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Ferdinand Kürnberger

Ferndinand Kürnberger um 1875

Ferdinand Kürnberger (* 3. Juli 1821 in Wien; † 14. Oktober 1879 in München) war ein österreichischer Schriftsteller.

Leben

Ferdinand Kürnberger wurde am 3. Juli 1821 auf der Laimgrube, Obere Gestättengasse 140 in Wien geboren. Er stammte aus einem Arbeiterhaushalt: der Vater arbeitete als Laternenanzünder, die Mutter war Standlerin am Naschmarkt.

Schon früh distanzierte sich der junge Kürnberger von Österreich; für ihn ist Deutschland das große fortschrittliche Vorbild. Er selbst empfand die heimischen Verhältnisse als geradezu „ “asiatisch, zurückgeblieben, faul dumm und tadelnswert“. Das österreichische Beamtentum bezeichnete er als „großäthiopisch“.

Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt durch das Schreiben für mehrere Wiener Zeitungen. Seine Beteiligung am Wiener Oktoberaufstand 1848 als Mitglied der akademischen Legion zwang ihn zur Flucht nach Deutschland, wo er sich in Dresden niederließ. Wegen der unterstellten Beteiligung am Dresdner Maiaufstand im Jahr 1849 – tatsächlich waren nur seine Kappe und seine langen Haare der Verhaftungsgrund – wurde er inhaftiert; zehn Monate musste er im Gefängnis verbringen. Die Dresdner Schriftstellerin Auguste Scheibe organisierte seine Flucht. 1854, während Kürnberger in Deutschland war, starb sein Vater.

Im Jahre 1856 kehrte Kürnberger nach Wien zurück und veröffentlichte 1857 seine „Ausgewählten Novellen“. 1858 starb die Mutter. Als Generalsekretär der Deutschen Schillerstiftung (1867 bis 1870) arbeitete er in deren Zweigverein in Wien, der 1865–1869 Hauptsitz der Stiftung war. Journalistisch betätigte er sich unter anderem als Mitarbeiter der Deutschen Zeitung in den Jahren 1873–75 und 1879. Nachdem er wiederholt erfolglos versucht hatte, ans Burgtheater zu kommen, zog er sich von seiner Heimatstadt enttäuscht nach Graz zurück. Kurz vor seinem Tode verglich er sich mit dem ewigen Juden; sie hätten beide Leben und Tod mit scharfem Humor betrachtet. Kürnberger starb am 14. Oktober 1879 infolge einer Lungenentzündung in München während eines Besuches im Hause seines Freundes, des Malers Wilhelm von Kaulbach.

Im Jahre 1894 wurde in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk) die Kürnbergergasse nach ihm benannt.

Wirken

In seinen Artikeln prangerte Kürnberger auf humorvolle Art und Weise immer wieder die Verhältnisse in seiner Heimatstadt (beispielsweise in „Geglaubt und vergessen“, 1866) und seinem Land an. So wurde er zu einem Chronisten der „Österreichischen“ und insbesondere der „Wiener Seele“. Karl Kraus zählte ihn neben Daniel Spitzer und Ludwig Speidel zu den sprachmächtigsten Autoren und zu seinen Vorbildern im historischen Wiener Feuilleton der liberalen Tagespresse.

Das Werk Der Amerika-Müde spielt auf Nikolaus Lenaus Amerikareise an. Obwohl Kürnberger nie in den USA war, verfasste er ein sarkastisches und gegen Ende fast bitteres Auftragswerk zu diesem Thema. Seine Publikationen brachten Kürnberger zudem zwei philosophische Referenzen ein. Ludwig Wittgenstein entnahm das Motto, welches er seinem Tractatus logico-philosophicus voranstellte, dem Werk „Literarische Herzenssachen, Reflexionen und Kritiken“ (1877, S. 340), Theodor W. Adorno das Motto seiner „Minima Moralia“ Kürnbergers Roman „Der Amerika-Müde“. Max Weber hat in seiner berühmten Schrift Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus das Amerikabild von Kürnbergers „geist- und giftsprühenden“[1] Der Amerika-Müde in einigen Punkten verteidigt. So sind Webers Zitate von Benjamin Franklin identisch mit Kürnbergers. Weber schrieb:

„Der Amerikamüde“ (Frankfurt 1855), ist bekanntlich eine dichterische Paraphrase der amerikanischen Eindrücke Nikolaus Lenau's. Das Buch wäre als Kunstwerk heute etwas schwer genießbar, aber es ist als Dokument der (heute längst verblaßten) Gegensätze deutschen und amerikanischen Empfindens. [2]

Werke

Literatur

  • Wolfgang Klimbacher: Ferdinand Kürnberger und Adolf Fischhof. Zwei ehemalige „Märzkämpfer“ in deutschnationaler Euphorie. Literarisch-politische Reaktionen auf Krieg und Reichsgründung 1870/71. In: Klaus Amann (Hrsg.): Literatur & Nation. Böhlau, Wien 1996.
  • Wolf Dieter Kühnel: Ferdinand Kürnberger als Literaturtheoretiker im Zeitalter des Realismus. Kümmerle, Göppingen 1970 (zugl. Dissertation, Universität München 1970).
  • Karl Riha: Kritik, Satire, Parodie. Gesammelte Aufsätze zu den Dunkelmännerbriefen, zu Lesage, Lichtenberg, Klassiker-Parodie, Daumier, Herwegh, Kürnberger, Holz, Kraus, Heinrich Mann, Tucholsky, Hausmann, Brecht, Valentin, Schwitters, Hitler-Parodie und Henscheid. Westdt. Verlag, Opladen 1992.
  • Andreas Wildhagen: Das politische Feuilleton Ferdinand Kürnbergers. Themen und Technik einer literarischen Kleinform im Zeitalter des deutschen Liberalismus in Österreich. Lang, Frankfurt/M. 1985.

Einzelnachweise

  1. Weber, Max: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Paderborn 1934, S 32.
  2. Weber, Max: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Paderborn 1934, S 32.