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vom 05.01.2020, aktuelle Version,

Belagerung von Wittenberg (1760)

Belagerung Wittenbergs

Bombardierung Wittenbergs am 13. Oktober 1760, Kupferstich aus Georgis Wittenbergischer Klage-Geschichte
Datum 10. Oktober 1760 bis 14. Oktober 1760
Ort Wittenberg
Ausgang Sieg der Reichsarmee
Konfliktparteien

Preussen Konigreich  Preußen

Romisches Reich Heiliges 1400  Heiliges Römisches Reich (Reichsarmee)

Befehlshaber

Preussen Konigreich Konstantin von Salenmon

Romisches Reich Heiliges 1400 Herzog von Zweibrücken

Truppenstärke
Ca. 2.000 Mann Unbekannt
Verluste

Gesamte Besatzung

Unbekannt

Die Belagerung Wittenbergs war eine Episode des Siebenjährigen Krieges, welche durch die Verschärfung des konfessionellen Gegensatzes zwischen Preußen und Österreich ab den 1750er Jahren religionspolitische Brisanz erhielt.[1] Während der dreitägigen Belagerung durch die Reichsarmee wurde infolge der Bombardierung am 13. Oktober 1760 die Wittenberger Schlosskirche zerstört. Bedingt durch unkontrollierbare Brände wurde die preußische Garnison zur Kapitulation gezwungen.

Vorgeschichte

Wittenberg war beim Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs eine wichtige Grenzfestung[2] des Kurfürstentums Sachsen, das der antipreußischen Koalition angehörte. Im Kriegsverlauf wechselte es mehrmals den Besatzer und wurde im Oktober 1760 von einer preußischen Garnison unter Oberstleutnant Konstantin Nathanael von Salenmon (1710–1797) verteidigt, welche aus einem Bataillon des Garnison-Regiments von Grolman und den zwei Bataillonen des Regiments von Plotho (ehemals kursächsisch) bestand.[3]

Belagerung und Kapitulation

Darstellung der Belagerung im Neueröffneten Historischen Bildersaal zwei Jahre nach dem Ereignis

Bereits am 29. September gelang es dem Oberst von Zedtwitz die Wittenberger Brückenschanze zu stürmen. Die preußischen Truppen konnten aber noch zunächst Widerstand leisten.

Am 4. Oktober wurde Wittenberg aber eingeschlossen und man begann mit dem Bau von Annäherungsgräben. Am 10. Oktober 1760 rückte die Reichsarmee unter dem Oberbefehl des Herzogs von Zweibrücken vor die Stadt und forderte die Besatzung zur Kapitulation auf. Salenmon beschied die Kapitulationsaufforderung abschlägig, woraufhin am 11. Oktober die Laufgräben eröffnet wurden. Die Artillerie begann die Stadt zu beschießen und konnte die Gebäude in der Nähe des Pulverturms in Brand schießen.
Am 13. Oktober begannen drei Artillerie-Batterien unter dem Kommando des kaiserlich-königlichen Artillerie-Majors Anton Grumbach mit der Bombardierung Wittenbergs.[4] Große Teile der Stadt wurden in Brand geschossen: Der Großteil der hölzernen Innenausstattung der Schlosskirche ging infolge des Bombardements verloren. Die Holztür, an der Luther nach verbreitetem Glauben den Thesenanschlag vollzogen hatte, sowie seine Grabstätte verbrannten. Am Abend stürmte zudem ein Kommando von Freiwilligen der Reichsarmee unter dem Kommando des Generalmajors Graf Wartensleben den gedeckten Weg der Festung und nahm einen Offizier und 30 Gemeine gefangen. Da der Stadtbrand es erschwerte die Wälle zu verteidigen, ein Sturmangriff befürchtet wurde und der Brand das Pulvermagazin ernsthaft bedrohte, musste die preußische Besatzung am Folgetag kapitulieren. Salenmon ließ die Schamade schlagen und seine drei Bataillone mussten am 14. Oktober auf dem Festungsglacis die Waffen strecken.

Folgen

Wittenberg nach dem Bombardement, Kupferstich aus Georgis Wittenbergischer Klage-Geschichte

Die Reichsarmee erbeutete 15 Fahnen, ein großes Magazin, 28 Kanonen und 6 Mörser.[5] Die preußischen Kriegsgefangenen wurden nach der Kapitulation überwiegend in der Reichsstadt Memmingen einquartiert und bewacht.

Die Zerstörung des bedeutenden Erinnerungsortes der Lutheraner rief ein erhebliches Medienecho hervor. Da die Reichsarmee in Wittenberg die Interessen des lutherischen Kursachsen verfocht und u. a. aus kursächsischen Verbänden bestand, konnten ihr keine antilutherischen Absichten unterstellt werden. Das Bedauern allerdings war groß. Ein anonymer Autor dichtete im Stil von Gleims Kriegsliedern:

„Hin hin, zum Tempel des Herrn, wo Luther einst standhaft gelehret
Soll zuversichtlich mein Fuß mich Rettung suchenden tragen.
Da will ich – – o Zorn des Gerechten! auch hier ist Verderben und Flamme!
Schon stürzt der treue Lehrstuhl des ersten muthigen Lehrers
Zum wilden Grabmaal über seine schlummernde Beine.[6]

In zahlreichen britischen Zeitungen erschien ein offizieller preußischer Bericht, in welchem das Vorgehen der Reichsarmee bei der Belagerung angegriffen wurde. Wittenberg sei ohne jede Notwendigkeit in Schutt und Asche gelegt und dass Geschützfeuer nur in sehr geringem Maße auf die Festungswälle gerichtet worden.[7]

Quellen

  • Capitulations-Puncte bey der Preußischen Uebergabe der Vestung Wittenberg an die combinirte Reichs-Armee, vom 14. Octobr. 1760, in: Teutsche Kriegs-Canzley auf das Jahr 1760, Bd. 2, Frankfurt/Leipzig [sine anno], S. 509–511 (Nr. 79).
  • Des neueröffneten Historischen Bilder-Saals Dreyzehenter Theil. In welchem die allgemeine Welt-Geschichte vom Jahr 1756 biß 1760, unter Kaiser Franz I., besonders der durch Europa sich ausgebreitete Krieg mit vielem Fleiß, aufrichtig und unpartheyisch beschrieben, und die vornehmsten Begebenheiten in anmuthigen Kupfern vorgestellet sind, Nürnberg 1760, S. 612f.
  • Empfindungen eines Fremdlings bey dem Bombardement von Wittenberg den 13 October 1760, [ohne Ort] 1761. (Digitalisat der ULB Sachsen-Anhalt)
  • Christian Siegmund Georgi: Wittenbergische Klage-Geschichte, Welche über die schwere und jammervolle Bombardirung, Womit diese Chur- und Haupt-Stadt, am 13. October 1760, beängstiget und grossentheils in einen Stein-Hauffen verwandelt worden, entworffen und mit Kupffern erläuert von Christian Siegismund Georgi, der Heil. Schrifft Doct. und öffentlichen Lehrer etc., Wittenberg [1760]. (Digitalisat der SLUB Dresden)
  • Daniel Wilhelm Triller: Wittenberg im Feuer der Belagerung, den 13. October 1760. poetisch beschrieben von Daniel Wilhelm Triller, Königl. Pohln. und Churfürstl. Sächsischen Hofrath, wie auch ersten öffentlichen Lehrer der Arzneygelahrtheit in Wittenberg, Fünfte verbesserte und weit über die Hälfte, vermehrte Auflage. Nebst einem Anhange verschiedener dahin gehörigen neuen Gedichte, Wittenberg 1761. (Digitalisat der SLUB Dresden)
  • Militair-Conversations-Lexikon, Band 8, S.838
  • Henry Lloyd, Georg Friedrich von Tempelhof, Die Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutschland, 1789, Band 4, S.280

Literatur

  • Stephan Reinert: Eine Kuppel über den Reformatorengräbern. Die Dresdner Frauenkirche als Vorbild für ein Wiederaufbauprojekt der 1760 kriegszerstörten Schlosskirche zu Wittenberg, in: Die Dresdner Frauenkirche. Jahrbuch zu ihrer Geschichte und Gegenwart 14 (2010), S. 173–184.
  • Andreas Stahl: Ein Schloß unter Beschuß. Die Belagerungen der kursächsischen Landesfestung Wittenberg 1760 und 1813/14, in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 22 (2013), S. 405–471.
  • Heinrich Christoph Gottlieb Stier (Hg.): Die Schloßkirche zu Wittenberg. Übersicht ihrer Geschichte bis auf die Gegenwart; zur Säcularerinnerung an die beiden Jahre 1560 und 1760, Wittenberg 1860. (Digitalisat der SLUB Dresden)
  • Hans-Walter Voigtländer: Preußische Kriegsgefangene in Memmingen. Ein Beitrag zur Geschichte der reichsfreien Stadt während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) (Memminger Forschungen 7), Memmingen 2000.

Einzelnachweise

  1. Vgl. zu konfessionellen Aspekten des Siebenjährigen Krieges Antje Fuchs: Der Siebenjährige Krieg als virtueller Religionskrieg an Beispielen aus Preußen, Österreich, Kurhannover und Großbritannien, in: Franz Brendle/Anton Schindling (Hg.): Religionskriege im Alten Reich und in Alteuropa, Münster 2006, S. 313–343.
  2. Stefan Kroll: Soldaten im 18. Jahrhundert zwischen Friedensalltag und Kriegserfahrung. Lebenswelten und Kultur in der kursächsischen Armee 1728-1796 (Krieg in der Geschichte 26), Paderborn [u. a.] 2006, S. 69.
  3. Zum Bataillon des Regiments Grolman: Günther Gieraths: Die Kampfhandlungen der brandenburgisch-preussischen Armee, 1626-1807. Ein Quellenhandbuch (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin 8), Berlin 1964, S. 306. Zum Regiment von Plotho: ebd., S. 356.
  4. Herbert J. Redman: Frederick the Great and the Seven Years’ War, 1756–1763, Jefferson (North Carolina), S. 395.
  5. Louis von Malinowsky, Geschichte der brandenburgisch-preussischen Artillerie, Band 3, S.279
  6. Empfindungen eines Fremdlings bey dem Bombardement von Wittenberg den 13 October 1760, [ohne Ort] 1761, S. 8. (Digitalisat)
  7. An account of the barbarous manner, in which the Russian, Austrian, and Saxon troops, laid waste the Marche of Brandenburgh; and of the cruelties they committed in the month of October, 1760, in their expedition against the city of Berlin. Published at Berlin by authority, in: The Annual Register or a View of the History, Politicks, and Literature, Of the Year 1760, R. and J. Dodsley London 1761, S. 210–217, hier 216 (Wittenberg). (Google-Books Digitalisat)