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Frass, Wilhelm#

* 29. 5. 1886, St. Pölten (Niederösterreich)

† 1. 11. 1968, Wien

Bildhauer


Frass, Wilhelm
Wilhelm Frass. Foto, um 1925
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien, für AEIOU

Schüler von Hans Bitterlich und Edmund von Hellmer.

1938-45 Leiter der Hochschulklasse der Kunst- u. Modeschule der Stadt Wien sowie Sachberater für Bildhauerkunst im Kulturamt.

Nach 1945 galt Frass bei der Entnazifizierung als „minderbelastet“. Er wurde auf Betreiben des Architekten Josef Hoffmann wieder in den Kunstbetrieb integriert. 1948 bis 1950 war er Mitglied der Wiener Sezession. Frass erhielt ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof (Grab 31/A/1/4). Der Nachlass von Frass befindet sich im Stadtarchiv St. Pölten.

Weiterführendes#

Werke (Auswahl)#

Niederösterreich
  • Böheimkirchen: 1922 Kriegerdenkmal hl. Sebastian, Kalkstein
  • Melk: Kriegerdenkmal
  • Lilienfeld: Bronzeskulpturen an der Hauptschule Castellistraße 8
  • St. Pölten: 1928/29 Kriegerdenkmal, Statue auf hohem quadratischem Sockel
  • St. Pölten: 1935: Dollfußdenkmal auf dem Domplatz, abgetragen
  • St. Pölten: Grabdenkmal Schwarz, Hauptfriedhof
  • St. Pölten: 1908: Krankenhaus St. Pölten, Verwaltungstrakt: „Das schwere Kreuz“
  • St. Pölten: 1911: Grabdenkmal Schmid, Hauptfriedhof
  • St. Pölten: Figuren „Adalbert und Ottokar“, Kremser Gasse 20
  • St. Pölten: Wandbrunnen mit Knabenakt, Erdgeschoß des Olbrichhauses
  • St. Pölten: 1912: Schubertplastik am Haus Rathausgasse 2
  • St. Pölten: 1925: Stele Hubert Schnofl, Völklplatz
  • St. Pölten: 1923: Athletenfiguren am Gebäude Rathausplatz 2/Heßstraße 2–6
  • St. Pölten: Nachlass von Werken im Stadtmuseum St. Pölten

Oberösterreich

  • Linz: 1929 Bronzeplastik Männliche Figur mit erhobenen Armen ab 1954 auf einer Marmorsäule bei der Römerstraße 83
  • Linz: 1934 Fries an der Tabakfabrik: drei männliche und eine weibliche Figur
  • Linz: 1934 Bronzekugel mit plastischer Taube über dem Portal der Friedenskirche Pfarrkirche Christkönig
  • Linz: 1936 Pionierdenkmal mit Architekt Alexander Popp
  • Schwertberg: Kriegerdenkmal

Steiermark

  • Mautern: Drachentöter hl. Georg, Kalkstein

Wien

Denkmal zu Auer von Welsbach – Foto P. Diem
Denkmal zu Auer von Welsbach - Foto: P. Diem

  • Säule des Frohsinns beim Kindergarten im Gemeindebau Sandleitenhof
  • 1932 Gedenktafel zu Franz Klein im Gemeindebau Dr.-Franz-Klein-Hof
  • Krypta im Heldentor am Heldenplatz: 1933/34 Kriegerdenkmal, aus rotem Marmor geschaffenes Epitaph eines toten Soldaten
  • Ehrenhalle: drei Meter hoher Doppeladler aus Stein und ein Lorbeerkranz aus Kupfer
  • 1935 Denkmal zu Carl Auer von Welsbach in der Währinger Straße Nr. 38–42
  • 1939 "Die Ostmark"
  • 1951 Schreitender im Gemeindebau Karl-Seitz-Hof
  • Skulpturen am Wohnhausbau Am Modenapark 7, Bauherr war sein Bruder Rudolf Frass

Türkei

  • Ankara: eine aus Kalkstein vor Ort gemeißelte Hygeia am Hygiene-Institut

Literatur#

  • Ausstellungskatalog, St. Pölten 1963



Der Bildhauer Wilhelm Fraß#

"Völkischer Beobachter", Weihnachtsnummer 1938

1939 geschaffene 'Allegorie der Ostmark
Wilhelm Frass, Die Ostmark. Foto des Künstlers mit seinem Werk. Quelle: Selma Krasa-Florian: Die Allegorie der Austria, Wien 2007
Dem zusammenfassenden Buch über das bisherige Schaffen des Bildhauers Wilhelm Fraß müsste ein Titelbild vorangehen, das den Meister auf der an einer Riesenwand angelehnten Leiter zeigt, umfangen vom gewaltigen Arm der nackten weiblichen Gestalt einer Riesenplastik, der sieben Meter hohe, aus Kalksten an Ort gemeißelte „Hygeia“ am Hygiene-Institut in Ankara, der Hauptstadt der neuen Türkei, einem Symbol des Willens eines Staatsmannes und ein Zeuge für das Kunstwollen eines Bildhauers. In die Architektur, die Kunst der strengen Ordnung, fügt sich die Bildhauerei, die Kunst der freien Ordnung, dienend und doch die Eigenart wahrend, ein. Das ist nicht Selbstüberhebung, das ist Selbstüberwindung, das ist Einstellen in die Reihe, das Ich fügt sich zum Du und zur Gesamtheit.

Wilhelm Fraß hat nie anders gedacht, nie anders gefühlt. Er gehört in die Reihe der alten Steinmetzen, die ihre herrlichen Werke dem Gebirge der gotischen Dome einfügten, die in Demut ihr steinernes Scherflein zum gewaltigen Formakkord beitrugen, immer glücklich, einem Gott, einem Volk und einer künstlerischen Idee dienen zu können.

Neben diesem einmaligen Werk in Ankara stehen andere, die sich mit einem begrenzten Raum oder einem von Häusern umgebenen Freiraum begnügen müssen. Verschiedenen Aufträgen entsprechend, in allen bekannten Rohstoffen, mag sein Werk buntgewürfelt erscheinen, wie die verflossene Zeit, in der es entstand. Ihn führte ein Leitstern, den Bruno Brehm 1937 in einem Artikel über den Bildhauer so treffend kennzeichnete: „Möge die zerklüftete Welt, in die diese Gestalten aus Stein und Erz gestellt sind, sich wieder schließen, damit die steilbrennende Flamme nicht verschwele und der Ruf nicht verhallt. Dann werden uns das kühle Metall und der kalte Stein jene Wärme spenden, die heute schon on der allzu kühlen Krypta das Grab des Unbekannten Soldaten ausstrahlt.

Haben wir zu wenig von dem Meister selbst gesprochen? Aber er ist doch ein Mann, der getrost sein Werk für sich alleine sprechen lassen kann. Der Weg zu ihm und zu seiner ernsten Kunst wird für viele weit und beschwerlich sein. Aber es lohnt sich, diesen Weg zu gehen, denn er strebt einer Einheit zu, nach der wir uns alle sehnen.“

Zwei wichtige Zeitabschnitte, der eine überwunden, der andere erhofft, haben für sein Schaffen besondere Bedeutung gewonnen: Der große Krieg, den Fraß als Infanterieoffizier mit den Banater Schwaben mitkämpfte und der Anbruch einer neuen Zeit durch den Anschluß der Ostmark an der Dritte Reich.

Als Kämpfer an der Front hatte der Bildhauer keine Gelegenheit zum Schaffen, wohl aber wuchs aus diesem großen Erleben die einzigartige Befähigung zum aufrichtigen und tiefen Erfassen jener H e l d e n m a l e, die in der Nachkriegszeit zuerst seinen Weg kennzeichnen und die berufen gewesen wären, den Kampf gegen Kitsch und Schund, gegen die unkünstlerische Verhöhnung der heldischen Aufopferung zu führen. Um eine engere Heimat (geb. 1886 in St. Pölten) entstanden die Kriegsdenkmäler von Böheimkirchen, Melk, Schwertberg, in St. Pölten selbst, dann für Mautern in der Steiermark und schließlich als Krönung dieser Reihe, der schlichte Steinsoldat im Wiener Heldendenkmal, d a s Mahnmal Österreichs, während auf dem St. Pöltner Denkmal durch die Inschrift: Dem Gedenken gefallener Kameraden des Ergänzungsbereiches St. Pölten, die Grenze weit über das Stadtbild hinausgeschoben wurde. In den meisten Fällen stellt Fraß auf die runde oder eckige Säule barocker Prägung ein Symbol.

In Böheimkirchen (1922) ist’s noch ein Sebastian, in Mautern der Drachentöter Georg, beide aus Kalkstein, in St. Pölten aber bereits ein bronzener, reich geformter, nackter Fallender und im Wiener Heldenmal der in Mantel und Stahlhelm den ewigen Schlaf haltende Soldat. Vom Symbol zur eigenen, zur zeitgemäß geläuterten.(sic)

Aus der übersinnlichen Idee in christlicher Anschauung wurde im St. Pöltner Denkmal bereits eine persönliche Auffassung im allgemein menschlichen Sinn (der Arme aufwerfende und zusammensinkende Mensch ist eine Weiheerinnerung an den gefallenen Hauptmann des Künstlers) und im ruhig daliegenden Soldaten des Wiener Denkmals war es dem Künstler vergönnt, im großen Schlussstein dieser Reihe, die Brücke von der Gegenwart zu den Steinmetzen der deutschen Vergangenheit, zu den Schöpfern der wuchtigen Grabdeckel zu schlagen.

In einem der bedeutendsten Werke des Meisters, der A u e r – W e l s b a c h – E r i n n e r u n g s s ä u l e an der Währingerstraße, ist die nackte männliche Gestalt auf dem hohen, vierkantigen Inschriftpfeiler zum prophetischen Sinnbild unserer Tage geworden: Kopf hoch, hier ist das Licht, das uns nie wieder verlassen wird! Der bronzene Fackelträger, hoch über der Straße, schreitet voll Zuversicht in die neue Zeit. In einem ewigen Mal hat sich der Künstler mit seiner Idee und seinem unerschütterlichen Glauben zum großem Mann der Wissenschaft gefunden. Wie für die Menschen aus dieser Erfindung, so begann auch für den Bildhauer ein neuer Abschnitt in seinem Schaffen.

Die Kindersäule im Kindergarten Sandleiten mit den reizenden molligen Geschöpfen ist ein Beweis der vollzogenen Lösung von den Bindungen der Vergangenheit und von der Anpassungsfähigkeit an den Bau der Gegenwart. Das ist keine Märchenwiederholung und keine Nachahmung einer Stiles, das ist freikünstlerisches Schaffen mit der nackten menschlichen Gestalt, eingebunden in die strenge architektonische Ordnung. Der n a c k t e M e n s c h ist in allen Bildhauerwerkstätten der Gegenwart zu sehen, er ist d e r Gegenstand, in den der Künstler seine Idee gießt.

Und noch immer laufen die Stufen von der diebischen Nachahmung bis zum richtigen Schöpferprozess an diesem überragenden Vorbild der Natur durch. In Laaser und Kärtner Marmor schuf Fraß weibliche Gestalten, die bei aller Achtung des natürlichen Wuchses und bei aller Durchbildung der einzelnen Körperteile die Einheit, den aus dem Künstlerwillen stammenden schöpferisch harmonischen Einklang vor Augen führen und den Betrachter erheben. Die Bildnisköpfe in Terrakotta, Marmor, Wachs und Bronze, seine kleinstvoluminösen Arbeiten, zeigen ihn als den Beobachter und beweisen die treffende Rohstoffwahl für das abzubildende Einzelwesen.

An dem Neubau der Linzer Tabakfabrik befindet sich, um noch eins von vielen Beispielen zu erwähnen eine mustergültige B a u p l a s t i k, die auf den Bau und die Arbeitsidee voll Rücksicht nimmt. Fraß greift hier (1934) wieder zum Sinnbild Denken, Arbeit und Handel, dargestellt durch drei männliche Gestalten zwischen dem alten, dem neuen Bau, dem „angemalten Türken“ von einst, und einer weiblichen Figur, die Gegenwart darstellend, das ist die geformte Idee.

Der große Krieg hat an der inneren Bildung des Künstlers Anteil, in der Folgezeit reifte die Form in idealistischen Werken, die der Verherrlichung der heldischen Aufopferung der Wissenschaft und der schönen menschlichen Gestalt dienten, und in dem nun angebrochenen Neubau des Reiches ist für ihn, wie für die anderen Kämpfer an seiner Seite, der Weg zum monumentalen Schaffen frei. Fraß hat sich nie weltüberdrüssig oder gemeinschaftsfeindlich in seine Werkstatt zurückgezogen, um ein bodenloses Kunstturnen zu betreiben. Er trat immer für die Kunst im Rahmen der Volksgemeinschaft und für die Geltung des Bildhauers im besonderen ein. Sein Wirken im Kulturamt der Stadt Wien hat in kurzer Zeit schöne Früchte gezeitigt. Wie im großen Tilman Riemenschneider, der in einer Zeit bedeutender Entscheidungen ein soziales Amt innehatte, ist auch Fraß vergönnt, seine Verbundenheit mit der Zeit und dem Volk als getreuer Eckart, als Steinmetz, der begeister in der Reihe der aufbauwilligen Männer steht, zu bekunden. Aus dieser Gesinnung kommt das Ebenmaß seiner Werke.

In einem Brief vom 20. Dezember 1938 teilte mir der Künstler folgendes mit:

„Zu dem Heldendenkmal will ich Dir noch etwas erzählen, was auch die Leser des VB interessieren dürfte. Die Steinfigur des Toten Kriegers stellte ich im Frühjahr 1935 in der Krypta auf. In einem unbeobachteten Augenblick konnte ich eine bereits vorbereitete Mulde im Sockel eine Metallhülse legen, die alsbald, noch bis heute und vielleicht für immer von der schweren Figur verdeckt wurde. Bei allen möglichen Anlässen standen die damaligen hohen Würdenträger der Systemzeit vor der Figur und hatten keine Ahnung (was für mich einigermaßen belustigend war!), dass unter der Figur eine „hochverräterische“ Inschrift liegt, denn damals war sie es. Den ganzen Wortlaut des Textes weiß ich heute nicht mehr, doch der Sinn ist der: Dass ich dieses Figur des toten Kriegers zum Gedenken an meine gefallenen Kameraden gemacht habe und dass mit dem Tage, an dem wir Österreicher im Zeichen des Hakenkreuzes (Sonnenrades) mit allen Deutschen ein Volk bilden, die Gefallenen nicht umsonst ihr Leben gelassen haben - Und mit dem Tag – den 15. März 1938 – an dem der Führer des erste Mal den Kranz vor diese Figur im Heldendenkmal legte, hatte sich mein Wunsch erfüllt. Du kannst dir denken, dass das damals, nebst allem anderem, ein besonders großer Tag für mich war."

Quelle: Dr. Karl Hareiter (25./26.12.1938, S. 6)


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