesundheitsportal
User/Graupp Ingrid-Charlotte/FERDINAND_VON_HEBRA
-- Graupp Ingrid-Charlotte, Freitag, 10. September 2021, 14:30
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