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Frank, Josef#

* 15. 7. 1885, Baden bei Wien

† 8. 1. 1967, Stockholm (Schweden)


Architekt


Josef Frank
Josef Frank. Foto.
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien, für AEIOU

Josef Frank wurde am 15. Juli 1885 als Sohn eines jüdischen Textilwarenhändlers in Baden bei Wien geboren.

Nach der Matura 1903 an der Staatsoberrealschule in Wien absolvierte er ein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Wien bei Carl König, das er 1908 mit der 2. Staatsprüfung abschloss. Nach einem kurzzeitigen Praktikum in Berlin (bei Bruno Möhring) ging er für einige Monate nach Italien, um an seiner Dissertation zum Thema "Über die ursprüngliche Gestalt der Kirchenbauten des Leone Battista Alberti" zu arbeiten. Mit dieser Arbeit über den Renaissancebaumeister promovierte er 1910 zum Dr. techn.

Bereits ab 1910 erhielt er Aufträge für Wohnungseinrichtungen sowie für die Gestaltung von Ausstellungsräumen. Seine wichtigste Arbeit in dieser Zeit war der Entwurf des Ausstellungsmobiliars für das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln (wurde 1944 zerstört).
Josef Frank wurde sowohl Mitglied der Wiener Werkstätte wie auch des Deutschen und des Österreichischen Werkbundes, wo er 1912 Gründungsmitglied war.
(Die Wiener Werkstätte war eine 1903 nach englischem und schottischem Vorbild von Josef Hoffmann und Kolo Moser gegründete Produktionsgemeinschaft bildender Künstler, die zusammen mit der Wiener Kunstgewerbeschule und der Wiener Secession eine Erneuerung der Kunst auf Basis handwerklicher Gediegenheit anstrebte. Vor allem auf dem Gebiet des Kunstgewerbes machte sie Wien zum Zentrum einer neuen Geschmackskultur.)


Josef Frank beschäftigte sich aber auch intensiv mit der Arbeiterwohnungsfrage und war ein glühender Verfechter der Siedlungs- bzw. Gartenstadtbewegung, bei der er u.a. in Adolf Loos, Peter Behrens und Margaret Schütte-Lihotzky Gleichgesinnte fand. Er war der Meinung, dass man das Wohnbauproblem - zumindest teilweise - durch "rationelle Einfamilienhäuser", also Reihenhäuser, lösen sollte, bei denen die Leute auch einen Garten haben können. Seine Ideen konnte er erstmals 1919 in der Arbeiterkolonie Ortmann in Niederösterreich realisieren.

Doch in Wien kam es in den 1920er Jahren zu einer Änderung der Wohnbauphilosophie: Die Gemeinde scheute die Kosten, die mit der Erschließung größerer Flächen verbunden waren, und forcierte stattdessen monumentale Geschosswohnbauten, die sogenannten Superblocks, wie sie der Karl-Marx-Hof oder der Reumannhof idealtypisch repräsentieren.

1919 erhielt Josef Frank einen Lehrauftrag für Baukonstruktionslehre an der Wiener Kunstgewerbeschule, wo er bis 1925 unterrichtete. 1925 gründete er mit seinem Studienkollegen Otto Wlach nach angloamerikanischem Vorbild das Einrichtungshaus "Haus und Garten", mit dem er integrale Wohnkonzepte entwickelte und eine Reihe von Landhäusern und Villen in Wien und Umgebung ausstattete. (Das Angebot reichte von der individuellen Planung und Gestlatung von Häusern über die Einrichtung von Wohnräumen, die Adaptierung alter Räume bis zur Gestaltung von Einzelgegenständen, Möbeln und Stoffmustern. Frank und Wlach trugen damit wesentlich zum Weltruhm der "Wiener Möbel" bei.)

Auf Einladung von Ludwig Mies van der Rohe baute er 1927 als einziger österreichischer Architekt an der "Weißenhofsiedlung" in Stuttgart mit. Fünf Jahre später wurde 1932 unter Josef Franks künstlerischer Gesamtleitung die "Werkbundsiedlung" in Wien realisiert - diese aus 70 Häusern bestehende Anlage gilt heute als eines der bedeutendsten Dokumente der architektonischen Moderne in Österreich.
(Josef Frank hatte selbst die Auswahl der teilnehmenden Architekten getroffen – die wichtigsten Architekten der österreichischen Zwischenkriegszeit wie Frank selbst, Adolf Loos, Josef Hoffmann, Oskar Strnad, Oskar Wlach, Ernst A. Plischke, Ernst Lichtblau, Clemens Holzmeister und viele andere waren daran beteiligt, ebenso die bereits beruflich im Ausland verankerten Österreicher Richard Neutra, Arthur Grünberger und Margaret Schütte-Lihotzky. )

Das zunehmend antisemitische Klima veranlasste Josef Frank 1933/34 zur Emigration nach Schweden, der Heimat seiner Frau Anna Sebenius. Er startete in Stockholm eine neue Karriere als Chefdesigner der Firma "Svenskt Tenn" - einer Möbel- und Einrichtungsfirma, mit dessen Gründerin Estrid Ericson er seit den 1920er Jahren eine enge Freundschaft pflegte. Seine Möbel-, Lampen- und besonders seine exzentrischen Textilentwürfe verhalfen der Firma zum internationalen Durchbruch: durch die Teilnahme an den Weltausstellungen in Paris (1937) und New York (1939) wurde die Firma zum Inbegriff moderner schwedischer Wohnkultur. (Josef Frank ist in Schweden auch heute noch sehr bekannt als Designer von Teppichen, Möbeln und Stoffen.)

Josef Frank bekam auch als Architekt hochkarätige Aufträge, baute Botschaften und Banken und wurde auch vom schwedischen Königshaus engagiert. 1939 erhielt er die schwedische Staatsbürgerschaft.

Als der Nationalsozialismus auch Teile Skandinaviens erfasste, verließ das Ehepaar Frank 1941 Schweden und ließ sich in New York nieder, wo Josef Frank einen Lehrstuhl für Architektur an der New School for Social Research erhalten hatte. 1947 kehrte er nach Schweden zurück, wo er neuerlich für Svenskt Tenn tätig war. Er schuf für die Firma unzählige Entwürfe, die zum Teil bis heute realisiert werden.

Nach 1945 blieb Josef Frank in Schweden, obwohl es Versuche gab, ihn nach Wien zurückzuholen; er pendelte zwischen seinen Wohnorten in Skandinavien und Südfrankreich. 1948/1949 lieferte er ein Projekt für die Verbauung des Stephansplatzes und das teilweise zerstörte Haas-Haus. Er erhielt den Preis der Stadt Wien für angewandte Kunst und den Großen österreichischen Staatspreis für Architektur, aber Aufträge in Österreich blieben aus.

Josef Frank starb am 8. Jänner 1967 in Stockholm. In den 1980er Jahren begann mit Ausstellungen und Publikationen eine bis heute andauernde "Renaissance" des Künstlers.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Aufnahme in die Kunsthantvaerkornas Gille Stockholm, 1946
  • Goldmedaille der Königlich Patriotischen Gesellschaft, 1949
  • Königlich schwedische Goldmedaille Pro Litteris et Artibus am Bande, 1952
  • Preis der Stadt Wien für angewandte Kunst, 1960
  • erste österreichische Frank-Ausstellung der Österreichischen Gesellschaft für Architektur, 1965
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Architektur, 1965
  • die "Josef-Frank-Gasse" in Wien-Donaustadt wurde nach ihm benannt, 1991

Ausstellungen (Auswahl)#

  • Österreichische Kunstausstellung 1900-1924, Künstlerhaus Wien, 1924
  • Kunstgewerbeausstellung Paris, 1925
  • Ausstellung in Nancy, 1926
  • Machine Age, New York, 1927
  • Die Wohnung. Deutsche Werkbund-Ausstellung, Stuttgart, 1927
  • Heim und Technik, München, 1928
  • Neues Bauen, Hofburg Wien, 1929
  • Österreichische Werkbundausstellung Wien, 1930
  • Werkbundsiedlung. Internationale Ausstellung, Wien, 1932
  • Triennale Mailand, 1933
  • Weltausstellung Paris, 1937
  • Golden Gate Exhibition, San Francisco, 1939
  • Josef Frank, Nationalmuseum Stockholm, 1952
  • Josef Frank, Österr. Gesellschaft für Architektur, Wien, 1965
  • Josef Frank, MAK, Wien, 1981
  • Josef Frank 100 Jahre Jubiläumsausstellung, Svenskt Tenn, Stockholm, 1985
  • Josef Frank, Jüdisches Museum Stockholm, 2007
  • Josef Frank. Against Design, MAK, Wien, 2015/16

Werke (Auswahl)#

Wohn-, Geschäfts- und öffentliche Bauten

  • Haus Scholl, Wildbrandtgasse 3, Wien (mit Oskar Wlach und Oskar Strnad), 1913-14
  • Haus Straus, Wildbrandtgasse 11, Wien (mit Oskar Wlach, Oskar Strnad), 1914
  • Haus Bunzl, Neusiedl bei Pernitz, NÖ (heute Gästehaus der Papierfabrik Bunzl), 1914
  • Haus Wassermann, Paul Ehrlichgasse 4, Wien (mit Oskar Wlach, Oskar Strnad), 1914
  • Arbeiterkolonie Ortmann, Pernitz, NÖ, 1919-1920
  • Kindertagesheim der Arbeiterkolonie Ortmann, Pernitz, Bez. Wr.Neustadt, NÖ, 1921
  • Wohnhausanlage der Gemeinde Wien "Wiedenhofer-Hof", Zeillergasse 7-11 / Liebknechtgasse / Pretschgogasse (Wien 17), 1923-24
  • Wohnhausanlage der Gemeinde Wien "Winarskyhof", Stromstraße 36-38, Stiege 16-23, Wien 20 (mit Oskar Wlach, Oskar Strnad), 1923-25
  • Villa Dr. Herzberg, Neusiedl bei Pernitz, Viktor Bunzlstraße 2, NÖ, 1923-1924
  • Haus Claeson, Falsterbo, Rostockervägen 1, Schweden, 1924-1927
  • Doppelwohnhaus in der internat. Werkbundausstellung in Stuttgart, Am Weißenhof, Rathenaustraße 13-15, Deutschland, 1926-1927
  • Haus Signe Carlsten, Falsterbo, Fyrvägen 16, Schweden, 1926-1927
  • Haus Lang, Wien 19, Cobenzelgasse 54 (Umbau, mit Ernst A. Plischke), 1927-1928
  • Wohnhausanlage der Gemeinde Wien, Wien 14, Sebastian Kelchgasse 1-3 / Cervantesgasse / Drechslergasse (mit Ernst A. Plischke), 1928
  • Grabmal Aron Leiser Mandl, Wien 11, Zentralfriedhof, Alte Israelitische Abteilung, Gruppe 5B, 1929
  • Haus Beer, Wien 13, Wenzgasse 12 (mit Oskar Wlach), 1929-1930
  • Werkbundsiedlung, Wien 13, Veitingergasse/Jagdschlossgasse/Woinovichgasse/Jagicgasse (Planung und Organisation), 1930-1932
  • Doppelhaus in der Werkbundsiedlung, Woinovichgasse 32, 1932
  • Wohnhausanlage der Gemeinde Wien, Wien 11, Simmeringer Hauptstraße 142-150 / Fickeystraße (mit Oskar Wlach), 1931-32
  • Wohnhausanlage der Gemeinde Wien "Leopoldine Glöckel-Hof", Wien 12, Steinbauergasse 1-7 / Gaudenzdorfer Gürtel, 1931
  • Haus Bunzl (Innengesatltung, m. Oskar Wlach), Wien 19, Chimanistraße 18, 1935
  • verschiedene Villenbauten, Wochenend- und Einfamilienhäuser, Stadt- u. Ortsplanungen in Schweden, ab 1934)

Innenraumgestaltung / Design

  • Wohnung Tedesko, Wien 3, Untere Viaduktstraße 16, 1910
  • Innengestaltung der Schwedischen Turnschule, Wien 1, Fleischmarkt 1, 1910
  • Raumgestaltung in der Jahresausstellung Österr. Kunstgewerbe, 1911/12
  • Wohnhalle eines Landhauses in der Frühjahrsausstellung Österr. Kunstgewerbe, 1912
  • Wohnung Jacobsson, Göteburg, Schweden, 1912
  • Wohnung Grossmann, Wien, 1912
  • Einrichtung Museum für Ostasiatische Kunst in Köln (1944 zerstört), 1912
  • Salon in der Ausstellung „Modernes Österr. Kunsthandwerk“, 1923
  • Haus David Löbel, Einrichtung und Gartengestaltung, Wien 13, Geylinggasse 13 (mit Oskar Wlach), 1923
  • Wohnung Brahme, Lund, Schweden, 1923
  • Terrassencafé im Österr. Pavillon bei der Internat. Kunstgewerbeausstellung Paris (mit Oskar Wlach), 1925
  • Wohnung H. und M. Blitz, 1927
  • Bühnenbild zu Bernhard Shaw’s „Kapitän Brassbounds Bekehrung“ am Burgtheater, 1928
  • Teesalon in der Jahresausstellung des Österr. Werkbunds, 1930
  • Villa Kahane, Einrichtung, Gartengestaltung, Teepavillon, Wien 19, Hohe Warte (mit Oskar Wlach), 1930
  • * zahlreiche Möbel- und Stoffentwürfe; weitere Wohnungseinrichtungen; Mustereinrichtungen in div. Ausstellungen; Einrichtungen öffentlicher Gebäude etc.

Nicht realisierte Projekte

  • Ausstellungshalle Zedlitzgasse, Wien 1 (Wettbewerb), 1907
  • Bürohaus bei Maria am Gestade, Wien 1, 1913
  • Volksschule für Tiberias, Palästina, 1922
  • Beamtenwohnhaus für Ortmann, NÖ, 1922
  • Reihenhaus für die Siedlung Stockerau, NÖ, 1922
  • Siedlung Rodaun, Wien 23, Breitenfurterstraße, 1922
  • Siedlung St.Veith an der Triesting, NÖ, 1922
  • Siedlung Klosterneuburg, NÖ, 1922
  • Synagoge in Antwerpen, B (Wettbewerb unter jüd. Architekten), 1923
  • Bebauungsvorschlag für das Gebiet Sandleitengasse, Wien 16, 1923
  • Terrassenrestaurant bzw. Kasino für Wien, 1924
  • Völkerbundpalast in Genf, CH (Wettbewerb), 1926
  • Siedlung mit Patio-Reihenhäusern (mit Ernst A. Plischke), 1927
  • Hochhaus auf den Bürgerversorgungshausgründen, Wien 9 (Wettbewerb)
  • Kindergarten u. Hort, Wien 11, Hasenleitengasse 9, 1931
  • Österr. Pavillon für die Weltausstellung in Paris (Wettbewerb), 1936
  • Vorschläge zur Neugestaltung des Stephanplatzes in Wien, 1949
  • Projekt einer Stadt für 2000 Familien in Wisconsin, USA, 1951
  • zahlreiche weitere Projekte für Einfamilienhäuser, Wohnhausanlagen und sonstige Gebäude in Schweden, Frankreich, New York

Publikationen

  • Architektur als Symbol. Elemente deutschen neuen Bauens, 1931
  • Die Internationale Werkbundsiedlung Wien, 1932
  • zahlreiche Publikationen in verschiednesten Zeitschriften und Büchern

Weiterführendes#

Literatur#

  • Das neue Wien. Städtewerk (Hg. Gemeinde Wien), 1926-1928
  • Österreichischer Werkbund 1929, 1929
  • B. Taut: Die neue Baukunst in Europa und Amerika, 1929
  • J. Spalt, H. Czech, Josef Frank 1885-1967, 1981
  • J. Spalt, Josef Frank 1885-1967. Möbel und Geräte und Theoretisches, 1981
  • M. Welzig: Die Internationalität des Josef Frank (Dissertation), 1994
  • M. Bergquist, O. Michelsen, Josef Frank – Architektur, 1995
  • N. Stritzler-Levine, Josef Frank, Architect and Designer, 1996
  • M. Welzig, J. Frank (1885-1967). Das architektonische Werk, 1998
  • Ch. Long, Josef Frank. Life and Work, 2002
  • H. Weihsmann, In Wien erbaut. Lexikon der Wiener Architekten des 20. Jahrhunderts, 2005
  • I. Meder (Hg.): Josef Frank 1885-1967 – Eine Moderne der Unordnung, 2008
  • Handbuch österr. Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 1
  • Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner, I. Schinnerl


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