Hans Leinberger





Hans Leinberger, auch Lemberger (* um 1475/1480; † 1531 oder wenig später) war ein Bildhauer der Spätgotik in Altbayern und einer der bedeutendsten Plastiker und Bildschnitzer seiner Zeit. Leinberger arbeitete in Holz, Metall und Stein.
Herkunft und Lebensweg
Über Geburtsort und künstlerische Herkunft ist – entgegen jüngerer Forschungsmeinung – nichts bekannt, und auch nach seiner Ansiedlung in Landshut um 1510 (Erstnennung) liegen nur wenige Dokumente über Leinbergers künstlerisches Wirken vor. Selbst der genaue Werkstattstandort ist in den letzten Jahren des Schaffens unbekannt.
Seit 1516 entstanden Arbeiten für Herzog Ludwig X., der seit jener Zeit in Landshut als Mitregent Herzog Wilhelms IV. in Niederbayern residierte. Soldzahlungen 1529/30 deuten auf eine Stellung vergleichbar einem Hofkünstler hin.
Eventuell ist Hans Leinberger oder „Lemberger“ ein Bruder des Malers und Grafikers Georg Lemberger.
Zu dem am Oberrhein (Breisach) tätigen Bildschnitzer H.L. (Meister H.L.), der sich auch als Grafiker betätigt hat, bestehen – wie bereits Theodor Demmler 1914 erkannte – keine künstlerischen Beziehungen.
Schaffen
Leinbergers Ruhm ist heute vor allem mit dem 1514 vollendeten Hochaltar des Kastulusmünsters in Moosburg an der Isar verknüpft, dem größten erhaltenen Altarretabel Altbayerns, das freilich im späten 18. Jahrhundert eine durchgreifende Umgestaltung des Landshuter Bildhauers Christian Jorhan d. Ä. erfahren hat. Erstmals setzt Leinberger hier das Bildkonzept der Lukasmadonna – ein gemaltes Halbfigurenbild der Gottesmutter mit Kind, welches der Evangelist Lukas geschaffen haben soll – ins Dreidimensionale und Ganzfigurige um und bildet zugleich im Rückgriff auf die Kunst des Schönen Stils eine Bildsprache von unvergleichlicher Wirkungsmacht aus.
Zufolge des inschriftlich 1513 datierten Anna-Selbdritt-Reliefs in der Kirche St. Johann im Gnadenthal des Gnadenthalklosters in Ingolstadt muss der Bildhauer zu jener Zeit ein umfangreiches Auftragsvolumen bewältigt haben. Die Betrauung mit der Bronzestatue des Grafen Albrecht IV. von Habsburg am Grabmal Kaiser Maximilians in der Innsbrucker Hofkirche im Jahr 1514 – die Zeichnung lieferte Albrecht Dürer – lässt das hohe Ansehen des Künstlers ermessen. Mit der ehemaligen Rosenkranzmadonna von St. Martin in Landshut (um 1516/18?) und der Sitzfigur eines hl. Jodok für die zweite Pfarrkirche der Stadt (um 1525?; heute: München, Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. 15/114) erreicht Leinberger um die Wende des dritten Jahrzehnts den Höhepunkt seines Schaffens. Die Altarfiguren des ehemaligen Hochaltars der Liebfrauenkirche in Polling - nur die thronende Muttergottes (Kloster Polling) und der Schmerzensmann (Weilheim, Stadtmuseum, Inv.-Nr. B 165) blieben erhalten - sind die letzten archivalisch bezeugten Arbeiten des Bildhauers.
Leinbergers Werk übte einen bis heute erst ansatzweise aufgearbeiteten Einfluss auf die Zeitgenossen aus. Im östlichen Bayern entfaltete der sog. Meister der Altöttinger Türen in seiner Nachfolge eine rege Werkstatttätigkeit. Über Jahrzehnte hinweg schöpfte der Bildhauer Peter Dell d. Ä., ein Lehrling Tilman Riemenschneiders, aus den in Landshut gewonnenen Eindrücken.
Weitere Werke
- Berlin, Skulpturensammlung – Staatliche Museen preußischer Kulturbesitz (Bode-Museum): „Bronzemadonna“ (Inv.-Nr. 381); Christus im Elend (Inv.-Nr. 8347); Kreuzabnahme und Beweinung Christi (Inv.-Nrn. 5941 u. M 63); Taufe Christi im Jordan (Inv.-Nr. 3026)
- Erding, Pfarrkirche St. Johann, Chorbogenkruzifix um 1525
- Furth bei Landshut, Pfarrkirche St. Sebastian: Muttergottes mit Kind um 1510/1520
- Kleinbottwar, St.-Georgs-Kirche: Flügelaltar
- Landshut, Pfarrkirche St. Nikola: Christus in der Rast, um 1523
- München, Bayerisches Nationalmuseum: Kreuzigung Christi (Inv.-Nr. R 171); hl. Maria Magdalena (Inv.-Nr. 13/303); thronende Muttergottes mit Kind (Inv.-Nr. 24/311); trauernde Maria (Inv.-Nr. MA 4241)
- Regensburg, Stiftspfarrkirche St. Kassian: Schöne Maria
- Schloss Ambras bei Innsbruck, Kunst- und Wunderkammer: Tödlein
- Straubing, Friedhof St. Peter, Agnes-Bernauer-Kapelle: Epitaph des Johann Walkheimer († 1529)
Literatur
- Georg Lill: Hans Leinberger. Der Bildschnitzer von Landshut. Welt und Umwelt des Künstlers. F. Bruckmann, München 1942
- Hans Thoma: Hans Leinberger. Seine Stadt, seine Zeit, sein Werk. Friedrich Pustet, Regensburg 1979, ISBN 3-7917-0578-4
- Alfred Schädler: Leinberger, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 140–142 (Digitalisat).
- Michael Baxandall: Die Kunst der Bildschnitzer. Tilman Riemenschneider, Veit Stoß & ihre Zeitgenossen. Beck, 3. Auflage, München 1996, ISBN 3-406-09455-4, besonders S. 211–226 u. 368-373 (deutsche Ausgabe von The Limewood Sculpture of Renaissance Germany, 1980)
- Heinz Dollinger: Hans Leinbergers (untergegangene) St. Georgs-Silberschilde und sein druckgrafisches Werk. In: Oberbayerisches Archiv, ISSN 0342-1686, Bd. 129, München 2005, S. 189–362
- Rainer Kahsnitz: Die großen Schnitzaltäre. Spätgotik in Süddeutschland, Österreich, Südtirol. Aufnahmen von Achim Bunz. Hirmer, München 2005, ISBN 3-7774-2625-3, S. ???.
- Heinz Dollinger: Hans Leinberger und die Herren von Plieningen. Hans Leinbergers Kleinbottwarer Altar von 1505. In: Alt und Jung Metten 72, 2006, ISSN 0949-8869
- Um Leinberger. Schüler und Zeitgenossen. Museen der Stadt Landshut, Landshut 2007, ISBN 978-3-924943-50-9
- Hans Dietl: "Die St.-Georgs-Kirche in Kleinbottwar - Meister des Altars: Hans Leinberger:" In:Geschichtsblätter aus dem Bottwartal Bd. 11, 2008, ISSN 0948-1532.
Weblinks
- Werke von Hans Leinberger. Bei Zeno.org.
- Literatur von und über Hans Leinberger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
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NAME | Leinberger, Hans |
ALTERNATIVNAMEN | Lemberger, Hanns |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bildhauer |
GEBURTSDATUM | um 1480 |
STERBEDATUM | um 1531 |