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Geschichte Österreichs#

Im Unterschied zur Geschichte der einzelnen Bundesländer Österreichs ist in der Geschichte des Gesamtstaats die unterschiedliche Ausdehnung der Monarchie besonders zu berücksichtigen. Für die Zeit der Frühgeschichte und der Antike konzentriert sich die Forschung auf das Gebiet des heutigen Staates, weil in diesen Epochen kein staatlicher Vorgänger bestand. Das Königreich Noricum der vorrömischen Periode deckte sich nur zufällig einigermaßen mit dem jetzigen Staatsgebiet.


Im Hochmittelalter erfolgte die allmähliche Loslösung vom bairischen (bzw. alemannischen) Stammesherzogtum und die Ausbildung eines Landrechts, dann der Zusammenschluss einzelner Länder unter einem Herrscher. Die Habsburger griffen bald über die österreichischen Länder hinaus, strebten durch Rudolf III. nach Böhmen und durch Albrecht I. und Friedrich III. nach der deutschen Königskrone. Seit Herzog Albrecht V. erlangten sie für Jahrhunderte die deutsche Königs- und Römische Kaiserwürde. In der Folge hatten die Herrscher nicht nur die Interessen ihrer Länder, sondern auch diejenigen des Reichs zu vertreten.


Bis 1918 wurde die Geschichte Österreichs ab dem späten 15. Jahrhundert weitgehend als Interessengeschichte des Herrscherhauses aufgefasst. Diese begann, als sich das Haus Österreich unter Maximilian I. über die Niederlande und später nach Spanien ausdehnte. Als 1526 die seit Jahrzehnten vorbereitete Erbschaft der böhmischen und ungarischen Länder anfiel, erhielten die Interessen des Hauses Habsburg eine weitere Dimension, nämlich Mitteleuropa und den Kampf um Ungarn gegen die Osmanen. Für diese Perioden war es bis 1918 selbstverständlich, die Entwicklung dieser Ländergruppen (auch vor 1526) als Einheit zu schildern. Ein besonderes Beispiel dafür ist das "Handbuch der Geschichte Österreich-Ungarns" von K. und Mathilde Uhlirz, das auch in der 1963 erschienenen 2. Auflage an diesem Grundsatz festhielt.


Seit dem 30-jährigen Krieg vertrat das Haus Österreich stellvertretend das Reich, besonders gegenüber Frankreich an der Rheingrenze, und hatte dort viele Kriege zu führen. Der Antagonismus kulminierte im Kampf um das spanische Erbe in Italien und in den Niederlanden, wobei am Ende dieses Konflikts sowohl die Erwerbung Ungarns und eines großen Teils der Balkanländer als auch italienische Provinzen und der Spanischen Niederlande in Darstellungen einbezogen werden müssen.


Maria Theresia kämpfte gegen Preußen um Schlesien, erwarb Galizien und die Bukowina, nachdem ihr Vater Karl VI. durch die Pragmatische Sanktion die österreichische Monarchie als Vielfalt von Ländern unter einem Herrscher geschaffen hatte. Joseph II. wollte daraus einen Einheitsstaat gestalten, scheiterte aber an vielfacher Opposition. Die Napoleonischen Kriege brachten eine Bereinigung des Gebietsumfangs, den Verlust weit entfernter Länder, dafür aber die Bindung an den Deutschen Bund und an Italien mit dem lombardo-venezianischen Königreich. Die meisten politischen Aktivitäten dieser Jahrhunderte ereigneten sich außerhalb des Gebiets der Republik, die betroffenen Länder und ihre damalige Bedeutung für den Gesamtstaat müssen daher entsprechend in der österreichischen Geschichte berücksichtigt werden.


Auch die Geschichte der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ohne Kenntnis der Verhältnisse in den damaligen Kronländern und in Ungarn nicht zu verstehen, ebensowenig die Geschichte des 1. Weltkriegs.


Seit 1918 erfolgte eine Beschränkung auf das Gebiet der Republik, andererseits das Hervorheben sozialer und kultureller Entwicklungen bei möglichster Ausschaltung der Rolle des Hauses Habsburg. Nach 1945 versuchte die österreichische Geschichtsschreibung, ein ausgewogenes Bild von Staat und Herrscherhaus zu vermitteln. Die Frage, inwieweit man auch die Darstellung früherer Zeiten auf den Raum der Republik beschränken soll, blieb aber weiterhin offen. Phänomene der Kulturgeschichte (Bauwesen, Kunst, Literatur, Musik) und auch die Sozialgeschichte lassen sich eher in diesem kleineren Rahmen begreifen als Fragen der Wirtschaftsgeschichte.


Wissenschaftliche Gesamtdarstellungen der österreichischen Geschichte gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Bis dahin herrschten Landes- oder Dynastiegeschichte vor, die bis in das Mittelalter zurückreicht. In der mittelalterlichen Geschichtsschreibung stellte der Wiener Augustinermönch Leopold Stainreuter in der "Chronik von den 95 Herrschaften" in einer Kette von 81 legendären Herrschergenerationen eine Verbindung Osterlands und Österreichs mit antiken und biblischen Gestalten her. Die herausragende Persönlichkeit der spätmittelalterlichen Geschichtsschreibung war Thomas Ebendorfer. Erste kritische Darstellungen sind dem Humanismus zu verdanken. Die "Austria" des Johannes Cuspinianus bringt im 1. Teil Biographien der Babenberger und Habsburger, im 2. Teil Landeskunde. Das Werk wurde 1553 gedruckt, huldigte wohl der Dynastie, die Konzeption war aber territorial orientiert. H. J. Fuggers "Ehrenspiegel des Hauses Österreich" galt der Dynastie, das Land erscheint als Schauplatz der Taten der Herrscher. Diese Art wurde während der Barockzeit weiter gepflegt, ebenso noch von E. M. Lichnowsky (1789-1845), dessen 8-bändige Dastellung (1836-44) 1490 abbricht. Eine rationale Wendung vollzog sich in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, es kam aber keine Gesamtdarstellung zustande. J. F. Schneller (1777-1832) unternahm den Versuch einer "Staatsgeschichte des Kaisertums Österreich von der Geburt Christi bis zum Sturz Napoleons" (4 Bände, 1817-19), allerdings wurde der letzte Band von der Zensur verboten und erschien erst 1828 als selbständiges Werk. J. Majlaths (1786-1855) Werk, "G. des österreichischen Kaiserstaates" (5 Bände, 1834-54) reicht bis 1850, Hermann Günther Meynerts "Geschichte Österreichs" (6 Bände, 1842-50) ist ausführlich, aber populärwissenschaftlich. Auch von tschechischen Seite entstanden Darstellungen, so von W. Tomek mit der "Geschichte des österreichischen Kaiserstaates" (1853) und dem "Handbuch der Geschichte des österreichischen Kaiserstaates" (1858, reicht bis 1526); darin wurde die Stellung der slawischen Völker entsprechend hervorgehoben. Eine populärwissenschaftliche Darstellung erschien 1863 mit der "Österreichischen Geschichte für das Volk" (17 Bände), die von A. von Helfert mit 17 Mitarbeitern verfasst wurde.


In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts traten 3 bedeutende Historiker mit Gesamtdarstellungen hervor: Karl Felix Martin Mayer, Franz Krones Ritter von Marchland und Alfons Huber. Mayer war Deutschböhme, wirkte als Lehrer in Graz und brachte 1874 die "Geschichte Österreichs mit besonderer Berücksichtigung des Kulturlebens" heraus. Das bis zu seiner Gegenwart reichende Werk zeigt eine gemäßigte deutsch-liberale Haltung. Es erschien 1900 in 2., 1909 in 3. Auflage. Eine Neuauflage von R. Kaindl und H. Pirchegger erschien 1935-37 in 3 Bänden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Werk durch A. Klein neu bearbeitet (5./6. Auflage, 3 Bände, 1967-74). F. von Krones, Professor in Graz, veröffentlichte 1876-79 ein "Handbuch der österreichischen Geschichte" sowie einen "Grundriss der österreichischen Geschichte mit besonderer Rücksicht auf Quellen und Literaturkunde" 1882. A. Huber brachte 1885-96 5 Bände einer Geschichte Österreichs heraus, die, ohne auf das Kulturleben einzugehen, bis 1658 reichen. Oswald Redlich setzte diese bis 1740 fort. K. und M. Uhlirz versuchten mit dem "Handbuch der Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn" (1927-44) eine Darstellung der Gesamtmonarchie, allerdings wurde nur die Darstellung des 19. Jahrhunderts (1941) umfassend ausgeführt, während der 1. Teil einen Überblick bis 1790 bringt. Die Neuauflage (1963) des 1. Teils reicht bis 1526. Eine weitere Darstellung der Geschichte Österreichs schrieb Hugo Hantsch 1936. Das 2-bändige Werk wurde nach 1950 neuaufgelegt (1. Band 1959, 2. Band 1962). Die bedeutendste Gesamtdarstellung schuf Erich Zöllner, der sich bewusst auf das Gebiet der Republik beschränkte (1961, 1990). Eine 10-bändige Geschichte Österreichs, herausgegeben von Herwig Wolfram als Gemeinschaftswerk von 20 Autoren, erscheint seit 1994.

Literatur#

  • Probleme der Geschichte Österreichs und ihrer Darstellung, Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs der Akademie der Wissenschaften 18, 1991


Quelle#

Österreich Lexikon, Verlagsgemeinschaft Österreich-Lexikon (Christian Brandstätter Verlagsgesellschaft Wien, Ed. Hölzel Wien, Österreichischer Bundesverlag), 3 Bände, 2004


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