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Reichsbrücke, Wien#

Bau der zweiten und verschobene erste Reichsbrücke, um 1935

Die am 8. November 1980 eröffnete neue Reichsbrücke ist bereits der dritte Donauübergang an der gleichen Stelle. Der im 19. Jahrhundert errichteten Kronprinz-Rudolf-Brücke, die dem steigenden Verkehrsaufkommen schon bald nicht mehr gewachsen war, folgte in den 1930er Jahren eine Kettenbrücke, der einzige spektakuläre Brückenbau der Zwischenkriegszeit und wohl die bekannteste Brücke Wiens. Ihr Einsturz am 1. August 1976 machte den Bau der dritten Reichsbrücke notwendig. Als Doppelstockbrücke dient sie in zwei Ebenen sowohl dem Auto- wie dem U-Bahn-, Fahrrad und Fußgängerverkehr.

Die Kronprinz-Rudolf-Brücke wurde 1872-1876 in Verlängerung der Achse Jägerzeile - Schwimmschulstraße (heute: Praterstraße und Lassallestraße) errichtet. Schon im Projekt als "Reichsstraßenbrücke" geführt, erhielt sie nach 1918 den Namen "Reichsbrücke". Die "Kronprinz-Rudolf-Brücke" wurde im Zuge der Donauregulierung über das noch trockene Bett der regulierten Donau erbaut. Sie hatte eine Gesamtlänge von 1019,7 m und eine Gesamtbreite von 11,4 m; die Fahrbahn war nur 7,5 m breit. Die Brücke besaß Stromöffnungen mit etwa 80 m lichter Weite. Für die Fundierung wurden erstmals in Wien Senkkasten verwendet, die mittels Druckluft auf den bis zu 17 m unter dem Nullwasserspiegel liegenden tragfähigen Grund abgesenkt wurden.

Verschiedenste Argumente sprachen in der Zwischenkriegszeit für den Neubau der Reichsbrücke: Schäden, Verkehrsüberlastung und Arbeitsplatzbeschaffung. 1933 schrieb man einen Firmenwettbewerb aus, die Entscheidung fiel Ende des Jahres für das Projekt "Kettenbrücke". Es wurde 1934-37 nach Plänen von Siegfried Theiß und Hans Jaksch realisiert und die Brücke am 10. 10. 1937 eröffnet. Die künstlerische Gestaltung besorgte Clemens Holzmeister. Während des Baues musste die 4.880 t schwere alte Brücke zur Seite geschoben werden, um an deren Stelle den Neubau auszuführen. Die Gesamtlänge der neuen Brücke von Rampe zu Rampe betrug 1.225 m, die Länge über den Strom 373 m und die Breite 26,9 m. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs setzte die Deutsche Wehrmacht zwei Unterstützungspfeiler aus Eisenbeton in den Strom. Sie sollten verhindern, dass die gesamte Brücke bei einem Bombenangriff in die Donau stürzt.

Die nach einigen Beschädigungen wieder hergestellte Brücke trug von 11.4. 1946 bis 18. 7. 1956 den Namen „Brücke der Roten Armee". Sie war die einzige Donaubrücke zwischen Wien und Linz, die den Zweiten Weltkrieg zwar nicht unversehrt, aber unzerstört überstanden hatte. 1948-1952 wurde sie generalsaniert. Die Brücke besaß je zwei Fahrspuren für den Individualverkehr, zwei Gleise der Straßenbahn und Gehwege an beiden Seiten. 1970 frequentierten täglich mehr als 45.000 Fahrzeuge diese für den Verkehr mit "Transdanubien" so wichtige Brücke.

In den Morgenstunden des 1. August 1976 stürzte die Brücke ein, weil in einen der Pfeiler Wasser eingedrungen war. Die Untersuchungen der Expertenkommission ergaben, dass der Einsturz nicht vorhersehbar war, sondern durch das Zusammenwirken einer Reihe von Faktoren erfolgte, die jeder für sich ungefährlich gewesen wären. Infolge der frühen Morgenstunde befanden sich nur vier Fahrzeuge auf der Brücke, darunter ein städtischer Gelenkbus. Es gab ein Todesopfer. Am 16. Oktober 1976 wurde eine Straßenbahnnotbrücke, am 21. Dezember 1976 eine Autonotbrücke fertig gestellt. Bis Jänner 1977 waren die Teile der eingestürzten Reichsbrücke aus dem Strom entfernt.

Die neue Reichsbrücke
Die neue Reichsbrücke
Foto: P. Diem
Bei diesen Arbeiten spielte das Bundesheer eine wichtige Rolle, wie aus folgendem Bericht hervorgeht:

Der 1. August des Jahres 1976 war ein besonderer Unglückstag für Wien. Nach dem Einsturz der Reichsbrücke wurde das Militärkommando Wien zur Assistenzleistung angefordert. Dabei waren durch Pionierkräfte drei Aufgaben zu erfüllen: das Freimachen der Schifffahrtsrinne durch Sprengung der Brückenreste, der Bau einer Behelfsbrücke mit D-Brückengerät, über die auch die Straßenbahn fahren konnte, sowie die Unterstützung ziviler Experten bei der Untersuchung der Einsturzursache. Das Wiener Militärkommando war schon ab 06:30 Uhr vorausschauend alarmiert worden und konnte für den nun folgenden Assistenzeinsatz auf Pioniere aus ganz Österreich zurückgreifen, die rasch in die Hauptstadt verlegt wurden. In Zusammenarbeit mit zivilen Unternehmen gelang es in Rekordzeit, eine Ersatzbrücke zu planen und zu errichten. Nach nur fünf Wochen war die erste Ausbaustufe für die Straßenbahn fertig. Nach etwa 4 Monaten konnte die Brücke auch für den Individualverkehr freigegeben werden. Es entstand eine Brücke aus den Elementen des D-Brückengeräts des Bundesheeres in doppelter Ausführung mit insgesamt 372 Laufmetern. 5 Jahre lang sollte die Pionierbrücke ihren Dienst leisten. Erst ab Juni 1982 wurde die Behelfsbrücke wieder abgebaut. Im Rahmen des Assistenzeinsatzes wurden vom Bundesheer 130.312 Mannstunden geleistet.


Bei dem im Juni 1977 entschiedenen Wettbewerb für eine neue Reichsbrücke gingen 34 Projekte ein. Es siegte "Johann Nestroy", eine zweigeschossige Spannbetonkonstruktion, die "zu ebener Erde und im ersten Stock" befahrbar ist. Die neue Reichsbrücke besteht aus drei Abschnitten - Strombrücke, Brücke über die neue Donau und Überquerung der Donauuferautobahn - mit einer Gesamtlänge von 864,5 m. Das Brückendeck als obere Verkehrsebene nimmt in sechs Fahrspuren den Autoverkehr auf, in zwei darunter liegenden Hohlkästen befinden sich die Gleise der U-Bahn, Geh- und Radwege. Diese dritte Brücke wurde nach weniger als drei Jahren Bauzeit am 8. November 1980 dem Verkehr übergeben. Seit September 1982 fährt die U-Bahn-Linie 1 über die Brücke. Die Reichsbrücke liegt im Zuge einer der wichtigsten Verkehrs- und städtebaulichen Entwicklungsachsen Wiens, die vom historischen Wiener Stadtzentrum zum Vienna International Center und den neuen Wohn- und Erholungsgebieten im Osten der Stadt führt.

Quellen#

  • Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien, 1995
  • Wiener Brücken, Wien 1982 (Hg. Gewista, Magistrat der Stadt Wien, Verlag Jugend & Volk)
  • Walter Jaksch, Geschichte der Reichsbrücke, in: der aufbau 32 (1977)
  • Margit PERL
  • Stabsstelle Support International
  • Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung

Weiterführendes#

Redaktion: Peter Diem, Helga Maria Wolf