Alfred Hermann Fried
Alfred Hermann Fried (* 11. November 1864 in Wien; † 4. Mai 1921 ebenda) war ein österreichischer Pazifist und Schriftsteller. Als Gründer der Zeitschrift Die Waffen nieder! [1] und weiterer Aktivitäten für den Frieden erhielt Fried 1911 gemeinsam mit dem Organisator der Internationalen Konferenz für Privatrecht im Haag, Tobias Asser, den Friedensnobelpreis.
Familie
Alfred Fried wurde in Wien in eine jüdische Familie geboren. Seine Eltern waren der Privatbeamte Samuel Fried und dessen Frau Bertha geb. Engel. Deren Eltern waren der Kaufmann Leopold Engel († 1877, Wien) und dessen Ehefrau Babetta geb. Weiss († 1870, Wien), beide auf dem Jüdischen Friedhof in Währing begraben. Frieds Tante Kathinka Engel heiratete den Schriftsteller Ludwig Ganghofer. Seinem Onkel Moritz Engel gehörte das bedeutende Wiener Salonblatt[2]. Fried heiratete drei Mal: in erster Ehe Gertrud Gnadenfeld, in zweiter Ehe Martha Holländer (die Schwester von Felix Hollaender) sowie in dritter Ehe, 1908, Therese Vollandt.
Leben und Werk
Alfred Fried besuchte die Schule bis zu seinem 15. Lebensjahr. Nach einer Ausbildung zum Buchhändler arbeitete er ab 1883 in Berlin in diesem Beruf. Von 1888 bis 1895 war er (anfangs zusammen mit Jaques Gnadenfeld) Inhaber des seinen Namen tragenden Verlags. Später begann er selbst zu publizieren. Zum Pazifisten wurde er 1881 durch eine Kriegsbilderausstellung. Zehn Jahre später begann er sich intensiv der Friedenspropaganda zu widmen.
Ab 1892 gab er gemeinsam mit Bertha von Suttner die pazifistische Zeitschrift Die Waffen nieder! heraus. In ihr und der ab 1899 erscheinenden Zeitschrift Die Friedens-Warte[3] artikulierte er seine pazifistischen Ideen.[4] Nachdem er 1892 die Deutsche Friedensgesellschaft mitbegründete, war sein Ziel, eine internationale Organisation zur Friedenssicherung zu gründen. Ab 1894 war er regelmäßiger Besucher der internationalen Friedenskongresse und interparlamentarischer Konferenzen in Brüssel, Budapest, Kristiania und Wien. Er bereitete Berichte für die deutschsprachige Presse vor und verbreitete sie. Von 1896 bis 1900 redigierte er die Monatliche Friedenskorrespondenz, die als Zeitschrift der deutschen Friedensgesellschaft diente, und wurde 1899 Redakteur der Zeitschrift Die Waffen nieder! 1899 rief er das Komitee zur Kundgebung für die Friedenskonferenz in Berlin ins Leben und 1902 war er bei der Eröffnung des Kriegs- und Friedensmuseums in Luzern anwesend. Ab 1903 war er Mitglied des Internationalen Friedensinstitutes. Seit dem 9. Februar 1908 gehörte er der Freimaurer-Loge Sokrates in Pozsony an.[5]
Fried war auch ein engagiertes Mitglied der Esperantobewegung. Er veröffentlichte 1903 das Lehrbuch der internationalen Hilfssprache Esperanto. 1911 gründete er mit Otfried Nippold den Verband für internationale Verständigung. Während des Ersten Weltkrieges suchte Fried, „von der deutschen Zensur bedrängt“, mit der Friedenswarte[6] Zuflucht in der Schweiz und trat hier für die Bildung des Völkerbundes ein. Zum Friedensvertrag von Versailles und auch dem tatsächlich ins Leben gerufenen Völkerbund gegenüber äußerte er sich sehr kritisch.
Alfred Hermann Fried verstarb nach längerer Krankheit am 4. Mai 1921 im Wiener Rudolfsspital.[7] Nach letztwillig im Städtischen Krematorium in München erfolgter Einäscherung[8] wurde der Verstorbene im Urnenhain der Feuerhalle Simmering (Abteilung ALI, Nr. 63) zur letzten Ruhe bestattet. Sein Grab zählt zu den ehrenhalber gewidmeten bzw. ehrenhalber in Obhut genommenen Grabstellen der Stadt Wien.[9]
Im Jahr 1949 wurde in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk) die Friedstraße nach ihm benannt. Am 25. Mai 2011 wurde an Frieds ehemaligem Wohnhaus in Wien-Alsergrund, Widerhofergasse 5, eine Gedenktafel enthüllt.[10]
Auszeichnungen
- Friedensnobelpreis 1911 (gemeinsam mit Tobias Asser)
- Dr. sc. pol. h. c., Universität Leiden
Werke (Auswahl)
- Die landläufigsten Citate und berühmtesten Aussprüche in deutscher, lateinischer, französischer, englischer und italienischer Sprache, s. a. – archive.org.
- Das Tagebuch eines zum Tode Verurteilten. 1898
- Die Haager Conferenz, ihre Bedeutung und ihre Ergebnisse. 2. Tausend, 1900
- Kleine Anzeigen. Sociale Streifbilder vom Jahrmarkt des Lebens, 1900. – archive.org.
- Lehrbuch der internationalen Hilfssprache „Esperanto“. Mit Wörterbuch in Esperanto-Deutsch und Deutsch-Esperanto. 1903
- Deutschland und Frankreich. Ein Wort über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer deutsch-französischen Verständigung. 1904
- Handbuch der Friedensbewegung, 1905. – archive.org.
- Die moderne Friedensbewegung, 1907. – archive.org.
- Die zweite Haager Konferenz, ihre Arbeiten, ihre Ergebnisse und ihre Bedeutung. 1907
- Die Grundlagen des revolutionären Pacifismus, 1908. – archive.org.
- Das internationale Leben der Gegenwart. 1908
- Wien – Berlin. Ein Vergleich. 1908 – Faksimile
- Der kranke Krieg. 1909
- Der Kaiser und der Weltfrieden. 1910
- Pan-Amerika. Entwicklung, Umfang und Bedeutung der zwischenstaatlichen Organisation in Amerika. 1810–1916. 1910
- Handbuch der Friedensbewegung. 2., gänzlich umgearbeitete und erweiterte Auflage. Ausgabe in 1 Band, 1911 und 1913
- Kurze Aufklärungen über Wesen und Ziel des Pacifismus. 1914 – archive.org
- Europäische Wiederherstellung, 1915. – Volltext online
- Vom Weltkrieg zum Weltfrieden. Zwanzig Kriegsaufsätze, 1916. – Volltext online
- Die Forderung des Pazifismus, 1916. – Volltext online
- — (Hrsg.), Bertha von Suttner: Der Kampf um die Vermeidung des Weltkrieges. Randglossen aus zwei Jahrzehnten zu den Zeitereignissen vor der Katastrophe. 1892–1900 und 1907–1914. 2 Bände, 1917. – Band II in Teilen online
- Die Bestrebungen der Vereinigten Staaten für Ausbau und Festigung einer zwischenstaatlichen Ordnung (1794–1917), 1917. – Volltext online
- Mein Kriegstagebuch. 4 Bände, 1918/20
- Probleme der Friedenstechnik, 1918. (Band 6 der Reihe Nach dem Weltkrieg). – Volltext online
- — (Hrsg.), Viscount Grey: Der Völkerbund. Ein Sammelbuch. 1919
- Der Weltprotest gegen den Versailler Frieden. 1919
Literatur
- Armand Amselem: Les prix Nobel de la paix juifs. Recherche la paix et poursuis-la (Ps 34:15). Aléas, Lyon 2006, ISBN 2-84301-139-6.
- Walter Göhring: Verdrängt und Vergessen. Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried. Kremayr & Scheriau, Wien 2006, ISBN 978-3-218-00768-9. – Inhaltsverzeichnis online (PDF; 67 kB).
- Walter Göhring: Frieden ohne Grenzen – zu Alfred Hermann Fried, Friedensnobelpreisträger 1911. (Spuren in die Gegenwart). Löcker, Wien 2011, ISBN 978-3-85409-583-5.
- Guido Grünewald (Hrsg.), Alfred Hermann Fried: Organisiert die Welt! Der Friedens-Nobelpreisträger – sein Leben, Werk und bleibende Impulse (= Geschichte & Frieden Band 36), Donat Verlag, 2016
- Bernhard Kupfer: Lexikon der Nobelpreisträger. Patmos, Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-72451-1.
- Beate Mache: Alfred H. Fried und die pazifistische Bewegung. Kalonymos, H. 1, Essen 2015, S. 12 (auch online)
- Helmut Mauermann: Das Internationale Friedensbüro 1892 bis 1950. Silberburg Wissenschaft, Geschichte, 284. Silberburg, Stuttgart 1990, ISBN 3-925344-78-0.
- Petra Schönemann-Behrens: „Organisiert die Welt“. Leben und Werk des Friedensnobelpreisträgers Alfred Hermann Fried (1864–1921). Dissertation Universität Bremen, 2004, DNB, OBV.
- Petra Schönemann-Behrens: Alfred H. Fried. Friedensaktivist – Nobelpreisträger. Römerhof, Zürich 2011, ISBN 978-3-905894-10-3.
- Bernhard Tuider: Alfred Hermann Fried – ein Adlatus oder Inspirator von Bertha von Suttner? Neue Perspektiven auf die Beziehung zweier Leitfiguren der österreichischen Friedensbewegung. In: Marianne Klemun (Hrsg.): Wissenschaft und Kolonialismus. Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit, Band 2/2009, ZDB-ID 2069212-2. Studienverlag, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-7065-4748-2, S. 134–162.
- Bernhard Tuider: Alfred Hermann Fried. Pazifist im Ersten Weltkrieg – Illusion und Vision. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2010, ISBN 978-3-639-25061-9.
- Wilhelm Urbanek (Hrsg.): 100 Jahre Friedensnobelpreis an Alfred Hermann Fried. Verlag Bezirksmuseum Alsergrund, Wien 2011, ISBN 3-902140-08-9.[11]
- Hans Wehberg: Fried, Alfred Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 441 f. (Digitalisat).
- Die Verteilung der Nobelpreise. (…) Die Träger des Friedenspreise. Alfred H. Fried. In: Pester Lloyd, Abendblatt, Nr. 283/1911 (LVIII. Jahrgang), 11. Dezember 1911, S. 5 Mitte. (Online bei ANNO). .
- Fried Alfred Hermann. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 361 f. (Direktlinks auf S. 361, S. 362).
Weblinks
- Literatur von und über Alfred Hermann Fried im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Alfred Hermann Fried in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Eintrag zu Alfred Hermann Fried im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1911 an Alfred Hermann Fried (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Amt der Interparlamentarischen Konferenzen et al., Bertha von Suttner (Hrsg.): Die Waffen nieder! Monatsschrift zur Förderung der Friedensbewegung, offizielles Organ des Amtes der Interparlamentarischen Konferenzen und des Internationalen Friedensbureau in Bern sowie der Deutsche Friedensgesellschaften zu Wien, Berlin etc. Erscheinungsverlauf: 1.1892,Februar – 8.1899. S. n., Dresden, Leipzig, Wien, ZDB-ID 526917-9. – Online bei ANNO.
- ↑ ZDB-ID 1271939-0.
- ↑ ZDB-ID 213961-3.
- ↑ Webseite: Die Friedens-Warte
- ↑ Martin Otto: Bei Suttners überm Sofa. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) 14. November 2011 (Nr. 265), S. 28.
- ↑ Stefan Zweig: Feuilleton. Dem Gedächtnis Alfred H. Frieds. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 20368/1921, 13. Mai 1921, S. 1 ff. (Online bei ANNO).
- ↑ Kleine Chronik. (…) Dr. Alfred H. Fried gestorben. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 20361/1921, 6. Mai 1921, S. 6 Mitte. (Online bei ANNO). .
- ↑ Kleine Chronik. (…) Dr. Alfred H. Fried. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 20362/1921, 7. Mai 1921, S. 8, Mitte rechts. (Online bei ANNO). .
- ↑ www.friedhoefewien.at – Ehrenhalber gewidmete Gräber im Friedhof Feuerhalle Simmering (PDF 2016), abgerufen am 7. März 2018.
- ↑ Alsergrund: Gedenktafel für Nobelpreisträger Fried. Feierstunde am 25. Mai, 18 Uhr, in der Widerhofergasse. In: wien.gv.at, abgerufen am 30. Juli 2011, sowie
Andreas Hermann Landl: Gedenktafel für revolutionären Pazifisten in Wien von Burgschauspieler entfetzt. In: friedensnews.at, 26. Mai 2011, abgerufen am 31. Juli 2011. - ↑ Andreas Hermann Landl: 100 Jahre Friedensnobelpreis an Alfred H. Fried. In: friedensnews.at, 6. Juli 2011, abgerufen am 31. Juli 2011.
Personendaten | |
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NAME | Fried, Alfred Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Pazifist, Publizist, Friedensnobelpreisträger |
GEBURTSDATUM | 11. November 1864 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 4. Mai 1921 |
STERBEORT | Wien |
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Straßenschild Friedstraße in der Siedlung Bruckhaufen in Wien-Donaufeld. | Eigenes Werk | Funke | Datei:20210620 Bruckhaufen Friedstraße Straßenschild.jpg | |
Alfred Hermann Fried, Nobel Peace Prize 1911 | http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/peace/laureates/1911/fried.html | Autor/-in unbekannt Unknown author | Datei:Alfred Hermann Fried nobel.jpg | |
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Urnengrab von Alfred Hermann Fried (1864–1921), Friedensnobelpreisträger 1911 (gemeinsam mit Tobias Asser). Feuerhalle Simmering, Wien | Eigenes Werk | Papergirl | Datei:Feuerhalle Simmering - Arkadenhof - Alfred Hermann Fried, 2016.jpg | |
Weltfriedenskongress 1907 in München: Bertha von Suttner (sitzende Reihe, Zweite von links), Ludwig Quidde (rechts daneben), Frédéric Passy (rechts daneben); Margarethe Quidde (hinter Ludwig Quidde), Henri La Fontaine (rechts neben ihr), A. H. Fried (stehende Reihe, Dritter von rechts), Tomáš Garrigue Masaryk (sitzend in der Mitte) | gescannt vom Foto | unbekannt | Datei:Weltfriedenskongress 1907.jpg |