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Mach, Ernst#

* 18. 2. 1838, Chirlitz-Turas (Chrlice Turany Chrlice , Tschechische Republik)

† 19. 2. 1916, Vaterstetten Vaterstetten (Deutschland)


Physiker, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker


Mach, Ernst
Ernst Mach. Foto, 1900
© Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU
Mach wurde am 18. Februar 1838 als ältestes von drei Kindern eines Gymnasiallehrers geboren, der 1842 mit seiner Familie nach Untersiebenbrunn bei Wien übersiedelte und sich dort der Bewirtschaftung eines Gutes widmete. Unterricht erhielt Mach hauptsächlich von seinem Vater, nur 1848 besuchte er zwischenzeitlich das Benediktiner-Gymnasium in Seitenstetten, der dortige Unterricht konnte jedoch nicht Machs Aufmerksamkeit wecken.

Im Alter von zehn Jahren erlebte er die Revolution von 1848 mit. Wie viele andere Liberale dachten auch seine Eltern an eine Auswanderung nach Amerika. Als Vorbereitung wurde Ernst Mach zwei Jahre lang zum Tischler ausgebildet. Mit 15 Jahren trat er wieder in ein Gymnasium ein (in Kremsier, heute Kromeritz, Tschechei), wo sein Interesse für Physik und Naturwissenschaftsgeschichte geweckt wurde.

Mit 19 Jahren begann Ernst Mach das Studium der Mathematik und Physik bei Andreas von Ettingshausen, Josef Stefan und Josef Petzval an der Universität Wien, das er nach nur vier Jahren abschließen konnte. In der Folge widmete er sich mehr der Medizin, insbesondere der Sinnesphysiologie. Er habilitierte er sich für Physik und hielt ab 1861 physikalische Lektionen für Medizinstudenten, daraus erwuchs sein "Compendium der Physik für Mediciner" (1863).


Finanzielle Gründe zwangen ihn, nebenbei populäre Vorträge zu halten, er referierte über die Helmholtz'sche Lehre der Tonempfindung sowie Musiktheorie, erteilte Privatstunden in Mathematik und unterrichtete sogar an einer Volksschule, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seine wissenschaftlichen Arbeiten trugen ihm ein Stipendium der Wiener Akademie der Wissenschaften ein, das seine finanzielle Lage verbesserte. 1864, im Alter von 26 Jahren, wurde Mach zum Ordinarius für Mathematik nach Graz berufen. Für experimentelle Arbeiten standen ihm jedoch weder ein geeignetes Institut noch die erforderlichen Mittel zur Verfügung. Die notwendigste wissenschaftliche Ausstattung beschaffte er sich auf eigene Kosten. 1866 wurde der Lehrstuhl in eine Professur für Physik umgewandelt.

In Graz lernte er auch seine zukünftige Gattin, Ludovica Marrusig, kennen, die er am 1. August 1867 heiratete. Dieser Ehe entstammten vier Söhne und eine Tochter. Nach nur dreijähriger Tätigkeit in Graz wurde Mach nach Prag berufen, wo er in der Folge 28 Jahre lang unterrichtete.

1867 trat Mach die Nachfolge Christian Dopplers an der Prager Universität am Lehrstuhl für experimentelle Physik an. Er bekleidete mehrmals Universitätsämter, so war er 1879/80 Rektor der Prager Karls-Universität und nach der Teilung der Universität in voneinander unabhängige deutsche und tschechischen Universitäten 1883/84 Rektor der Deutschen Karl-Ferdinands-Universität. 1895 wurde Mach an die Wiener Universität auf den Lehrstuhl für "Philosophie, insbesondere Geschichte und Theorie der inductiven Wissenschaften" berufen.

Denkmal Mach
Denkmal im Wiener Rathauspark - Foto: P. Diem


1898 erlitt Mach einen Schlaganfall und wurde linksseitig gelähmt. Er trat deshalb 1901 offiziell von seiner Professur zurück. Die letzten drei Lebensjahre verbrachte er bei seinem Sohn Ludwig Mach in Vaterstetten bei München. Er verstarb einen Tag nach seinem 78. Geburtstag, am 19. Februar 1916.


Ernst Mach gilt als Pionier auf dem Gebiet der Kurzzeitfotografie. Das Verhältnis der Bewegungsgeschwindigkeit eines Körpers zur Schallgeschwindigkeit wurde als "Mach-Zahl" eingeführt, ein Faktor mit großer Bedeutung für den Überschallflug. 1860 gelang Ernst Mach der experimentelle Nachweis der von Christian Doppler 1842 aufgestellten Theorie, dass die bei Annäherung oder Entfernung einer Schall- oder Lichtquelle vom Empfänger wahrgenommene Frequenz erhöht bzw. erniedrigt ist. Mach schlug vor, die Violett- bzw. Rotverschiebung der Spektrallinien von Sternen als optischen Doppler-Effekt zu deuten und daraus die Geschwindigkeit dieser Himmelskörper relativ zur Erde zu berechnen.

Text aus dem "Fachlexikon Forscher und Erfinder", Nikol Verlag, Hamburg#

Nach der Promotion "Über elektrische Entladung und Induction" führte Mach in den Laboratorien seines Doktorvaters A. v. Ettinghausen gezielte Experimente zur Bestätigung des von J. Petzval bezweifelten Dopplereffekts durch und verwies auf die Möglichkeit, damit die Relativgeschwindigkeit der Fixsterne zu bestimmen.

Danach wandte sich Mach unter dem Einfluss von E. du Bois-Reymond, G. Fechner und E. W. Brücke zunächst der Wahrnehmungspsychologie und Psychophysik zu, Gebieten, mit denen er sich bereits in Wien befasst hatte. Er studierte Fragen der Akkomodation des Gehörs, der Zeitwahrnehmung und des räumlichen Sehens. Hierher gehört auch die Entdeckung der „Machschen Streifen“, eines physiologischen Phänomens beim Sehen.

Die Prager Zeit Machs war die wichtigste Etappe seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. In Prag wurden Optik und Akustik die Hauptarbeitsgebiete Machs. Er untersuchte z. B. den Durchgang von Lichtkomponenten durch tönende Glasstäbe, studierte die mechanischen Einflüsse von Funkenentladungen auf das Innere und die Oberfläche von Körpern und entwickelte neue stroboskopische Verfahren.

Von den experimentellen Arbeiten Machs und seiner Schüler wurden die Studien fliegender Geschosse seine bekanntesten (1884-1888). 1881 von dem belgischen Ballistiker L. Melsen angeregt, konnte Mach dabei eigene Erfahrungen nutzen, die er 1875-1878 bei Versuchen zur mechanischen Wirkung von Explosionen und elektrischen Entladungen gesammelt hatte.

Unter Verwendung von A. Toeplers Schlierenmethode, gekoppelt mit der Belichtung einer Photoplatte durch einen elektrischen Entladungsfunken, gelang es Mach nachzuweisen, daß ein fliegendes Geschoß von einer Kopf- und einer Heckwelle begleitet wird. Die Kopfwelle bewirkt eine Luftverdichtung vor dem Geschoß, und bei Überschallgeschwindigkeit überträgt sie einen Schallstoß, der sich mit der Geschoßgeschwindigkeit ausbreitet.

In einer gemeinsamen Veröffentlichung von Mach und dem an der Marine-Akademie in Rijeka tätigen P. Salcher wird der Winkel alpha angegeben, den die Kopfwelle mit der Geschoßflugrichtung bildet: sin = v/w, wobei v die Schall- und w die Geschoßgeschwindigkeit im betreffenden Medium bedeuten. Das Verhältnis w/v wird seit 1929 „Machzahl“ genannt. – Mach nutzte die Momentphotographie auch später wiederholt, insbesondere bei der Untersuchung von Interferenzerscheinungen in Zusammenarbeit mit seinem Sohn Ludwig Mach.

In Prag entstanden auch Machs grundlegend neuartige historisch-kritische Studien über die Physik sowie seine erkenntnistheoretischen Schriften. In einem Vortrag für die Königlich Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften (1871) und in der Arbeit „Die Geschichte und die Wurzel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit“ (1872) legte er seinen phänomenologischen Standpunkt dar, aus der Physik diejenigen Behauptungen auszuschließen, die nicht aus Beobachtungen abgeleitet werden können.

Davon ausgehend und gestützt auf die Analyse der Geschichte wagte Mach eine Kritik der „metaphysischen“ Grundbegriffe der Newtonschen Mechanik: die als Materiemenge aufgefasste Masse, die Trägheit eines isolierten Körpers, den absoluten Raum und die absolute Zeit. Diese Kritik untermauerte er in der Arbeit „Die Mechanik in ihrer Entwicklung historisch-kritisch dargestellt“ (1883). Die Massenträgheit fasste Mach als Entität auf, die durch dynamische Wechselwirkung zwischen dem Objekt und dem übrigen Weltall bestimmt wird.

Schon 1868 hatte er eine eigene Definition der Masse vorgeschlagen: Körper haben gleiche Masse, wenn sie sich bei Wechselwirkung gleiche, aber entgegengesetzte Beschleunigungen erteilen. Machs Auffassungen zur Trägheit der Körper fasste A. Einstein unter dem Begriff „Machsches Prinzip“ zusammen. Sie spielten für Einstein eine wesentliche Rolle auf dem Weg zu seiner Relativitätstheorie.

Hatte Mach im „Compendium der Physik für Mediciner“ die Atomtheorie noch als Kernstück jedes physikalischen Forschungsprogramms eingeschätzt, so vertrat er 1871 und in der Folgezeit eine zunehmend dogmatische antiatomistische Auffassung. Er lehnte die reale Existenz von Atomen ab und wandte sich gegen die Vorgehensweise, die Vielfalt der Erscheinungen mit einer Mechanik der Atome erklären zu wollen. In seiner 1896 erschienen Arbeit „Die Prinzipien der Wärmelehre“, einer weiteren „historisch-kritischen“ Studie, lehnte er daher die kinetische Theorie der Wärme von L. Boltzmann ab. Eine ähnliche Studie Machs zur Optik blieb unvollendet.

Die letzten Jahre von Machs wissenschaftlicher Arbeit waren zunehmend der Philosophie gewidmet. Machs oft als Positivismus bezeichnete, heftig umstrittene philosophische Position erlangte in der Folge erheblichen Einfluss bei Physikern und Philosophen; die Mitglieder des Wiener Kreises bezogen von Mach wichtige Impulse. Zu Machs schärfsten Kritikern zählte Max Planck. Der biografische Text wurde dem Austria Forum freundlicherweise seitens Nikol Verlag, Hamburg, bzw. Harri Deutsch Verlag, Frankfurt a.M., zur Verfügung gestellt. (www.harri-deutsch.de)

Werke (Auswahl)#

Briefmarke 150. Geburtstag
150. Geburtstag Ernst Mach

  • Compendium der Physik für Mediciner. Wien 1863
  • Die Geschichte und die Wurzel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit. Prag 1872
  • Optisch-akustische Versuche. Die spectrale und stroboskopische Untersuchung tönender Körper. Prag 1873
  • Die Mechanik in ihrer Entwicklung historisch-kritisch dargestellt. Leipzig 1883
  • Die Prinzipien der Wärmelehre. Historisch-kritisch entwickelt. Leipzig 1886
  • Beiträge zur Analyse der Empfindungen, 1886
  • Erkenntnis und Irrtum. Skizzen zur Psychologie der Forschung. Leipzig 1905
  • Kultur und Mechanik, 1916

Literatur#

  • Heller, K. D.: Ernst Mach. Wegbereiter der modernen Physik (Wien, New York 1964)
  • F. Stadler, Vom Positivismus zur wissenschaftlichen Weltauffassung am Beispiel der Wirkungsgeschichte von E. Mach in Österreich von 1895-1934, 1982
  • J. Thide, E. Mach, in: Centaurus 8, 1963 (mit Bibliographie)
  • Hoffmann, D., u. H. Laitko (Hrsg.): Ernst Mach (1838 1916). Beiträge zu Leben und Werk (Berlin 1989)
  • Österreichisches Biographisches Lexikon
  • Neue Deutsche Biographie

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner, I. Schinnerl


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