Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast
vom 23.04.2022, aktuelle Version,

Fred Jordan

Fred Jordan, geboren als Alfred Rotblatt (geb. 9. November 1925 in Wien)[1] ist ein österreichisch-amerikanischer Verleger.

Leben

Alfred Rotblatts Vater war ein in Österreich lebender Pole, er wurde 1938 nach der Reichspogromnacht aus dem Großdeutschen Reich ausgewiesen und konnte nach Belgien fliehen, wo er während der fünf Jahre deutscher Besatzung von Widerständlern versteckt wurde. Seine Mutter wurde 1941 in das Ghetto Litzmannstadt deportiert und Opfer des Holocaust. Seine Schwester Charlotte (geb. 1922) konnte 1940 mit einem Affidavit in die USA emigrieren. Alfred Rotblatt wurde Anfang August 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt[2], wo er auf der Great Engeham Farm bei Ashford einen Platz in dem von der Kinder- und Jugend-Alijah organisierten Zeltlager erhalten hatte. Anfang 1940 zog die Gruppe in ein winterfestes Quartier bei Barnstaple. Seine Schulausbildung schloss er in einer englischen Dorfschule ab, machte bei ORT in Leeds eine Ausbildung als Dreher und arbeitete in London in dem Beruf. Er schloss sich der sozialistischen Organisation Young Austria an. Jordan wurde 1943 Soldat der britischen Armee und wurde in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und nach der deutschen Kapitulation in Bergen-Belsen und Celle eingesetzt.

Nach seiner Entlassung aus der Armee ging er 1946 als Journalist der U.S. Information Agency nach Wien. Er studierte bis 1949 Journalistik an der Universität Wien und wurde promoviert. 1949 wanderte er in die USA aus, wo er als Journalist[3] arbeitete. 1955 wurde er Vertriebsleiter in Barney Rossets Kleinverlag Grove Press.[4] Tatsächlich kümmerte sich Jordan in dem rasch expandierenden Verlag neben dem Vertrieb noch als Cheflektor um die osteuropäischen Autoren im Verlagsprogramm. Mit dem Druck einer US-amerikanischen Ausgabe von Lady Chatterley's Lover begann für den Verlag eine Serie von Prozessen, in der die Anwälte Charles Rembar und Ephraim London die strengen Regeln der Buchzensur in den USA aufweichten.

1957 stieß Richard Seaver zum Verlag und baute das französische Programm aus. Der Verlag hatte später bis zu 400 Mitarbeiter und bezog in New York aufwendige Büroräume. Jordan übernahm im Verlag die Leitung des Literaturmagazins Evergreen Review, das von 1957 bis 1973 erschien und bis zu 150.000 Exemplare verkaufte. In der ersten Nummer erschien ein Essay von Jean-Paul Sartre, im selben Jahr wurde die englische Übersetzung von Albert CamusÜberlegungen zur Todesstrafe gedruckt. 1960 erschien Edward Albees Erstdrama The Zoo Story. Im Evergreen Review wurden Essays und Werke von Samuel Beckett, Jorge Luis Borges, Charles Bukowski, William S. Burroughs, Marguerite Duras, Jean Genet, Günter Grass, Norman Mailer, Henry Miller, Pablo Neruda, Vladimir Nabokov, Frank O’Hara, Kenzaburo Oe, Octavio Paz, Harold Pinter, Susan Sontag, Tom Stoppard, Derek Walcott und Malcolm X gedruckt. Allen Ginsberg und Jack Kerouac schrieben Kolumnen, es erschienen die Comicabenteuer von Phoebe Zeit-Geist und Barbarella.

1968 flog Jordan mit Rosset nach Bolivien, um nach Che Guevaras Tod Fragmente des Bolivianischen Tagebuchs ausfindig zu machen.[4] Die 1968 erschienene Ausgabe 51 von Evergreen Review, die den The Spirit of Che ankündigte und eine Porträtzeichnung von Che Guevara auf dem Umschlag hatte, provozierte einen Bombenanschlag von Exilkubanern auf das Redaktionsbüro von Evergreen.[5]

Jordan wechselte nach fast dreißig Jahren bei Grove Press[4] als Herausgeber zu Pantheon Books, wo er nach dem Besitzerwechsel zu Random House André Schiffrin ablöste.[3] Er brachte dort u. a. eine neue Übersetzung von Franz Kafkas Der Process heraus. Random House trennte sich bereits nach Ablauf seines Dreijahresvertrags von ihm.[6] Von 1995 bis zum Jahr 2000 war er geschäftsführender Herausgeber der „Fromm International Publishing Corporation“[7], Jordan war dort der erste Verleger für Václav Havel in den USA.

Schriften (Auswahl)

  • Vereinigte Staaten von Amerika : die subversive Rolle der Pornographie. In: Dieter E. Zimmer (Hrsg.): Die Grenzen literarischer Freiheit: 22 Beiträge über Zensur im In- und Ausland. Nannen-Verlag, 1966, S. 139–149

Literatur

  • Loren Glass: Counterculture Colophon: Grove Press, the Evergreen Review, and the Incorporation of the Avant-Garde. Stanford University Press, Stanford 2013
  • Fred Jordan: Mein Kindertransport. Aus dem Amerikanischen Claudia Curio. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Kindertransporte 1938/39 : Rettung und Integration. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, S. 230–246. Auf Seite 252 eine Kurzbiografie.
  • Jordan, Fred. In: Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 2: J–R. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 612 (Eintrag 4683).
  • Werner Röder, Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945, Vol II, 1, Saur, München 1983, ISBN 3-598-10089-2, S. 575.
  • Jordan, Fred. In: Ernst Fischer: Verleger, Buchhändler & Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933: Ein biographisches Handbuch. Elbingen: Verband Deutscher Antiquare, 2011, S. 156

Einzelnachweise

  1. Geburtstag in Jordans autobiografischer Schrift Mein Kindertransport. Als Geburtsjahr wird auch 1926 angegeben
  2. Julia Kissina: Kaum war das Buch da, landeten wir bei der Polizei. Interview, in: Literarische Welt, 2. April 2016, S. 4
  3. 1 2 Jack Miles: Pantheon Is Dead, Long Live Pantheon, in: Los Angeles Times, 18. März 1990
  4. 1 2 3 Sten Jordan: Barney Rosset, The Art of Publishing No. 2, Interview, in: Paris Review, Winter 1997
  5. Ken Jordan: History of Evergreen Review (Memento des Originals vom 14. Juni 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.evergreenreview.com, Einleitung zu Evergreen Review Reader, 1957-1996. Blue Moon Books, bei: Evergreenreview, website
  6. Sharanya: Veteran fails to support tall claims about Big Publishing, Rezension, The Guardian, 16. September 2012. Andere Darstellung bei: André Schiffrin: The Business of Books: How the International Conglomerates Took Over Publishing and Changed the Way We Read. Verso, 2000, S. 99
  7. Fromm International Publishing Corporation, bei Open Library