Weinbau#
Im heutigen Österreich wurde schon von Kelten und Illyrern eine einfache Form des Weinbaus betrieben. Die ältesten Funde stammen aus Zagersdorf (Burgenland) und werden mit 750 v. Chr. datiert. Unter den Römern kam es zur ersten Hochblüte des organisierten Weinbaus; 280 n. Chr. hob der Soldatenkaiser Probus das von Kaiser Domitian verfügte Anbauverbot für Weingärten nördlich der Alpen auf. Entlang der Donau, in der Umgebung der damaligen Siedlungen Carnuntum, Vindobona, Aquae (Baden), Augustiana (Traismauer) und Favianis (Mautern), aber auch um den Neusiedler See, in Eisenberg (Südburgenland) und in der Steiermark entstanden Weinkulturen. Die erste urkundliche Erwähnung von Weinbau in Österreich findet sich in der Vita Severini. Im Mittelalter waren die Kenntnis von Rebanbau und Kellereitechnik sowie die besten Weinlagen in der Hand von Klöstern und kirchlichen Institutionen. Neben dem geistlichen Weingartenbesitz etablierte sich auch der Adel und teilweise das Bürgertum im Mittelalter zunehmend in dieser Besitzsparte. Aus Mangel an eigenen Arbeitskräften mussten Kirche und Adel einen Teil ihres Besitzes durch Bauern in Halb- oder Drittelbau bewirtschaften lassen.
Aufgrund der gewaltigen Produktionssteigerung im 14. Jahrhundert wurden Einfuhr- und Verkaufsverbote für ortsfremden Wein erlassen. Wien wurde Weinbau- und Weinhandelszentrum im Donauraum. Im 16. Jahrhundert erreichte der Weinbau in Österreich seine größte Ausdehnung; auch in Oberösterreich, Kärnten, Tirol, Salzburg und Vorarlberg gab es Weingärten. Österreichischer Wein wurde nach Böhmen, Mähren, Polen, Lettland und Litauen, Bayern, Preußen und Schlesien exportiert. Nach dem 30-jährigen Krieg lag die Weinkultur darnieder, erst in der Barockzeit kam es zu einem neuen Aufschwung. Die Pflege des Weinstocks wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts intensiviert, und erst schwere Kälteschäden (Klimaverschlechterung) sowie die aus Amerika eingeschleppten Pilzkrankheiten Oidium (Echter Mehltau) und Peronospora (Falscher Mehltau) reduzierten die Weinbauflächen neuerlich erheblich. Noch schwerer traf die Verbreitung der Reblaus ab 1872 die österreichische Weinwirtschaft. Innerhalb weniger Jahre wurden die Altkulturen vernichtet, und es dauerte Jahrzehnte, bis die Umstellung auf veredelte Rebsorten abgeschlossen war. Gleichzeitig kam es zur Gründung von Weinbauschulen, Weinbauvereinen und Selbsthilfeorganisationen (Winzergenossenschaften). Im 20. Jahrhundert ist die Geschichte des österreichischen Weinbaus durch ein stärkeres Eingreifen des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Weinbereitung und -bezeichnung gekennzeichnet. Veränderungen in den Anbaumethoden (Umstellung von Stockkultur auf Hochkultur) und strukturelle Veränderungen (Rückgang der Zahl der Betriebe, Zunahme der Betriebsgröße) prägen die letzten Jahrzehnte. Nach dem Weinskandal (1985) wurde 1987 von Bund und weinbautreibenden Ländern die Organisation der Österreichischen Weinmarketingservice-GmbH ins Leben gerufen.
1999 wurde in Österreich auf einer Fläche von 50.875 ha Weinbau betrieben, davon entfielen auf Niederösterreich 30.594 ha, auf das Burgenland 15.949 ha, auf die Steiermark 3584 ha und auf Wien 731 ha (übrige Bundesländer 17 ha). Eine durchschnittliche Weinernte beträgt in Österreich 2,6 Millionen Hektoliter (1998: 2,7 Millionen Hektoliter; 1997: 1,8 Millionen Hektoliter). Einem Weinexport von 21,15 Millionen Liter stand 1998 ein Import von 57,17 Millionen l gegenüber. Aufgrund der Weingesetznovelle 1993 wurden für Österreich 16 Weinbaugebiete festgesetzt. Niederösterreich: Wachau, Kremstal, Kamptal, Donauland, Traisental, Carnuntum, Weinviertel, Thermenregion; Bgld: Neusiedler See, Neusiedler-See-Hügelland, Mittelburgenland, Südburgenland; Steiermark: Südsteiermark, Südoststeiermark, Weststeiermark; Wien. Diese 16 Gebiete werden in die 3 Weinbauregionen Weinland Österreich (Niederösterreich und Burgenland), Steiermark und Wien zusammengefasst; dazu kommt als 4. die Weinbauregion Bergland Österreich mit geringfügigen Flächen in den übrigen 5 Bundesländern. Von den rund 30 zugelassenen Qualitätsrebsorten dominiert in Österreich der Grüne Veltliner (36,7 %, in Niederösterreich, Burgenland und Wien) vor Welschriesling (9 %, im Burgenland, in der Steiermark und im östlichen Weinviertel), gefolgt vom Müller-Thurgau (Rivaner, 7,8 %), Weißburgunder, Riesling, Neuburger, Muskat-Ottonel, Chardonnay und Traminer sowie Zierfandler (Spätrot) und Rotgipfler (auch als Spätrot-Rotgipfler verschnitten). Etwa 24,5 % der Rebfläche ist mit blauen Trauben bepflanzt: Blauer Zweigelt (7,9 %, in allen Weinbaugebieten), Blaufränkisch (5,4 %, speziell im Mittelburgenland), Blauer Portugieser (5,2 %), Blauburgunder, St. Laurent und Blauer Wildbacher (Schilcher, Spezialität der Weststeiermark).
Die wichtigsten Weinbauorte sind in Niederösterreich Baden, Dürnstein, Falkenstein, Göttlesbrunn, Großriedenthal, Gumpoldskirchen, Haugsdorf, Höflein, Kirchberg am Wagram, Klosterneuburg, Krems an der Donau, Langenlois, Loiben, Mailberg, Mannersdorf an der March, Matzen, Poysdorf, Prellenkirchen, Retz, Rohrendorf, Röschitz, Schönberg am Kamp, Sooß, Spitz, Straß im Straßertal, Tattendorf, Traiskirchen, Traismauer, Weißenkirchen und Wolkersdorf; im Burgenland Deutschkreutz, Deutsch-Schützen, Donnerskirchen, Eisenstadt, Gols, Großhöflein, Horitschon, Illmitz, Mörbisch, Neckenmarkt, Oggau, Podersdorf und Rust; in der Steiermark Deutschlandsberg, Ehrenhausen, Eibiswald, Gamlitz, Kapfenstein, Kitzeck, Klöch, Leibnitz, Leutschach, St. Stefan ob Stainz und Wies; in Wien Grinzing, Heiligenstadt, Mauer, Neustift, Nußdorf, Oberlaa, Sievering, Stammersdorf und Strebersdorf.
Weinbauschulen: Höhere Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg (gegründet 1860, älteste Weinbauschule der Welt), landwirtschaftliche Fachschule in Hollabrunn, Krems an der Donau, Mistelbach (alle Niederösterreich), Eisenstadt (Burgenland) und Silberberg (Steiermark).
Weiterführendes#
- Weinlesefest in der Wachau, Niederösterreich, um 1934 (AEIOU Video-Album)
- Historische Bilder zu Weinbau (IMAGNO)
Literatur#
- Karl Bauer, Ferdinand Regner, Barbara Schildberger, Weinbau, avBuch im Cadmos Verlag, Wien, 9. Auflage 2013
- R. Sedlaczek (Hg.) und W. Kutscher, Unser Wein, 1994
- 1000 Weine, beschrieben und bewertet von W. Kutscher, 1995
- R. Steurer und V. Siegl, Österreichischer Weinführer, 1996
Hinweis:#
Nach neuesten Erkenntnissen reichen die ersten Rebkernfunde noch weiter zurück, als im Beitrag beschrieben.Überblick#
- Krems an der Donau: 3000 v. Chr. Vitis sylvestris
- Nußdorf ob der Traisen: 2000 v. Chr. Vitis sylvestris
- Stillfried an der March: 900 v. Chr. Vitis vinifera (ist der früheste Fund von der europäischen Edelrebe)
- Zagersdorf: 700 v. Chr. Vitis vinifera
- Roseldorf, Sandberg: 300 v. Chr. Vitis (Art nicht feststellbar)
Quelle: Karl Bauer
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