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Müller, Robert#

* 29. 10. 1887, Wien

† 28. 8. 1924, Wien


Erzähler, Lyriker, Essayist, Verleger


Robert Müller wurde am 29. Oktober 1887 in Wien geboren, über seine Familie ist nichts bekannt.

Nach dem Besuch des Wiener Piaristengymnasiums legte er das Abitur 1907 am Gymnasium in der Gäblergasse ab und begann an der Wiener Universität ein Studium (Philosophie, Kunstgeschichte und Germanistik), das er aber 1909 abbrach.

Er verließ Wien, wobei sein Aufenthalt und seine Tätigkeit unbekannt sind - nach eigenen Angaben hatte er in den USA als Zeitungsverkäufer, Reporter, Cowboy und Schiffssteward gearbeitet, anderen Quellen zufolge hatte sich in einer Psychiatrie behandeln lassen.


Im Oktober 1911 kehrte er nach Wien zurück und wurde rasch Mitarbeiter vieler literarischen Zeitschriften ("Der Ruf", "Der Brenner", "Saturn", "Anbruch", "Daimon").
Er war von 1912 bis 1914 literarischer Leiter des "Akademischen Verbandes für Literatur und Musik in Wien", organisierte 1912 den letzten öffentlichen Auftritt Karl Mays (May versuchte mit Unterstützung der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner das Publikum vom Pazifismus zu überzeugen) und schrieb Kritiken, Essays, Erzählungen, Gedichte.

Er war eine der Schlüsselfiguren des Wiener Expressionismus; zu seiner Bekanntheit trug unter anderem eine Fehde mit Karl Kraus bei (Pamphlet "Karl Kraus oder Dalai Lama", 1914). Sein literarisches Schaffen umfasste in erster Linie Essays - meist politischen bzw. kulturpolitischen Inhalts - und Romane und Novellen.

1915 erschien sein Roman "Tropen. Der Mythos der Reise, Urkunden eines deutschen Ingeniuers". Dieser Roman beschrieb auf mehreren ineinander geschobenen Ebenen eine Fahrt des Ich-Erzählers in die 'Tropen der Menschheit', diese 'Tropen' sind ein Synonym für die Gleichzeitigkeit verschiedener Bewusstseinsebenen, die Müller mit dem Begriff "Phantoplasma" umschrieb.

Seine Essays sind gekennzeichnet vom Widerspruch von einerseits der Forderung einer ethisch und sozial engagierten Literatur und andererseits dem Entwurf einer teilweise auch mit antisemitischen Stereotypien operierenden "Rassentypik".


Im September 1914 meldete Müller sich freiwillig zum Militär, er diente er als Freiwilliger an der Isonzofront. Im Herbst 1915 erlitt er bei Kämpfen einen Nervenschock und wurde nach der Genesung im Kriegspressequartier tätig eingesetzt. Er leitete 1916/17 die "Belgrader Nachrichten", 1918 die "Österreichisch-Ungarische Finanzpresse" und "Die neue Wirtschaft". Ab 1921 war er auf Vermittlung Robert Musils Mitarbeiter der "Prager Presse", 1922–1924 Leiter der "Muskete".


Nachdem eine 1918 gegründete Geheimgesellschaft "Katakombe" für pazifistische Intellektuelle, die Kulturprogramme entwarf, schon 1919 wegen Uneinigkeit der Mitglieder wieder zerfiel (zeitweise gehörte ihr auch Robert Musil an), gründete er mit seinem Bruder im August 1919 eine "Literarische Vertriebs- und Propagandagesellschaft m.b.H.", später "Literaria" genannt.


Dieses Unternehmen entwickelte sich rasch zu einer der größten Buchhändlerfirmen Wiens, da aber eine eigene verlegerische Tätigkeit unterblieb, schied Müller schon 1923 wieder aus und gründete im Januar 1924 den "Atlantischen Verlag". Dieser Verlag geriet bald in eine hoffnungslose finanzielle Situation. Nach dem wirtschaftlichen Scheitern erschoss sich Robert Müller am 27. August 1924.



"Dieser schwer einzuordnende Schriftsteller, brillant und ungestüm, blieb sowohl für seine Verehrer als auch für seine Gegner ein Rätsel. Als Essayist, Romancier und nach dem Ersten Weltkrieg Verleger hat dieser Utopiker ununterbrochen eine bessere Zukunft vorausgeahnt, bevor die Geldentwertung von 1922 seinen Verlag ruinierte. Müller leistete Pionierarbeit als Erfinder des Begriffs "der Reichsmensch" (1916). Robert Musil hat seinem "taktlosen" Freund einen äußerst subtilen Nekrolog gewidmet. Es ist sehr zu bedauern, dass Müller auf Der Mann ohne Eigenschaften (1930-1943) nicht reagieren konnte. Müllers Auseinandersetzung mit der Eigenart Österreichs bleibt noch immer zu entdecken." (William M. Johnston, Der Österreichische Mensch, Wien, 2009)

Werke (Auswahl)#


Erzählungen und Romane

  • Das Grauen (Erzählung), 1912
  • Das Bett. Eine Ode, 1912
  • Irmelin Rose. Die Mythe der großen Stadt (Roman), 1914
  • Tropen. Der Mythos der Reise (Roman), 1915
  • Der Leutnant (Erzählung), 1919
  • Das Inselmädchen (Novelle), 1919
  • 1920 Brooklyn-Bridge (Erzählung), 1920
  • 1920 Manhattan-Girl (Erzählung), 1920
  • 1920 Der Barbar (Roman), 1920
  • 1920/21 Arena. Ein Sketch, 1920/21
  • 1921 Camera obscura (Roman), 1921
  • 1922 Flibustier (Roman), 1922

Essays

  • Österreich und der Mensch, 1916
  • Europa. Wege. Im Kampf um den Typus, 1917
  • "Wien", in: Rassen, Städte, Physiognomien. Kulturhistorische Aspekte (Berlin: Reiss 1923), Nachdruck (Paderborn: Igel 1992), S 63-91

Ausgabe

  • Werkausgabe in Einzelbänden, herausgegeben von G. Helmes, 11 Bände, 1992-97

Literatur#

  • H. Kreuzer und G. Helmes (Hg.), Exotismus. Studien zum literarischen Werk R. Müllers, 1989
  • T. Köster, Bilderschrift Großstadt. Studien zum Werk R. Müllers, 1995
  • S. Dietrich, Poetik der Paradoxie. Zu R. Müllers fiktionaler Prosa, 1997

Quellen#



Redaktion: I. Schinnerl


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