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vom 08.02.2021, aktuelle Version,

Gerry Mikscha

Gerald „Gerry“ Mikscha (* 14. Juni 1971 in Klagenfurt) ist ein ehemaliger Politfunktionär der FPÖ. Von 1993 bis zum Jahr 2000 war er der Privatsekretär von Jörg Haider und in dieser Zeit sein engster Mitarbeiter. Über ihn lernte Haider auch Saif Gaddafi kennen. Seit dem Jahr 2004 ist er untergetaucht und lebt angeblich in der Schweiz am Genfersee und in Paraguay.

Leben

Mikscha besuchte die Handelsakademie in Klagenfurt. Anfang der 1990er Jahre lernte er auf einem Tennisplatz in Kärnten Jörg Haider kennen und wurde bald darauf sein Freund und engster Mitarbeiter.[1] 1993 machte Haider ihn zu seinem Privatsekretär. Sein Vorgänger in dieser Funktion, Karl-Heinz Grasser, war gerade zum Generalsekretär der FPÖ befördert worden. Mikscha trat nun in der Öffentlichkeit immer an Haiders Seite auf, bei Pressekonferenzen, bei Parteiveranstaltungen, bei Events oder beim Marathon-Lauf. Er wurde von Politbeobachtern Haiders Buberlpartie zugerechnet, unterschied sich jedoch vom Habitus der anderen. Mikscha wurde als nachdenklich, ruhig und vertrauenswürdig beschrieben. Andreas Mölzer nannte ihn „die mit Abstand angenehmste Erscheinung in Jörg Haiders Umfeld“.[2]

Neben seiner Tätigkeit als Privatsekretär besuchte Mikscha die Imadec Privatuniversität in Wien, wo er 1998 Saif al-Islam al-Gaddafi, den Sohn des libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi, kennenlernte, der dort ebenfalls studierte. Er machte diesen später mit Haider bekannt, der daraufhin eine rege Diplomatie mit Libyen begann. Im Mai 1999 reisten Haider und Mikscha sowie der Chef der Hypo-Alpe-Adria-Bank, Wolfgang Kulterer, nach Libyen und trafen dort Muammar al-Gaddafi.[1] Haider trat sogar mit einer arabischsprachigen Rede im libyschen Fernsehen auf. Später wurden Gerüchte laut, Muammar al-Gaddafi hätte den dreien bei dieser Reise mehrere Millionen Dollar als Parteispende übergeben.[3]

Bei den Nationalratswahlen 1999 verzeichnete die FPÖ starke Stimmengewinne. Jörg Haider hatte sich jedoch im Wahlkampf mit einigen älteren Weggefährten überworfen und machte deshalb nun seinen Privatsekretär Gerry Mikscha zum Bundesgeschäftsführer der FPÖ.[4] Als sich jedoch die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP schwierig gestalteten, trat Haider im Februar 2000 überraschend von allen Bundesämtern zurück und ging zurück nach Kärnten. Damit verlor auch Mikscha sein Amt als FPÖ-Geschäftsführer.

Zur selben Zeit hatte Haider auch einen neuen Privatsekretär gefunden, Franz Koloini, wodurch Mikscha in der Gunst seines politischen Mentors gesunken war. Er begleitete diesen trotzdem noch einmal auf eine Libyen-Reise im Juni 2000, an der eine ganze Delegation Kärntner Wirtschaftstreibender teilnahm, darunter auch wieder Wolfgang Kulterer. Ziel soll dabei der Kauf von billigem Öl für Kärnten gewesen sein.[5] Ein persönliches Treffen mit Muammar al-Gaddafi kam bei dieser Reise jedoch nicht zustande.[3]

Nach seinem Ausscheiden aus der Politik arbeitete Mikscha kurz für die Firma Proofit M-Commerce, eine Tochter des Internetproviders YLine. Im Jahr 2001 wurde YLine jedoch in einer spektakulären Affäre um Bilanzfälschung und Insiderhandel insolvent und musste seine Dienste einstellen.[6] In diese Affäre waren auch zahlreiche FPÖ-nahe Geschäftsleute verwickelt. Mikscha versuchte sich daraufhin selbst als Unternehmer und trat als „General Manager“ der im liechtensteinischen Vaduz registrierten Firma City Angels – Business Incubators auf. Ebenfalls in Vaduz registriert war die ihm zugerechnete Ateia AG, die unter anderem Sonnencremes vertrieb, jedoch 2003 aufgelöst wurde.[7] Gemeinsam mit dem Börsenguru Mike Lielacher war Mikscha bis 2004 auch an der Firma Challenger One Management und Consulting GmbH beteiligt, die heute im Besitz von Karl-Heinz Petritz steht, ebenfalls ein ehemaliges Mitglied der Buberlpartie.

Trotz seines Rücktritts aus der Politik tauchte Mikscha vereinzelt wieder an der Seite Haiders auf, ein Mal nach dem Platzen der Schwarz-Blauen-Koalition im September 2002 und ein weiteres Mal bei einer gemeinsamen Libyenreise im Jahr 2003. Ein neues politisches Amt übernahm Mikscha jedoch nicht. Es wird aber vermutet, dass Mikscha sich in dieser Zeit weiterhin um die Finanzen Haiders gekümmert hat.[8]

Untertauchen

Im Jahr 2004 herrschte um die Person Gerry Mikscha plötzlich Aufregung in der FPÖ.[1] Mikscha war verschwunden; über den Grund kursierten verschiedenste Gerüchte. Es wurde ein Streit mit Haider um verschwundene Parteigelder vermutet, die Mikscha verwaltet hatte. Ihm wurde vorgeworfen, das Geld veruntreut zu haben und sich damit ins Ausland abgesetzt zu haben. Dieser ließ jedoch ausrichten, dass das Geld durch ungünstige Investitionen an der Londoner Börse verspekuliert worden sei.

Im Jahr 2005 trat Mikscha nun von der Schweiz aus als Konsulent eines saudischen Scheichs auf, der 500 Millionen Dollar in Österreich investieren wollte. Der Deal sollte über die Hypo-Alpe-Adria-Bank abgewickelt werden. Der Nationalratsabgeordnete Peter Fichtenbauer trat damals als Anwalt des Projekts auf. Als jedoch Sicherheitsbedenken der Nationalbank und der Staatspolizei geäußert wurden, platzte das Geschäft.[9]

Mikscha kehrte daraufhin nicht nach Österreich zurück, sondern blieb offiziell im Ausland. Als sein Aufenthaltsort wurde zunächst die Schweiz, später Paraguay vermutet, wo er auf einer weitläufigen Hacienda 70 Kilometer nördlich von Asunción leben soll. Jörg Haider ließ nach ihm suchen und schickte zwei Mal einen Emissär dorthin, um mit Mikscha Kontakt aufzunehmen, einmal im Jahr 2006 und ein zweites Mal 2008, kurz vor Haiders letztem Nationalratswahlkampf.[10] Mikscha ließ beide Male ausrichten: „Ich will nichts sagen. Das Geld ist weg. Lasst mich in Ruhe.[11] Zudem weigerte er sich, nach Österreich zurückzukommen. Paraguay hat kein Auslieferungsabkommen mit der Europäischen Union.

Gerry Mikscha wurde offiziell nie von der Justiz gesucht, es besteht kein Haftbefehl gegen ihn. Deshalb soll er auch mehrmals inkognito nach Kärnten gereist sein, um seine Familie zu besuchen. Dabei ist er mit einem Auto mit schweizerischen Kennzeichen aus Genf gesehen worden, weshalb auch die Schweiz als sein möglicher Aufenthaltsort gilt.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 profil: Sind im Bermudadreieck um Jörg Haider Gaddafi-Millionen versickert?, 26. Februar 2011. Abgerufen am 25. Oktober 2011.
  2. Kleine Zeitung: Gerald Mikscha: Vertrauter der üblichen Verdächtigen (Memento vom 6. November 2010 im Internet Archive), 2. August 2010
  3. 1 2 ORF Kärnten: Haiders Reisen nach Libyen und in den Irak, 3. August 2010
  4. 20min.ch: Wer hat die Haider-Millionen?, 2. August 2010
  5. Wirtschaftsblatt: Brisante Gerüchte um Haiders Geheimkonten (Memento vom 3. August 2010 im Internet Archive), 1. August 2010
  6. ORF Futurezone: Erster Strafprozess zur YLine-Affäre, 22. Februar 2007
  7. Der Standard: Mikscha war in Vaduz aktiv, 8. August 2010
  8. oe24.at: Mikscha soll Haiders Millionen haben (Memento vom 4. August 2010 im Internet Archive), 2. August 2010
  9. politspiegel.at: Haider-Konten: Geschäfte blieben in der Familie, 1. August 2010
  10. tagesanzeiger.ch: Wo ist der Gerry?, 4. August 2010
  11. oe24.at: Alle suchen jetzt Gerry Mikscha (Memento vom 4. August 2010 im Internet Archive), 3. August 2010