Lorenz, Konrad (Zacharias)#
* 7. 11. 1903, Wien
† 27. 2. 1989, Altenberg (Niederösterreich)
Arzt, Zoologe, Verhaltensforscher
Nobelpreis (für Medizin)
Konrad Lorenz wurde am 7. November 1903 als Sohn des bekannten orthopädischen Chirurgen Adolf Lorenz in Wien geboren, wo er auch aufwuchs und die Schule besuchte.
Nach der Matura 1922 am Schottengymnasium in Wien studierte er - dem Wunsch seines Vaters entsprechend - Medizin in New York und Wien und promovierte 1928 zum Dr. med. Weil er sich schon früh für Biologie und Tierverhalten interessierte, begann er 1926 zusätzlich ein Studium der Zoologie, das er 1933 mit der Promotion zum Dr. phil. abschloß.
Von 1928 bis 1935 war Konrad Lorenz Assistent am II. Anatomischen Institut der Universität Wien. 1937 habilitierte er sich dort als Dozent für Vergleichende Anatomie und Vergleichende Tierpsychologie und erhielt im folgenden Jahr seinen ersten Lehrauftrag.
Schon während seines Studiums legte er mit der Erforschung von tierischen Instinktbewegungen den Grundstein für die vergleichende Verhaltensforschung. Seine Arbeit "Über den Begriff der Instinkthandlung" von 1937 gilt als Beginn der vergleichenden Verhaltensforschung.
Nicht zuletzt durch den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 erhielt Lorenz 1940 (als NSDAP-Mitglied) den Lehrstuhl für Psychologie an der Universität von Königsberg. Er wurde damit ordentlicher Professor und Leiter des Instituts für vergleichende Psychologie der Universität Königsberg.
Ab 1941 war er als Arzt im Kriegsdienst, 1944 geriet er in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1948 nach Altenberg zurückkehrte. 1949 gründete er die Station für vergleichende Verhaltensforschung auf seinem Gut in Altenberg bei Greifenstein an der Donau (Niederösterreich), die er bis 1951 leitete.
Trotz seiner nationalsozialistischen Vergangenheit wurde er 1951 Leiter des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie in Buldern/Westfalen und 1954 stellvertretender und 1961 Direktor des neu gegründeten Max-Planck-Instituts für Verhaltensforschung in Seewiesen/Bayern.
Im Jahr 1973 erhielt er - gemeinsam mit Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen - für seine Forschungsarbeiten den Nobelpreis.
1973 kehrte er nach Österreich zurück und übernahm bis 1982 die Leitung der Abteilung für Tiersoziologie des Instituts für vergleichende Verhaltensforschung der Akademie der Wissenschaften in Grünau am Almsee. Von 1982 bis zu seinem Tod 1989 war er Leiter der Forschungsstelle für Ethologie, dem nach ihm benannten Konrad-Lorenz-Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Altenberg.
Konrad Lorenz erforschte - u.a. an Dohlen, Kolkraben und (den sein wissenschaftliches Werk dominierenden) Graugänsen - Instinktverhalten und Ausdrucksbewegung, Sexual- und Aggressionsverhalten der Tiere, den auf Schlüsselreize ansprechenden Auslösermechanismus sowie die stammesgeschichtliche Entwicklung des angeborenen Verhaltens.
Ende der 1970er Jahre begann er sich in der Umweltschutzbewegung zu engagieren und warnte wiederholt vor den Gefahren der Umweltzerstörung. 1978 - besonders im Zuge der Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf - wurde er zu einer Leitfigur der sich formierenden Umweltschutzbewegung.
Am 27. Februar 1989 starb Lorenz im Alter von 85 Jahren in Altenberg.
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- Preis der Stadt Wien für Naturwissenschaften, 1959
- Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, 1964
- auswärtiges Mitglied der Royal Society, ab 1964
- Mitglied der National Academy of Sciences der USA, ab 1966
- Ehrenmedaille in Gold, 1969
- Paracelsus-Ring Villach, 1973
- Nobelpreis für Physiologie und Medizin (zusammen mit den Verhaltensforschern Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen), 1973
- Ehrenbürger von Wien, 1983
- Ehrendoktorate folgender Universitäten
- Leeds, 1962)
- Basel, 1966
- Yale, 1967
- Oxford, 1968
- Loyola/Chicago, 1970
- Durham, 1972
- Birmingham, 1974
- katholische Universität Mailand, 1981
- Veterinärmedizinischen Universität Wien, 1980
- Salzburg, 1983
(Wurde 2015 widerrufen: als Hauptgrund für die posthume Aberkennung nennt die Universität Salzburg die aktive Verbreitung nationalsozialistischer Ideologie, was im Verfahren der Verleihung des Ehrendoktorats verschwiegen worden war.)
- von 1981 bis 2005 wurde der Konrad-Lorenz-Preis vom österreichischen Umweltminister für den Einsatz für Natur und Umwelt vergeben (er war mit rund 20.000 Euro dotiert).
Werke (Auswahl)#
- Der Kumpan in der Umwelt des Vogels, 1935
- Die angeborenen Formen möglicher Erfahrung, 1943
- Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen, 1949
- So kam der Mensch auf den Hund, 1950
- Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression, 1963
- Über tierisches und menschliches Verhalten, 1965
- Die Rückseite des Spiegels, 1973
- Acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, 1973
- Vergleichende Verhaltensforschung oder Grundlagen der Ethologie, 1979
- Der Abbau des Menschlichen, 1983
- Hier bin ich – wo bist du? Ethologie der Graugans, 1988
- Das Wirkungsgefüge der Natur und das Schicksal des Menschen. Gesammelte Arbeiten (Hrsg. I. Eibl-Eibesfeldt), 1978
Weiterführendes#
- Markl, P.: Dauerthema Evolution (Essay)
- Beitrag zu Konrad Lorenz aus dem Buch "Forscher und Erfinder" (Essay)
- Konrad Lorenz erhält den Nobelpreis, 1973 (Video-Album)
- 50 Schilling - Konrad Lorenz (1998) (Münzen)
- Historische Bilder zu Konrad Lorenz (IMAGNO)
Tonaufnahmen #
Wertphilosophische Aspekte der Evolution (1). Ausschnitt
Vortrag. Wien, 28.3.1974
Wertphilosophische Aspekte der Evolution (2). Ausschnitt
Vortrag. Wien, 28.3.1974
Literatur#
- Th. J. Kalikow, Die ethologische Theorie von Konrad Lorenz: Erklärung und Ideologie, 1938 – 1943 in: Mehrtens, Herbert / Richter, Steffen: Naturwissenschaft Technik und NS-Ideologie, Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte des Dritten Reiches, 1980
- A. Festetics, Konrad Lorenz. Aus der Welt des großen Naturforschers, 1983
- Ä. Bäumer, NS-Biologie, 1990
- F. Wuketits, Konrad Lorenz, Leben und Werk eines großen Naturforschers, 1990
- H. Zippelius, Die vermessene Theorie. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Instinkttheorie von Konrad Lorenz und verhaltenskundlicher Forschungspraxis, 1992
- U. Deichmann: Biologen unter Hitler – Vertreibung, Karrieren, Forschung, 1992
- N. Bischof: Gescheiter als alle die Laffen. Ein Psychogramm von Konrad Lorenz, 1993
- A. Festetics (Hg.), Zum Sehen geboren. Das Jahrhundertwerk des K. Lorenz, 2000
- B. Föger, K. Taschwer, Die andere Seite des Spiegels. Konrad Lorenz und der Nationalsozialismus, 2001
- K. Taschwer / B. Föger: Konrad Lorenz. Biographie, 2003
- R. W. Burkhardt, Patterns of Behavior: Konrad Lorenz, Niko Tinbergen, and the Foundation of Ethology, 2005
- A. Schanse, Evolutionäre Erkenntnistheorie und biologische Kulturtheorie. Konrad Lorenz unter Ideologieverdacht, 2005
- Leben ist Lernen. Franz Kreuzer im Gespräch mit Konrad Lorenz (ORF (Filmdokumentation), 1985
- K. Sander, Konrad Lorenz. Über das Verhalten geselliger Tiere (Originaltonaufnahmen 1951–1983, 2-CD-Set, 140 Min.), 2004
Quellen#
- AEIOU
- Neue Deutsche Biografie
- Nobelpreis
- Universität Wien
- Konrad Lorenz Institute
- Konrad Lorenz Institut für Verhaltensforschung (KLIVV) der Österr. Akademie der Wissenschaften
- Konrad Lorenz - Research Station
- KF Uni Graz/Konrad Lorenz
- Wien.at
- Falter.at
- "Fachlexikon Forscher und Erfinder", Nikol Verlag, Hamburg, Harri Deutsch Verlag, Frankfurt a.M.
- Wiener Zeitung
- merke.ch (Biographien von Biologen)
- Der STANDARD
- Universität Salzburg
- www.mediathek.at
Ein dem schwierigen Gegenstand völlig entsprechender, hervorragend gelungener Beitrag, der auch die Grundvoraussetzungen für den Erfolg von Lorenz darlegt. Seine Auslese- und Selektionstheorie durch die sogenannte Evolution dürfte eher auf nicht domestizierte Tiere zutreffen, lässt sich aber nicht auf Menschen übertragen.
Das menschliche Zentralorgan Gehirn hat beispielsweise die Medizin als Wissenschaft entwickelt, die durchaus in der Lage ist, viele Selektionsmechanismen der Evolution zu kompensieren wie die kontinuierlich ansteigende längere Lebenserwartung beweist. Auch angeborene Aggressivität ist für den Menschen kein unveränderliches Schicksal, da die humanen Verhaltensmuster (patterns) nicht instintiv ausgelöst werden müssen, sondern durch reflexion kontrolliert werden können.
Wie sein zweiter Vorname zeigt, dürfte er sich mit seiner eigenen Herkunft nicht voll identifiziert haben, denn Arier im NS-Sinne war er sicher keiner....
-- Glaubauf Karl, Donnerstag, 19. Januar 2012, 07:34
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