Freyung#
von Kurt HenglDieser Platz, in seinem Grundriß ein unregelmäßiges, langgestrecktes Dreieck, ist einer der ältesten der Wiener Innenstadt und besticht - trotz des durchströmenden Verkehrs - durch seine intime und pittoreske Atmosphäre. Er wird an seiner Schmalseite durch Schottengasse und die elegante Herrengasse, welche das Schottentor an der ehemaligen Stadtmauer mit der kaiserlichen Hofburg verbindent, begrenzt und öffnet sich gegen Südosten über den Heidenschuß zum Platz Am Hof, wo sich die Babenberger Pfalz befand. Die folgende Beschreibung folgt der Häuserzeile Freyung 6- 9, sodann der Häuserzeile Freyung 4-1.
Der Name Freyung hängt mit der 1181 verfügten Befreiung des Klosterbesitzes der Benediktiner von der landesfürstlichen Gerichtsbarkeit zusammen: Nachdem der Babenberger Markgraf Heinrich II. " Jasomirgott" um 1145 seine Residenz nach Wien verlegt hatte, berief er um 1155 irische Mönche und schenkte ihnen dieses Areal. Sie wurden als „Schotten“ bekannt, da man Irland damals Neu-Schottland (oder Scotia minor) nannte. Die Benediktiner bauten eine romanische Kirche, "Unsere liebe Frau zu den Schotten" deren Chor im Todesjahr Heinrichs, ab 1156 Herzog von Österreich, 1177, vollendet war. Sowohl die Schottenkirche (Freyung 6a) als auch sein Schottenkloster (Freyung 6) wurden im Lauf der Geschichte mehrmals umgebaut und präsentieren sich heute als teils barockes, teils klassizistisches Ensemble, das den Platz dominiert. Neben der Kirche ist auch das Stiftsmuseum sehenswert. Vor der Kirche finden schon seit 1732 verschiedene Jahrmärkte statt, heute erfreuen sich Oster- und Weihnachtsmärkte großer Beliebtheit. Zum Areal des Klosters gehören noch das Gästehaus zum hl. Benedikt sowie das 1773 erbaute Prioratshaus (Freyung 7), im Volk als Schubladkastenhaus bekannt, da seine damals neuartige Fassade mit gleichförmigen Stockwerken einem Möbelstück glich.
Gleich jenseits der Strauchgasse schiebt sich der mächtige modernere Quader Freyung 8-9 in den Platz. Die Credit_Anstalt für Handel und Gewerbe ließ nach Abriß mehrerer älterer Gebäude hier zwischen 1916 und 1921 vom Architektenteam Ernst Gotthilf und Alexander Neumann im neoklassizistischen Stil ihre Bank errichten. Ihre Nachfolgeinstitution, die Bank Austria, nutzt den Bau für ihr Kunstforum, daneben ist seit 2012 auch der Österreichische Verfassungsgerichtshof etabliert.
Den Herrengassenabschluß des Platzes bilden die beiden Palais Kinsky-Daun (Freyung 4) und Porcia. Lukas von Hildebrandt schuf für Philipp Lorenz Daun zwischen 1713 und 1716 das erste dieser Palais, eines der bedeutendsten Barockbauten Wiens mit reich dekorierter Fassade und prunkvollem Interieur, unter anderem die berühmte doppelläufige Feststiege. Durch Kauf und Erbschaft kam es über die Familien Khevenhüller und Harrach 1784 an den Fürsten Kinsky.
Das Palais daneben gehörte ab 1667 dem Fürsten Carl von Porcia, dem Berater Kaiser Leopolds I. Von 1883 bis 1902 war es Sitz des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes, heute beherbergt es die Amtsbibliothek des Bundeskanzleramtes.
Dieses Palais, obwohl bereits zur Herrengasse gezählt (Nr. 23), öffnet sich architektonisch noch zur Freyung dank des kleinen PAN-Parkes, der wohltuend die Zufahrt zu einer Tiefgarage kaschiert und der dem Dachverband der österreichisch- ausländischen Freundschaftsgesellschaften gewidmet ist.
Danach schließt ein großer Baukörper auf dreieckigem Grundriß die Freyung von der Herrengasse ab, dominiert vom Palais Harrach (Freyung 3 und Herrengasse 16). Auf ursprünglich drei Grundstücken, die zwischen 1623 und 1690 von der gräflichen Familie Harrach erworben worden waren, errichtete der italienische Architekt Domenico Martinelli diesen barocken Prachtbau, der auch ab 1850 die gräfliche Gemäldesammlung beherbergte. Im zweiten Weltkrieg schwer zerstört, wurde das Palais 1948 - 1952 unter Rekonstruktion des barocken Zustandes wiederhergestellt. Auch die an der Herrengasse gelegene Mariae Empfängnis- Kapelle aus 1703, die unter Kaiser Josef II. geschlossen worden war, wurde restauriert und wieder öffentlich sichtbar gemacht.
Das Ende dieser Häuserzeile, Freyung Nr 1, bildet das Palais Hardegg (auch als Palais Kaunitz bekannt). Ursprünglich mit vier kleinen Häusern verbaut, war das Grundstück von 1694 bis 1797 im Besitz der Familie Graf Kaunitz, später von Graf Metternich, bis 1847 Graf Hardegg nach Plänen von Johann Romano und August Schwendenwein hier ein palaisartiges Miethaus errichten ließ. Es kam 1897 an die Österreichisch- Ungarische Bank, 1924 an die Anglo-Östereichische Bank und wird gegenwärtig vom östereichischen Unterrichtsministerium genützt. An der Fassade des Eckhauses der Strauchgasse 1 erinnert sagenumrankt ein Türke mit Säbel an die Türkenbelagerung 1529 (Heidenschuß)
Zwischen Palais Harrach und Palais Hardegg eingeklemmt, bestand von 1700 bis 1855 auf der Freyung 2 ein barocker Bau des Reichsgrafen Abensperg-Traun. 1855 erbaute Heinrich von Ferstel auf diesem architektonisch schwierigen Grundstück mit drei Straßenfronten (Freyung 2, Herrengasse 14 und Strauchgasse 4) ein Gebäude für die Östereichisch- Ungarische Bank. Heute unter dem Namen Palais Ferstel bekannt, finden sich darin das berühmte Café Central, Ausstellungsräume und Restaurants.
Text der Freyung: Kurt Hengl
Text und Fotos des Austria-Brunnens: Peter Diem
Der Austriabrunnen auf der Wiener Freyung (1844-46)#
1846 stiftete die Wiener Bürgerschaft den Austria-Brunnen auf der Freyung. Die hochaufragende Bronzestatue der Austria - im Krönungsmantel, am Haupt über dem offenen Haar die bürgerliche Stadtmauerkrone, in der Rechten eine Lanze und in der Linken den Schild mit dem kaiserlichen Doppeladler - steht auf einer astwerkgeschmückten Säule, zu ihren Füßen vier Flussgottheiten, eine davon männlich. Sie stellen die Hauptflüsse der Monarchie dar: Elbe und Weichsel, Donau und Po. Diese vier Ströme, die in vier verschiedene Meere fließen, symbolisieren die vier großen Sprachgruppen des Habsburgerreiches: Germanen und Slawen, Ungarn und Italiener. Die Wahl der vier Flüsse war auch der Grund, warum der Brunnen nicht mit der Allegorie der Vindobona, wie ursprünglich geplant, sondern mit jener der Austria geschmückt wurde. Die Grundform des Brunnens, das vierblättrige Kleeblatt, könnte als Symbol für Österreichs Glück gemeint gewesen sein ("Bella gerant alii, tu felix Austria nube...").Die von Ludwig Schwanthaler (1802-1848) gestalteten Figuren wurden von Ferdinand Miller in München gegossen. Angeblich wurden in der Statue auf ihrem Weg von München nach Wien Zigarren geschmuggelt, die sich noch immer in der Bronzeplastik befinden sollen, weil diese so schnell aufgestellt wurde, dass der Schmuggler keine Gelegenheit mehr hatte, das Schmuggelgut zu entfernen.
Um eine Säule, die von ornamental gehaltenen Eichen umrankt ist, reihen sich die vier Hauptflüsse des Kaiserreiches: Donau, Po, Weichsel und Elbe. Entgegen der römischen Tradition, Flussgötter liegend darzustellen (siehe Donnerbrunnen) wählt Schwanthaler einen völlig neuartigen Typus: Sämtliche Figuren stehen! Und: die Flüsse mit ihren deutschen Namen dargestellt.
So wurde aus dem männlichen Danubius die weibliche Donau. Allen Figuren ist ein Ruder oder Steuer beigegeben, als Zeichen der Schiffbarkeit dieser Flüsse.
Po, Elbe und Weichsel weisen durch die sie umgebenden Schilfbüschel und Felsformationen auf ihre Eingebundenheit in die Natur hin. Zwischen den Figuren besteht kein szenischer Zusammenhang. Weder durch Gestik noch durch Blickkontakt oder gleiche Blickrichtungen werden sie zueinander in Beziehung gebracht. Jede Figur ist als Standfigur konzipiert und eine für sich abgeschlossene Komposition.
Die Figur der Donau trägt ein einfaches Kleid. Das Antlitz ist, wie bei allen anderen Figuren auch, antikisch idealisiert. Sie ist frontal dargestellt, blickt hinauf zur Sonne und hält mit der Linken einen Teil ihres Haares in Schulterhöhe. Dieser Gestus ist eine ikonographische Form der Nymphendarstellung, welche diese entweder mit ihrem Haar spielend oder das nasse Haar auswringend darstellt. Die Figur trägt ein Muschelarmband.
Die Weichsel steht langgelockt und kühn vor uns. In einer Hand hält sie einen Schleusenschlüssel als Sinnbild für die Verbindung der Weichsel mit dem Fluss Nogat. Das auffallend Neue an der Statue der Weichsel ist die für eine Darstellung einer Flussgöttin ungewöhnliche Präsentation mit einem Bärenfell, die auf Schwanthalers Statue der Bavaria in München zurückgeht (1843-1850 hergestellt). Das zottige Bärenfell wird auch hier über dem langen Kleid gegürtet und über die linke Schulter gelegt.
Die Elbe ist der Donau sehr ähnlich dargestellt. In ruhiger, gelockerter Haltung, auf ihrem Haupt Blümchen und Schilf, lehnt sich die Elbe an ein stilisiertes Felsmassiv. Mit der Linken stützt sie sich auf den Kopf Rübezahls, der mit Vollbart und Kapuze als halbfigürliches Porträt aus dem Felsen wächst. Er hauste der Sage nach im Riesengebirge, dem Quellgebiet der Elbe. Die Meermuschel in der Hand deutet auf ihren Weg in den Ozean.
Der Po ist als muskulöser, bärtiger Mann, mit schilfbekränztem Haupt den antiken Flussgöttern entsprechend dargestellt.
So wie auch die Weichsel hält er den antiken Schleusenschlüssel der Aquaeducte.
Dies ist eine Anspielung auf den Naviglio Grande, der den Po mit dem Fluss Tessin verbindet.
Quelle: Hedwig Abraham, Tourist Guide Website
Bilder der Gebäude der Freyung: Kurt Hengl und Peter Diem
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-- gamauf gerald antal, Montag, 10. August 2020, 11:09
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