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Gregor Gatscher-Riedl: k.u.k. Sehnsuchtsort Czernowitz, Kral/Berndorf, 2017, EUR 26,90 #

Gregor Gatscher-Riedl

Buchbesprechung#

Die einstige intellektuelle Blüte in Czernowitz füllt noch heute Bibliotheken und machte "die Stadt in der Menschen und Bücher lebten" zum Amalgam einer einzigarti- gen religiösen, kulturellen und ethnischen Vielfalt. Czernowitz ist ein Mythos, dessen Herolde Gregor von Rezzori, Karl Emil Franzos, Rose Ausländer oder der zitierte Paul Celan heißen und zugleich eine Chiffre für die kulturelle Identität Mitteleuropas sind. Historische Aufnahmen ermöglichen die Begegnung mit einer nuancenreichen und zugleich buntscheckigen Stadtkultur, die 1918 verarmte und mit dem Zweiten Welt- krieg ausgelöscht wurde. Ihre Spuren treten seit dem Verfall der Sowjetunion wieder zu Tage und bilden den Rahmen für eine Stadt, die nicht nur nach Europa blickt, sondern selbst wesentlicher Bestandteil europäischer Identität ist.

Gregor Gatscher-Riedl teilt sein umfassendes Werk über die Stadt am Pruth in 11 Kapitel, von einer ausführlichen Stadtgeschichte mit zahlreichen historischen Bildern bis zur Betrachtung der einzelnen "Kulturen", vor allem der deutschen, der jüdischen und der orthodoxen. Vor unseren Augen entsteht das Studentenleben an der 1875 gegründeten k.k. Franz Josephs Universität, wir gehen durch die Herrengasse mit ihren "Nationalhäusern" und durch die Judengasse mit den Überresten jüdischer Bauten - die Bevölkerung des historischen Czernowitz war ja zu einem Drittel jüdisch. Anhand von 23 berühmten Persönlichkeiten, die aus Czernowitz stammten oder dort wirkten, wird der Einfluss von "Czerno-Wien" auf das Geistesleben Altösterreichs transparent - mit Strahlkraft bis heute. Das reich illustrierte und gut dokumentierte Werk lässt keinen Wunsch offen - vielleicht hätte das Schicksal der "Austria von Czernowitz" mehr Beachtung verdient, schließlich steht eine Kopie des Torso ja in der Universität. Mag man auch argumentieren, dass Czernowitz wie keine andere Kleinstadt der Monarchie bereits seit Jahren viel Aufmerksamkeit erhält - eine so dichte Zusammenfassung wie die vorliegende ist immer erwünscht und kann jedem historisch Interessierten nur wärmstens empfohlen werden.

--> Vgl. dazu die zahlreichen Berichte im Austria-Forum z.B. "Czernowitz"

Redaktion: P. Diem