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vom 04.05.2018, aktuelle Version,

Endosymbiontentheorie

Schematische Darstellung der Endosymbiontentheorie (schwarz: Zell- oder Organellmembran; rosa: eukaryotische DNA; grün: cyanobakterielle DNA; rot: proteobakterielle oder mitochondriale DNA)

Die Endosymbiontentheorie (altgriechisch ἔνδον endo ‚innen‘ und συμβίωσις symbiōsis ‚Zusammenleben‘) besagt, dass Eukaryoten dadurch entstanden sind, dass prokaryotische Vorläuferorganismen eine Symbiose eingegangen sind. Demnach sind chemotrophe und phototrophe Bakterien von anderen prokaryotischen Zellen (möglicherweise Archaeen) durch Phagozytose aufgenommen worden, sie wurden jedoch nicht verdaut, sondern lebten im Innern weiter und wurden dadurch zu Endosymbionten. Später haben sich die Endosymbionten zu Zellorganellen in ihren Wirtszellen entwickelt. Die Komplexe aus den Wirtszellen und den darin befindlichen Organellen sind Eukaryoten. Die Zellorganellen, die auch heute noch viele Merkmale von Prokaryoten tragen, sind Mitochondrien und Plastiden. Komplexe pflanzliche, tierische und somit auch menschliche Zellen haben damit ihren Ursprung in der Verschmelzung von Prokaryoten (vgl. Abb.). Es gibt jedoch auch Eukaryoten ohne derartige Organellen, wobei diskutiert wird, ob diese Zellbestandteile stammesgeschichtlich sekundär verloren gingen. Eukaryoten ohne solche Organellen können weder Zellatmung noch Photosynthese betreiben.

Geschichte

Der Gedanke der Endosymbiontentheorie ist erstmals von dem Botaniker Andreas Franz Wilhelm Schimper im Jahr 1883 veröffentlicht worden, der damit die Entstehung der Chloroplasten zu erklären versuchte. Die Hypothese wurde erneut um 1905 von dem russischen Evolutionsbiologen Konstantin Sergejewitsch Mereschkowski aufgegriffen. Doch erst 1967 mit der Veröffentlichung von Lynn Margulis wurde sie bekannter.[1][2]

Kernaussage

Vereinfacht gesprochen besagt die Theorie, dass im Laufe der Entwicklung des Lebens einzellige Lebewesen durch ein anderes einzelliges Lebewesen aufgenommen und zu Bestandteilen der Zelle eines so entstandenen höheren Lebewesens wurden. Im Laufe der Evolution entstanden so immer komplexere Lebewesen. Auch Bestandteile menschlicher Zellen gehen ursprünglich auf einzellige Lebewesen zurück, die zu einem Bestandteil der Zellen wurden.

Erläuterung

Die Endosymbiontentheorie geht davon aus, dass Mitochondrien und Plastiden sich aus eigenständigen prokaryotischen Lebewesen entwickelt haben. Im Zuge des Evolutionsprozesses sind diese Einzeller eine Endosymbiose mit einer anderen Zelle eingegangen, das heißt, sie leben in ihrer Wirtszelle zum gegenseitigen Vorteil. Auch heute noch kann man beobachten, dass amöboide Einzeller (also solche mit einer „weichen“ Membran) Cyanobakterien aufnehmen, ohne sie zu verdauen.

Das Zusammenspiel der beiden zellulären Organismen hat sich dann im Verlauf der Evolution zu einer gegenseitigen Abhängigkeit entwickelt, in der keiner der beiden Partner mehr ohne den anderen überleben konnte, das heißt, es entstand eine Symbiose. Diese wird Endosymbiose genannt. Die Abhängigkeit geht so weit, dass die Organellen Teile ihres (nicht mehr benötigten) genetischen Materials verloren haben oder die entsprechenden Gene teilweise in das Kern-Genom integriert wurden. Einzelne Protein-Komplexe in den Organellen, wie z. B. die ATP-Synthase, werden so zum Teil aus kerncodierten, zum Teil aus mitochondrial codierten Untereinheiten zusammengesetzt.

Analysen der Genome deuten darauf hin, dass Plastiden von Cyanobakterien abstammen, während Mitochondrien von aeroben Proteobakterien abstammen. Diese Form der Endosymbiose zwischen einem Eukaryoten und einem Prokaryoten wird als primäre Endosymbiose bezeichnet. Entstand das Zellorganell durch die Aufnahme eines Eukaryoten, der bereits ein primäres Endosymbioseereignis erfahren hat, wird dies als sekundäre Endosymbiose bezeichnet.

Primäre Plastiden sind von zwei Hüllmembranen umgeben, die den beiden Membranen des aufgenommenen Cyanobakteriums entsprechen, während die bei der Phagocytose entstehende darum herumliegende, ursprüngliche dritte Membran nicht mehr vorhanden ist.[3] So gibt es drei Typen von primären Plastiden und somit drei Linien von autotrophen Organismen:

  • die einzelligen Algen der Glaucocystaceae besitzen Plastiden, die dem Cyanobakterium in vielerlei Hinsicht noch sehr ähnlich sind und aus diesem Grund oft als „Cyanellen“ bezeichnet werden,
  • Rotalgen besitzen „Rhodoplasten“ genannte Plastiden, die noch den Antennenaufbau der Cyanobakterien tragen (Phycobilisomen).
  • Die Plastiden der Grünalgen und höheren Pflanzen stellen die am stärksten entwickelten Plastiden dar und tragen eine große Vielfalt an Antennenkomplexen. Die grünen Plastiden der Algen und höheren Pflanzen werden Chloroplasten genannt.

Sekundäre Plastiden verfügen über drei oder sogar vier Hüllmembranen. Es ist kein Fall bekannt, in dem eine Aufnahme eines Glaucophyten zu einer sekundären Endosymbiose geführt hätte. Dagegen existiert eine Fülle von Organismengruppen, die eine Rotalge aufgenommen haben und sie in unterschiedlichem Maße reduziert haben. Einige Autoren gehen davon aus, dass dieses Ereignis nur einmal in der Evolution stattgefunden hat, und definieren so das Monophylum der Chromalveolata. In diese Gruppe gehören die Braunalgen, Gelbgrünalgen, Goldalgen, Cryptophyceen, Haptophyceen (Kalkalgen), und die Apicomplexa (z. B. Malaria-Erreger Plasmodium).

Auch die sekundäre Endosymbiose zwischen Grünalgen und Eukaryoten ist bekannt. So wird angenommen, dass die Euglenozoa und die Chlorarachniophyta unabhängig voneinander primäre Endosymbionten in sich aufgenommen haben.

Die Endosymbiontentheorie – bezogen auf autotrophe Organismen und die Entstehung der unterschiedlichen Pigmentsysteme

Es gibt einige Protozoen, die keine Mitochondrien (und keine Plastiden) besitzen („Archezoa“). Zunächst wurde angenommen, sie seien primitiv und unmittelbar aus der urtümlichen Wirtszelle der Endosymbionten hervorgegangen. Dies ist vermutlich falsch, da ihre DNA Sequenzen enthält, die eindeutig mitochondrialen Ursprungs sind. Wahrscheinlich haben alle amitochondriaten Eukaryoten ihre Mitochondrien sekundär verloren.

Indizien

  1. Man kann heute bei unterschiedlichen Lebewesen verschiedene Stadien zwischen Symbiose und Endosymbiose beobachten:
    • Korallen, einige Muscheln, der Wurm Convoluta roscoffensis aber zum Beispiel auch Blattläuse leben in Symbiose mit Algen oder Bakterien, die im Zellinneren ihrer Wirte leben. Bei den endosymbiotischen Bakterien der Blattläuse werden Beschleunigungen der Evolutionsraten einhergehend mit Genverlusten und einem Anstieg des AT-Gehaltes der DNA beobachtet, wie sie auch bei Zellorganellen zu finden ist.
    • Die Wurzeln einiger Pflanzen leben in Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien (Rhizobien).
    • Der Süßwasserpolyp (Hydra viridissima) kann durch Endocytose Zoochlorellen aufnehmen und mit deren Hilfe Photosynthese betreiben.
    • Bei Dinoflagellaten sind verschiedene Stadien zu finden: Kleptoplastiden, komplexe Rhodoplasten und tertiäre Endosymbiosen, die auf die Aufnahme von Cryptophyceen oder auch Kalkalgen (Haptophyta), eine Gruppe mariner Algen zurückzuführen sind. Nachgewiesen wurde die tertiäre Endosymbiose zwischen Kalkalgen und Dinoflagellaten bei den Arten Gymnodinium breve, Gymnodinium galatheanum und Gyrodininium aureolum.[4]
  2. Plastiden und Mitochondrien sind von ihrem Aufbau her Prokaryonten: kein Zellkern, ringförmige DNA, die DNA ist nicht durch Histone assoziiert, Größe entspricht kleinen Bakterien. Sie stellen ihre eigenen Proteine her, wobei sie einen prokaryotischen Proteinbiosyntheseapparat besitzen. Ihre Ribosomen ähneln denen der Bakterien, nicht denen der Wirtszelle (70-S- anstatt 80-S-Ribosomen). Die mRNA der beiden Organellen besitzt nicht die für Eukaryoten typische 5'-Cap-Sequenz und auch die Polyadenylierung fehlt. Die Cyanellen der Glaucophyta sind sogar noch von einer dünnen bakteriellen Zellwand umgeben. Rotalgen und Glaucophyta setzen wie Cyanobakterien Phycobiline zum Auffangen von Photonen in der Photosynthese ein.
  3. Die DNA-Sequenzen der Mitochondrien ähneln denen der α-Proteobakterien, während Plastiden-DNA-Sequenzen mitten im Cyanobakterien-Stammbaum platziert werden. Ein Vergleich mit der Wirts-DNA weist auf keine Abstammung der Organellen vom Wirt hin.
  4. Primäre Plastiden und Mitochondrien sind von Doppelmembranen umgeben, wobei, der Hypothese entsprechend, die äußere beim „Verschlucken“ des Bakteriums hinzugekommen ist. Die innere entspricht der von Bakterien (Vorkommen von Cardiolipin, kein Cholesterin; außerdem Vorkommen von Transmembranproteinen (β-barrel-Proteine), die nur in den Membranen von Bakterien und Zellorganellen vorkommen), die äußere der von Eukaryoten.
  5. Die besten Belege für sekundäre Endosymbiosen finden sich bei den Chlorarachniophyceen, zu den Cercozoa gehörende Amöben, und den Cryptophyceen, einer eigenständigen Algenklasse. Beide Algengruppen enthalten komplexe Plastiden mit vier Hüllmembranen. Zwischen den beiden äußeren und den beiden inneren Hüllmembranen befindet sich der periplastidäre Raum mit einem Nucleomorph, einem stark reduzierten eukaryotischen Zellkern mit je drei linearen kleinen Chromosomen und eukaryotischen 80-S-Ribosomen. Genomsequenzierungen und phylogenetische Analysen zeigten, dass Nucleomorph und Plastid der Chlorarachniophyceen auf eine sekundäre Endosymbiose mit einer Grünalge, der komplexe Plastid der Cryptophyceen jedoch auf eine sekundäre Endosymbiose mit einer Rotalge zurückzuführen sind. Von der Chlorarachniophycee Bigelowiella natans und von der Cryptophycee Guillardia theta wird/wurde das Nucleomorph-Genom vollständig durchsequenziert. Da bei Rotalgen die Stärkesynthese im Cytoplasma stattfindet und nicht wie bei den Grünalgen und Landpflanzen im Plastiden, spricht das Vorkommen von Stärke im periplastidären Raum der Cryptophyceen ebenfalls für eine sekundäre Endosymbiose.
  6. Mitochondrien und Plastiden vermehren sich durch Teilung und werden bei Teilung der Wirtszelle auf die Tochterzellen verteilt. Sie entstehen nicht de novo, d. h., sie können von der Zelle bei zufälligem Verlust nicht neu gebildet werden.

Siehe auch

Literatur

  • A. F. W. Schimper: Über die Entwicklung der Chlorophyllkörner und Farbkörper. In: Bot. Z. Band 41, 1883, S. 102–113.
  • C. Mereschkowsky: Über Natur und Ursprung der Chromatophoren im Pflanzenreiche. In: Biologisches Centralblatt. Band 25, 1905, S. 593–604.
  • Lynn Margulis, Dorion Sagan: Leben: Vom Ursprung zur Vielfalt. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin 1997, ISBN 3-8274-0524-6 (Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe von 1995).
  • Lynn Margulis: Die andere Evolution. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin 1999, ISBN 3-8274-0294-8 (Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe von 1998).
  • J. M. Archibald, M. B. Rogers, M. Toop, K-i. Ishida, P. J. Keeling: Lateral gene transfer and the evolution of plastid-targeted proteins in the secondary plastid-containing alga Bigelowiella natans. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA. Band 100, 2003, S. 7678–7683.
  • S. E. Douglas, S. Zauner, M. Fraunholz, M. Beaton, S. Penny, L. T. Deng, X. Wu, M. Reith, T. Cavalier-Smith, U.-G. Maier: The highly reduced genome of an enslaved algal nucleus. In: Nature. (London). Band 410, 2001, S. 1040–1041.
  • Karl-Heinz Linne von Berg, Kerstin Hoef-Emden, Birger Marin, Michael Melkonian: Der Kosmos-Algenführer. Die wichtigsten Süßwasseralgen im Mikroskop. Kosmos, Stuttgart 2004, ISBN 3-440-09719-6.
  • G. I. McFadden: Primary and secondary endosymbiosis and the origin of plastids. In: Journal of Phycology. Band 37, 2001, S. 951–959.
  • S. B. Gould, R. F. Waller, G. I. McFadden: Plastid Evolution. In: Annual Review of Plant Biology. Band 59, 2008, S. 491–517.
  • N. A. Moran: Accelerated evolution and Muller's ratchet in endosymbiotic bacteria. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA. Band 93, 1996, S. 2873–2878.
  • S. Turner, K. M. Pryer, V. P. W. Miao, J. D. Palmer: Investigating deep phylogenetic relationships among Cyanobacteria and plastids by small subunit rRNA sequence analysis. In: Journal of Eukaryotic Microbiology. Band 46, 1999, S. 327–338.
  • A. W. Thompson, R. A. Foster u. a.: Unicellular cyanobacterium symbiotic with a single-celled eukaryotic alga. In: Science. Band 337, Nummer 6101, September 2012, S. 1546–1550. doi:10.1126/science.1222700. PMID 22997339.
  • Shinichiro Maruyama, Eunsoo Kim: A Modern Descendant of Early Green Algal Phagotrophs. In: Current Biology. 23, 2013, S. 1081–1084, doi:10.1016/j.cub.2013.04.063.
  • William F. Martin, Sriram Garg, Verena Zimorski: Endosymbiotic theories for eukaryote origin. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London B: Biological Sciences. Band 370, Nr. 1678, 31. August 2015, doi:10.1098/rstb.2014.0330 (royalsocietypublishing.org).

Quellen

  1. Lynn Sagan: On the origin of mitosing cells. In: J. Theoretical Biology. Band 14, Nr. 3, 1967, S. 255–274. PMID 11541392 doi:10.1016/0022-5193(67)90079-3
  2. Bernhard Kegel: Die Herrscher der Welt: Wie Mikroben unser Leben bestimmen. DuMont, Köln 2015, ISBN 978-3-8321-9773-5.
  3. Thomas Cavalier-Smith: Membrane heredity and early chloroplast evolution. In: trends in plant science. Band 5, Nr. 4, 2000, S. 174182 (englisch).
  4. Charles F. Delwiche: Tracing the Thread of Plastid Diversity Through the Tapestry of Life. In: The American Naturalist. Vol. 154, Supplement: .Evolutionary Relationships Among Eukaryotes. Okt 1999, S. S164-S177. PMID 10527925. doi:10.1086/303291. (online)