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vom 08.05.2020, aktuelle Version,

Hans Karl Zeßner-Spitzenberg

Hans Karl Zeßner-Spitzenberg (* 4. Februar 1885 als Johann Nepomuk Carl Borromäus Josef Maria Freiherr von Zeßner-Spitzenberg-Weinbergen in Dobritschan; † 1. August 1938 im KZ Dachau) war ein österreichischer Jurist, Professor und NS-Opfer. Er war einer der ersten Österreicher, die im Konzentrationslager Dachau umkamen.

Leben

Ausbildung und Jugend

Hans Karl von Zeßner-Spitzenberg, Sohn eines alteingesessenen Gutsbesitzers, wuchs in einem römisch-katholischen Elternhaus im böhmischen Dobřičany auf. Seine Eltern waren der k.k. Kämmerer und Domänenbesitzer Heinrich Freiherr von Zeßner-Spitzenberg-Weinbergen (1839–1922) und Henriette geb. Gräfin Nostitz-Rieneck (1846–1928).

Er studierte Rechtswissenschaften und wurde 1909 an der Karls-Universität Prag promoviert. Von 1910 bis 1912 studierte er in Berlin Nationalökonomie und erwarb 1912 den Dr.oec.publ. Er war seit 1905 Mitglied der K.D.St.V. Teutonia Fribourg im CV und seit 1908 Mitglied der K.D.St.V. Ferdinandea Prag im CV.

Er begann seine berufliche Laufbahn als Statthalter-Konzeptions-Praktikant bei der k.k. Statthalterei in Prag, wurde im Frühjahr 1913 Konzipist und nach Wien in die Statistische Zentralkommission versetzt. 1914 bis Mai 1918 war er bei der Bezirkshauptmannschaft in Braunau am Inn beschäftigt. 1918 war Zeßner-Spitzenberg im königlich-kaiserlichen Ackerbauministerium in Wien, wo er im Herbst 1918 das Kriegsende erlebte.

Karriere und politisches Engagement

Das Ende der Habsburgermonarchie, der verlorene Erste Weltkrieg und das Ende der gewohnten Ordnung bedeuteten für Zeßner-Spitzenberg eine Katastrophe. Während sich viele seiner Zeitgenossen einen Anschluss an Deutschland wünschten, war dies für Zeßner-Spitzenberg nie eine Option. Als Legitimist schloss er sich einer monarchistischen Gruppierung um Prinz Johannes Liechtenstein an, die sich 1921 mit anderen Gruppen zum legitimistischen Reichsbund der Österreicher zusammenschloss. Im Reichsbund war Zeßner-Spitzenberg zuerst Schriftführer und später Vizepräsident. 1923 initiierte er ein Gutachten, das prüfen sollte, ob die Habsburgergesetze mit dem österreichischen Zivilrecht in Einklang stehen. Auch in der Christlichsozialen Partei (CSP), in der er der Wiener Landesleitung angehörte, vertrat er seine legitimistischen Standpunkte. Zudem war er später auch Leiter der Liga für die Seligsprechung von Kaiser Karl I.

Der sozialdemokratische Staatskanzler Karl Renner wurde über einen von Zeßner verfassten staatsrechtlichen Artikel auf ihn aufmerksam und holte ihn, obwohl er der CSP zugehörte, 1919 in die Staatskanzlei (später Bundeskanzleramt), wo er 12 Jahre blieb. Dort war Zeßner im Verfassungsdienst tätig und arbeitete zeitweilig unter der Leitung von Ministerialrat Georg Froehlich mit Hans Kelsen und Adolf Julius Merkl zusammen.

1920 habilitierte er mit der Schrift „Einführung in die Landarbeiterfrage“ an der Wiener Hochschule für Bodenkultur (Boku), zunächst als Privatdozent, bis er 1931 zum o.ö. Professor berufen wurde. Er war besonders bemüht, ein modernes Agrar-Arbeitsrecht und die Sozialversicherung in der Landwirtschaft Österreichs umzusetzen und propagierte seine sozialen Ideen, die auf der christlichen Soziallehre basierten.

Schon in den 1920er-Jahren beschäftigte sich Zeßner-Spitzenberg mit dem Gedanken der österreichischen Nation. So schrieb er etwa 1925, Österreich müsse, um nicht einfach nur Ostmark im ältesten Sinne eines Abwehrwalls zu sein, sein übernationales Wesen der Donaumonarchie pflegen und eine Brückenfunktion in den südosteuropäischen Raum erfüllen. Ähnliche Ansichten vertraten auch Ernst Karl Winter, Alfred Missong, August Maria Knoll und Wilhelm Schmidt, die 1926 in Zeßners Haus die „Österreichische Aktion“ gründeten, die sich mit paneuropäischen Theorien beschäftigte. Die „Österreichische Aktion“ veröffentlichte bald einen gleichnamigen Sammelband mit Vorträgen der Initiatoren, in denen sie auf legitimistischer Grundlage ein eigenständiges Österreichbewusstsein formulierten. Die fünf Initiatoren waren alle in verschiedenen katholischen Verbindungen korporiert, aber auch gemeinsam Mitglieder der Landsmannschaft K.Ö.L. Maximiliana Wien.

1933 war Zeßner-Spitzenberg Mitbegründer des „Akademischen Bundes Katholisch-Österreichischer Landsmannschaften“ (KÖL) und 1937 Gründungsmitglied der K.Ö.L. Ferdinandea zu Graz.

An der Hochschule für Bodenkultur dominierte damals sowohl bei den Studenten, als auch bei den Lehrkräften deutschnationales bzw. zunehmend nationalsozialistisches Gedankengut. Zeßner-Spitzenberg kämpfte gegen entsprechende Agitationen an, wodurch er selbst Ziel nationalsozialistischen Terrors wurde. Nachdem im Frühjahr 1934 vor und in der BOKU Sprengkörper gezündet wurden, wurde ein Regierungskommissär eingesetzt, dem der Rektor unterstellt wurde. Zeßner übernahm in dieser gespannten Atmosphäre die Funktion eines Disziplinaranwalts an der Hochschule. Da er sich gegen die Wiederzulassung ausgeschlossener nationalsozialistischer Studenten aussprach, wurde er explizites Feindbild dieser Gruppen.

1933/34 stellte er sich – im Gegensatz zu seinem Weggefährten Ernst Winter – von Anfang an hinter das neue autoritäre Regime. Mit dem Beginn der Kanzlerschaft Kurt Schuschniggs wurde er einer der Kontaktpersonen zwischen dem ihm persönlich bekannten Otto von Habsburg und dem Bundeskanzler. Im Frühjahr 1934 gehörte er dann auch einer Kommission an, die die Modalitäten für die Aufhebung der Habsburgergesetze vorbereiten sollte. Im November 1934 wurde er als Vertreter des Eltern- und Erziehungswesens in den Bundeskulturrat berufen, ein entsprechend der Maiverfassung eingerichtetes vorbereitendes Organ der Bundesgesetzgebung. Die im Jahr 1935 verpflichtend eingeführte Vorlesung „zur weltanschaulichen und staatsbürgerlichen Erziehung“ hielt er nicht nur an der BOKU, sondern auch an der Hochschule für Welthandel und ab 1937 an der Technischen Universität Wien. Als im Februar 1937 die legitimistischen Gruppierungen über das neu gegründete „Traditionsreferat“ in die Vaterländische Front eingegliedert werden sollten, wurde Zeßner-Spitzenberg mit der Führung des Referats betraut.

Verhaftung und Tod

Kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde er am 18. März von der Gestapo verhaftet. Während der Gestapo-Haft in Wien von März bis 15. Juli 1938 schrieb er einen Lebensbericht für die Gestapo mit dem freimütigen Bekenntnis: „Dem Nationalsozialismus in Österreich stand ich von jeher ablehnend gegenüber...“ Aufgrund seines Bekenntnisses

„Weil ich im Glauben an Gott und an ein christliches Österreich unter der Führung des Hauses Habsburg die einzige Rettung für die Unabhängigkeit und Selbständigkeit meines Vaterlandes sehe“

und aufgrund seiner religiösen Überzeugung wurde er am 15. Juli 1938 in das KZ Dachau gebracht und bereits auf dem Transport von einem SS-Mann mit dem Stiefelabsatz in den Unterleib getreten, „entpersönlicht“, in den Isolierblock verlegt. Als Häftling des Strafblocks XV musste er mit stark geschwollenen Beinen und hohem Fieber schwere Arbeit mit schweren Steinen in großer Hitze verrichten bis er zusammenbrach. Am 31. Juli 1938 wurde er ins Krankenrevier gebracht, wo er am 1. August 1938 starb.

Privates

Gedenktafel an der Kaasgrabenkirche
Zeßner-Spitzenberg-Park

Seine Frau Elisabeth lernte er 1913 auf einer Pilgerreise nach Lourdes kennen. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor.

Seligsprechungsprozess

Hans Karl Zeßner-Spitzenberg gilt als der „erste österreichische katholische Märtyrer der NS-Zeit“. Ein Seligsprechungsprozess ist trotz anders lautender Darstellungen nach Auskunft der Erzdiözese Wien vom 8. August 2019 allerdings nicht eingeleitet.

Anerkennungen

Nach ihm wurde das Zessner-Spitzenberg-Haus, eine Genossenschaftswohnhausanlage im 14. Wiener Gemeindebezirk in Wien, Satzberggasse 17, benannt. An der Kaasgrabenkirche in Wien ist eine Gedenktafel für ihn angebracht.

Am 17. Juni 2019 wurde der Park vor der Kaasgrabenkirche in Zeßner-Spitzenberg-Park umbenannt.[1]

Literatur

  • Manfried Welan, Peter Wiltsche: Hans Karl Zeßner-Spitzenberg. Eine Biographie. Plattform Martinek, Perchtoldsdorf 2020, ISBN 978-3-9504500-7-1.
  • Pius Zeßner-Spitzenberg: Hans Karl Zeßner-Spitzenberg. Ein Leben aus dem Glauben. Eigenverlag, Wien 2003.
  • Manfried Welan, Helmut Wohnout: Hans Karl Zeßner-Spitzenberg – einer der ersten toten Österreicher in Dachau. In: DÖW (Hrsg.): Forschungen zum Nationalsozialismus und dessen Nachwirkungen in Österreich. Festschrift für Brigitte Bailer. Wien 2012, S. 21–41 (Beitrag online auf der Website des DÖW [PDF; 226 kB]).
  • Widerstand und Verfolgung im CV, Manuskript, Gesellschaft für Studentengeschichte und stundentisches Brauchtum e.v., München 1983, ISBN 3-922485-01-4.
  • Ildefons M. Fux: Für Christus und Österreich. Vereinigung Perfectae Caritatis, Wien 2001, ISBN 3-9501402-0-4.

Einzelnachweise

  1. Sebastian Ecker: Benennung des Zeßner-Spitzenberg-Parks. In: oecv.at. 3. Juni 2019, abgerufen am 18. Juni 2019.